Müll beim Marathon: Bitte mehr Plastikbecher-Scham!
Wäre Mehrweg ein Rezept gegen die Müll-Lawine beim Berlin Marathon? Die Meinungen gehen da auseinander.
Platsch, platsch, knirsch, knirsch – so ungefähr, nur vielhundertfach multipliziert, klingt es auf dem Berlin Marathon, immer hinter den Versorgungs- und Erfrischungspunkten, wo neben mundgerechten Obststückchen auch Wasser in großen transparenten Plastikbechern ausgegeben wird. Das Wasser kommt in den Kopf, der Becher neben oder auf die Strecke. Am Ende kehrt Alba – also die EntsorgerInnen, nicht die Basketballprofis – alles auf.
Bei rund 50.000 TeilnehmerInnen und 15 Becherausgaben kommt da so einiges an Plastikmüll zusammen. „Zehnmal habe ich etwas getrunken, das ist auch bei Regenwetter notwendig“, sagt Ludger Leichtfuß*, ein der Redaktion bekannter Marathonit, der auch an diesem Sonntag gut ins Ziel kam. Wenn wir ihn einfach mal als Durchschnitt betrachten, summiert sich das von den LäuferInnen produzierte Becheraufkommen auf eine halbe Million. Puh!
In klimaschützerischen Zeiten bereitet so eine Mülllawine manchem Bauchschmerzen, zumal im Zusammenhang mit einer Sportart, deren ökologischer Sportschuhabdruck sonst recht flach ist. Weder von Alba noch vom Veranstalter des Marathons, dem SCC Berlin, war gestern eine Auskunft zu bekommen (was entschuldigt sei, die Nachsorge eines solchen Events ist ja kaum weniger aufwändig als die Vorbereitung). Im Netz finden sich jedoch Zahlen von einem 30 bis 50 Tonnen schweren Müllberg, der Jahr für Jahr an den Straßenrändern aus Bechern und allem Möglichen anderen zusammengeschoben wird.
Immerhin: Diesmal durften die LäuferInnen vor dem Start ein Filmchen ansehen, das eine neue Ära einläutete: Die Becher bestünden nun aus Recyclingmaterial und sollten ausgetrunkenerweise bitte in Container an der Strecke geworfen werden – damit sie sortenrein wiederverwertet werden könnten und nicht in der Müllverbrennung landen müssten.
Ludger Leichtfuß, auch sonst ein großer Nachhaltigkeitsfan, freut sich darüber, gibt aber auch zu bedenken: „Bei Kilometer 35 habe ich ein paar andere Sorgen, als den nächsten Container zu orten.“ Von der Mehrweg-Option rät er übrigens kategorisch ab: „Wenn auf dem nassen Asphalt auch noch starre Becher herumrollen würden – das ginge nicht gut.“
Dass an der Versorgungsstation bei Kilometer 38 tatsächlich von einem großen Sportartikelhersteller gesponserte Mehrwegbecher ausgegeben wurden, hat er wohl – was ihm auch nicht vorzuwerfen ist – übersehen. Diese Becher sollten in spezielle Boxen geworfen werden, Motto: „It’s Time to Give Back!“ Vielleicht dauert es nur noch ein paar Jahre, dann ist Marathonlaufen genauso umweltverträglich wie Zuhausebleiben.
*Name geändert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich