Missratener britischer Raketentest: In die völlig falsche Richtung

Die Regierung von Theresa May soll einen gescheiterten Raketentest bewusst verschwiegen haben. Die Rakete sei auf die Küste Floridas zugeflogen.

Ein Militär-U-Boot ragt aus dem Wasser

Von der HMS Vengeance soll die Rakete abgefeuert worden sein Foto: dpa

LONDON taz | Die britische Regierung soll im vergangenen Jahr das Scheitern eines Atomraketentests bewusst verschwiegen haben. Das schreibt die Zeitung Sunday Times am Wochenende. Premierministerin Theresa May habe demnach bei einer Parlamentsdiskussion am 18. Juli letzten Jahres, in der es um die Zukunft des britischen Atomwaffensystems Trident ging, entscheidende Informationen unterschlagen.

Bei dem Test im Juni 2016 wurde laut Angaben der Zeitung vor der Küste Floridas eine amerikanische UGM-133 Trident II D5 Missile vom britischen U-Boot „HMS Vengeance“ aus abgeschossen. Die Rakete kann im Ernstfall mit einem nuklearen Sprengkopf bestückt werden. Der Flugkörper sollte im Test angeblich ein 9.000 Kilometer entferntes Ziel vor der Küste Westafrikas erreichen. Doch die 12 Millionen Pfund teure D5 Missile bewegte sich nach dem Abschuss in die völlig falsche Richtung, laut Aussagen einiger vielleicht auch geradlinig in Richtung der Küste Floridas.

Die Quelle, laut Sunday Times eine „hochrangige Person aus der Marine“, gab dazu weiter an: „Nachdem der erste Test des Atomwaffensystems innerhalb von vier Jahren ein verheerender Misserfolg war, löste dies eine massive Panik auf höchster Regierungs- und Militär­ebene aus. Am Ende entschied sich Downing Street, den gescheiterten Test geheim zu halten. Man war sich bewusst, dass es die Glaubwürdigkeit dieses nuklearen Abwehrsystems infrage stellen würde, wenn die Information an die Öffentlichkeit geraten würde. Die bevorstehende Abstimmung zu Trident verschärfte dies nur noch.“

Ohne sich all dessen bewusst zu sein, bewilligte schließlich das britische Unterhaus die Erneuerung des Abschreckungssystems mit 472 zu 117 Stimmen, was die Steuerzahler langfristig an die 40 Milliarden Pfund kosten wird – nach manchen Prognosen gar noch viel mehr.

Premierministerin May mochte sich am Sonntag im BBC-Interview nicht wirklich zu den neuen Enthüllungen äußern. Statt auf die Frage zu antworten, ob sie von dem Problem des Abschreckungssystems vor der Unterhausdebatte gewusst hätte, verwies sie lieber auf die Tatsache, dass der Oppositionsführer der Arbeiterpartei, Jeremy Corbyn, gegen die, ihrer Ansicht nach, essenzielle Erneuerung des Systems gewesen sei. So ähnlich wich sie allen Fragen aus.

Auch ohne Sprengkopf hätte die Rakete großen Schaden anrichten können

Ian Chamberlain, der Sprecher der britischen „Kampagne für nukleare Abrüstung“ (CND), erklärte der taz, dass der verfehlte Test für die Unterhausdebatte jedoch eine äußerst wichtige Information gewesen wäre, denn die besonders hohen Kosten des Systems würden mit der hierfür notwendigen Präzision, Sicherheit und Fehlerfreiheit gerechtfertigt. Bei der Debatte bezüglich des Atomwaffensystems würde harten Fakten oft ausgewichen, beispielsweise bei der Antwort auf die Frage, „ob so ein Abwehrsystem im Zeitalter von Cybercrime und Terrorismus tatsächlich noch schütze und ob es gar im Ernstfall funktioniere“.

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