Münchner Sicherheitskonferenz: Kalter Krieg und Kooperation
Russland und die Nato überziehen sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit Vorwürfen – wollen aber im Gespräch bleiben.
Saubere Leistung: Medwedew reitet schließlich in Hochgeschwindigkeit durch sein Manuskript. Eine Viertelstunde hat er für seinen Auftritt Zeit – und die soll reichen, um den Vertretern des Westens sämtliche Versäumnisse der vergangenen Jahre um die Ohren zu hauen.
„Wir sind in die Zeiten eines neuen Kalten Krieges abgerutscht“, sagt er am Samstag Vormittag auf der Bühne der Münchner Sicherheitskonferenz. Schuld daran: Nato und EU. Die arabische Welt haben sie destabilisiert. Mit dem Strom der Flüchtlinge werden sie nicht fertig. Für die Vorwürfe russischer Angriffe auf syrische Zivilisten liefern sie keine Beweise. Den Dialog mit Moskau haben sie abgebrochen. Mit den Sanktionen gegen Russland schaden sie beiden Seiten.
„Ich habe vor meinem Abflug nach München mit Wladimir Putin gesprochen“, sagt Medwedew gleich zu Beginn, und was ihm der russische Präsident mit auf dem Weg gegeben hat, scheint offensichtlich: Auf Entspannung und diplomatische Töne soll sich der Regierungschef in München nicht konzentrieren.
Die Gegenseite macht es schließlich nicht bedeutend anders. Auch von Seiten des Westens kommen am Samstag Vormittag deutliche Worte. „Wir sehen ein Russland, dass Europas Sicherheitsordnung destabilisiert. Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg, aber unsere Antwort muss deutlich sein“, sagt Nato-Chef Jens Stoltenberg. Den Nato-Raketenschirm im Osten verteidigt er ausdrücklich.
„Russischer Imperialismus“
Später ist es Polens Präsident Andrzej Duda, der den „russischen Imperialismus“ kritisiert und eine stärkere Nato-Präsenz an der Grenze zu Russland fordert. Und Martin Schulz, Präsident des EU-Parlaments, stimmt Petro Poroschenko zu. Russland versuche „die EU zu spalten“, hatte der ukrainische Präsident gesagt.
Beinahe passt die Rhetorik also schon mal zum Kalten Krieg – würden nicht beide Seiten zwischen ihre markigen Worte auch einige versöhnliche Worte streuen. Der Kampf gegen den Terrorismus sei ohne Kooperation nicht zu gewinnen, sagt Medwedew. Dialog sei nötig, sagt sein Gegenüber Stoltenberg. Schon am Freitag hatten sich beide getroffen, um über die Zukunft des Nato-Russland-Rates zu sprechen. Der Russe und der Norweger waren sich einig: Sie wollen weiter daran arbeiten, die gemeinsame Institution wiederaufleben zu lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!