Mit Kindern im öffentlichen Raum: Wenn Kinder stören und Autos nicht
Der Sommer bringt die Familien auf die Straßen. Ein Umstand, der nicht alle erfreut. Doch auch Eltern und Kinder haben ein Recht, Raum einzunehmen.
K indheit ist doch im Sommer am schönsten. Es riecht nach Sonne und geschnittenem Gras, die Tage sind lang, die Ferien scheinen endlos zu sein. Klebrige Erdbeerfinger und Sand an den Füßen. Morgens in die kurze Hose geschlüpft und ein Shirt übergezogen, keine 27 Schichten. Besser geht es nicht.
Okay, die tägliche Sonnencreme nervt vielleicht, aber das ist wichtig. In Deutschland erkranken Menschen immer häufiger an Hautkrebs. Und auch wenn man selbst als Kind nur im Freibad oder im Urlaub eingecremt wurde, ist das deshalb noch nicht richtig, sondern man wusste es schlicht nicht besser. Ja, auch Schwarze Kinder brauchen Sonnencreme, denn jeder kann Hautkrebs bekommen. Eltern übrigens auch.
Neben dem literweisen Sonnenmilchverbrauch bringt der Sommer auch einige Reibungen mit sich – vor allem in Städten. Die Menschen schwitzen, die Sonne knallt auf den Asphalt. Kinder sind – anders als im Winter – ständiger Teil des Stadtbildes. Sie nehmen den Raum ein, der ihnen als Teil der Gesellschaft zusteht.
Doch das sehen nicht alle so. Wenn meine Kinder mal wieder breit im Weg stehen oder zu knapp an jemandem mit ihrem Fahrrad vorbei schlenkern und ich mich kleinlaut entschuldige, ist es wie ein warmer Sommerregen, wenn jemand sagt: „Kein Problem“ oder „Sind doch Kinder“.
Ohne die Augen zu rollen
Wenn ich nach einem langen Tag mit einem müden Kind auf dem Arm, einem Roller in der Hand und einer Einkaufstasche auf der Schulter in die Bahn einsteige, vor mir ein zweites Kind, das den zweiten Roller versucht durch die schwitzenden Menschen zu manövrieren, dann gibt es kaum was Schöneres, als wenn ein Mensch uns seinen Sitzplatz gibt – ohne die Augen zu rollen oder laut zu seufzen, weil wir eine Unannehmlichkeit sind mit unseren Taschen, unseren Gefährten, unserer puren Existenz.
Kinder haben das Recht, Raum einzunehmen. Und tollpatschig und laut zu sein. Auch wenn einige Leute zu denken scheinen, sie selbst seien direkt mit besten Manieren aus dem Uterus gehopst: „Guten Tag, werte Eltern, entschuldigen Sie bitte die Umstände, die ich in Ihrem Korpus verursacht habe. Ich werde Sie und die Welt nun aber auch nicht weiter stören. Darf ich eine Tasse Tee reichen?“
Wieso es zu den Kindern stets Roller und Fahrräder geben muss, scheinen viele nicht zu verstehen. Einige finden es sogar rücksichtslos, die Kinder damit über den Gehweg zu schicken. Doch oft können die Kids lange (und kurze) Strecken nicht zu Fuß gehen. Wenn die Kids zu schwer sind, um getragen zu werden, ist ein fahrbarer Untersatz oft der einzige Weg.
Es ist bemerkenswert, dass es Menschen gibt, die sich von all den lauten, stinkenden Autos, die Platz einnehmen, so weit das Auge reicht, nicht gestört fühlen, denen dann aber die Hutschnur platzt, weil ein Zweijähriger mit dem Laufrad ein bisschen quer auf dem Gehweg steht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße