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Monika Maron und der S. Fischer VerlagDie nötigen Konsequenzen

Der Verlag S. Fischer wird heftig kritisiert, weil er sich von seiner langjährigen Autorin Monika Maron trennt. Dabei sind die Gründe nachvollziehbar.

Monika Maron während eines Interviews im Mai 2016 Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

In der Welt der Literatur wird mal wieder Schwarzer Peter gespielt. Der S. Fischer Verlag hat sich von seiner Autorin Monika Maron getrennt, und zwar aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Doch die Entscheidung wird heftig kritisiert.

Maron hatte unlängst einen Essayband in der sogenannten „Exil“-Edition aus dem BuchHaus Loschwitz veröffentlicht, das unter anderem das Youtube-Programm „Aufgeblättert. Zugeschlagen – Mit Rechten lesen“ betreibt, ein „Gemeinschaftsprojekt“ mit dem Antaios Verlag. Für die Verlagsleitung von S. Fischer propagiert Antiaos „nationalistische, völkische und rassistische Theorien“, und diesen „publizistischen Kontext“, der „der Tradition, der Geschichte und den Werten des Verlages“ diametral widerspreche, wolle man nicht mal „indirekt“ unterstützen.

So verständlich die Argumentation, so heikel die politische Symbolik, denn vor über 40 Jahren durfte Maron ihren Debütroman „Flugasche“ nicht in der DDR veröffentlichen und fand bei S. Fischer eine publizistische Heimat. Es spiele, lautet nun die Kritik, rechtsradikalen Demagogen in die Karten, wenn ein linksliberaler Verlag mit jüdischer Tradition eine Autorin vor die Tür setze, die ständig eine „Verengung des Meinungskorridors“ beklage.

Es wäre, so heißt es beispielsweise in der Süddeutschen, besser gewesen, Maron zu halten und ihrem Werk einen „würdigen, möglicherweise auch kommentierenden Ort zu geben“.

Doch was heißt das? S. Fischer veröffentlicht Marons neuen Roman und die ideologiekritische Prüfung gleich mit? Was für eine kuriose Vorstellung. Genauso grotesk die Ausrede Marons, sie wisse im Grunde nicht, mit wem ihre Freundin Susanne Dagen kooperiert, die das BuchHaus Loschwitz leitet. Denn diese Verbindungen sind kein Geheimnis.

Eindimensionale Thesen

Manchmal liegt in einer Trennung eine Chance. So wird Maron bestimmt einen neuen Verlag finden, da sich mit ihren Büchern, die von einem breiten Publikum gelesen werden, Geld verdienen lässt. Die ästhetische Stärke, aber auch erzählerischen Schwächen ihrer Romane, die oft von bitterer Komik geprägt sind, werden weiterhin im Feuilleton gewürdigt.

Genauso werden auch ihre – um es höflich zu formulieren – eindimensionalen Thesen zur Migrationspolitik oder zum Klimawandel diskutiert werden müssen. Ein Fall von kultureller Intoleranz liegt keineswegs vor, selbst wenn Demagogen im Netz ihre Tiraden mit dem Cancel-Culture-Hashtag versehen.

Quälende Diskussionen

Die Aufregung folgt bekannten Mustern, der Tonfall wird schriller, je länger darüber auf Twitter und Facebook diskutiert wird. Ähnlich wie bei der Diskussion um Peter Handke oder Lisa Eckhart gab es nach kurzer Zeit verstörende Hassdialoge zu Maron zu lesen. Doch diese Ausfälle haben wenig mit dem Ausgangspunkt der Debatte zu tun.

Interessant ist vielmehr, wie es weitergeht mit einer Autorin, die hoffentlich so klug ist, sich nicht beleidigt in die Schmuddelecke zu begeben. Wenn Maron künftig ihre Bücher nun doch vor allem im Umfeld extremistischer Publikationen herausbringen sollte, ist dafür weder ihr Ex-Verlag noch der vermeintliche Medienmainstream verantwortlich.

Tatsächlich braucht eine demokratische Öffentlichkeit renitente Intellektuelle wie Maron, allein um die eigenen Wertmaßstäbe zu klären oder zu bekräftigen. Statt S. Fischer den Schwarzen Peter zuzuschieben, kann sich auch über den Mut eines Verlags gefreut werden, der nach vermutlich quälender Diskussion die nötigen Konsequenzen gezogen hat.

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19 Kommentare

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  • Sind wir schon wieder so weit, dass jede und jeder schreiben und veröffentlichen darf, was er/sie denkt?

  • Die Entscheidung ist zu begrüssen. Nur weil die Autorin in der DDR Zensur erfahren hat, heisst das nicht, dass sie auf Lebenszeit ihre Bücher bei Fischer veröffentlichen darf. Meinungsfreiheit gilt auch für Verlage. Guter Artikel btw.

  • Hmm, interessant

  • Cancel Culture bei der Arbeit.

  • Was ist eigentlich so schlecht an einem demokratischen "Meinungskorridor"?



    Ein Korridor hat aus gutem Grund nun mal eine begrenzte Breite - eben damit er genug Beinfreiheit bietet, aber praktischerweise auch ins Haus hineinpasst. Frau Maron und ihre Tellkamperaden dagegen möchten keine praktischen Korridore, sondern protzige Einflugschneisen mit extragroßem Platz für rechte Tragflächen. Passenderweise dienen Maron und Tellkamp als ausgebrannte Triebwerke...

  • "Genauso grotesk die Ausrede Marons, sie wisse im Grunde nicht, mit wem ihre Freundin Susanne Dagen kooperiert, die das BuchHaus Loschwitz leitet. Denn diese Verbindungen sind kein Geheimnis."

    Sprechen wir das Keingeheimnis doch mal offen aus:

    Dagen ist Anhängerin oder Unterstützerin von Pegida, der AfD im Allgemeinen, und Björn Höckeim Speziellen. Und zwar keine Freizeitunterstützerin, denn ins Kuratorium der Erasmusstiftung kommen nur Hundertfünfzigprozentige mit geschlossenem deutschvölkischem Weltbild.

    Wenn der S.Fischer Verlag meint, mit so jemandem nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen, ist das sein gutes Recht. Dass dieses Recht von selbsternannten "Verteidigern der Meinungsfreiheit" angegriffen wird, zeigt, dass es diesen nicht um "Meinungsfreiheit" geht, sondern um Etablierung einer rechtsradikalen Meinungshegemonie, um eine durch den Druck des "vorpolitischen Raums" herbeigezwungene Nötigung, noch den absurdesten und menschenverachtendsten Kontrafaktizismen Tür und Tor zu öffnen. (Das heißt nicht, dass alle MitläuferInnen sich dessen bewusst sind, wo die Reise hingeht. Aber wenn sich sogar wortgewaltige Anti-AntisemitInnen gemein machen mit dem Dunstkreis eines Björn "Geldmachtkomplex" Höcke, dann ist das ihre eigene freie Entscheidung, und sie können sich nicht beschweren, wenn ihnen dieses vorgehalten wird.)

    Dass Antaios keine Autor*innen verlegt, die politisch links von der "Werteunion" stehen, ist auch so eine Sache, an der sich die doppelzüngige Perfidie der "Freiheitsverteidiger" entlarvt: warum soll Kubitscheks Verlag sich seine AutorInnen aussuchen dürfen, aber der S.Fischer Verlag nicht?

  • Zeitgeistiges Handeln, insbesondere im Kulturbetrieb, mag ja ganz chic sein. Erinnert mich allerdings an einen Zeitgeist, den ich noch nicht einmal in der abgeschwächesten Form haben möchte.

    Auch wenn tausend Mal behauptet wird, dass das alles mit Zensur nichts zu tun hat, so bleibt stets ein bitterer Nachgeschmack, wenn man sich nicht mit dem Mainstream gemein machen will.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

    “ Mit schlechten Büchern "gutes" Geld verdienen. Was tun? Es bleibt (M)ein K(r)ampf.







    und btw.: Wiedermal digital: Kann es sein, dass der Online-Text verändert wurde? Ursprünglich stand da was von Antaois Schnellroda, wimre. Im Paper-Text ist das noch so. "Wir müssen weiblicher, jünger, digitaler werden..." (Norbert Röttgen - sinngemäß - auf dem Allianz-Kongress der JU)“

    kurz - mit Papa Heuß - Nu übt mal schön



    osä - 🤫 -

  • Dass Maron, die sich rassistisch äußert und als Schriftstellerin mit Reichweite also rassistisch agitiert, hat sehr wenig mit Eckhardt zu tun. Die eine ist eine Rassistin, der anderen wird es vorgeworfen. Zur Ergänzung noch: Ich bin kein Fan von Eckhardt. Nicht, dass man hier ein Fanboytum unterstellt.

  • Pink Floyd hat sich beizeiten von Syd Barrett getrennt.



    Der BVB hat jüngst Mario Götze aussortiert.



    Da wird ein Verlag ja wohl ähnlich handeln dürfen. Frau Maron dürfte rasch eine Anschlussverwendung als Kubitscheks Pferdchen finden.

  • Richtig vom Fischerverlag!

    Susanne Dagen(BuchHaus Loschwitz) hat die Charta 2017 gegründet. Gesinnungskorridor,Gesinnungsdiktatur.



    Das wurde natürlich von Cora Stephan und Uwe Tellkamp sowie den Publizisten Vera Lengsfeld und Matthias Matussek unterzeichnet



    .



    Genau hier heißt es abhauen und vergessen.(ganz speziell V. Lengsfeld )

    Letzter Satz im Beitrag. So was von Richtig!

    • @Ringelnatz1:

      Danke - alter Schwede - anschließe mich



      & Gut‘s Nächtle - 🍷- 🤫 -

      • @Lowandorder:

        Icke och.

  • Der Kommentar ist weitgehend klar und gut.



    Die Klammer von Titel und letztem Satz konterkariert jedoch den erfreulich sachlichen Rest.

  • "Genauso werden auch ihre – um es höflich zu formulieren – eindimensionalen Thesen zur Migrationspolitik oder zum Klimawandel diskutiert werden müssen."

    Na klar. Der Klimawandel ist eine Lüge der Verschwörer, die die Welt in einen Ökostalinismus treiben wollen.

    Müssen wir diskutieren. Unbedingt.



    Weil wir ja nix Besseres zu tun haben.

    Und als nächstes diskutieren wir dann, ob der Pergamonaltar der Thron Satans ist.

    Viel Spaß!

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Habe von Monika Maron noch kein Werk gelesen, bin dennoch dem nun auch hier getriggerten Streisand-Effekt erlegen. Wenn erst die SZ, dann die ZEIT und jetzt die taz beinahe unisono klingende Verteidigungsschriften für den Fischer-Verlag verfassen,

    dann musste ich mir gerade mal diese inkriminierten Essays aus drei Jahrzehnten vom EXIL-Verlag bestellen.

    Interessant wäre zu erfahren, ob Maron die Sammlung zuerst dem Fischer-Verlag angeboten hat; und der ihn nicht wollte.

    • @90857 (Profil gelöscht):

      Sie hat jedenfalls mit dem Fischer-Verlag einen Essay-Band vereinbart, der erst nicht, dann doch und jetzt wohl doch wieder nicht erscheinen soll. Das Erscheinen bei Exil war wohl eine Reaktion auf die erste Absage, so gestern in der SZ gelesen, wobei ich beide dortigen Artikel sachlich und fair fand, diesen eigentlich auch.

      Jedenfalls weit weg von den primitiven "sie ist nach rechts abgedriftet"-Rufern.

  • Meinungsunfreiheit läßt sich immer rechtfertigen. Ganz klar.

    • @lulu schlawiner:

      Wo erkennen Sie hier Meinungsunfreiheit?



      Wer hätte wem das Wort verboten?



      Bitte klären Sie mich auf!