Missratener britischer Raketentest: In die völlig falsche Richtung
Die Regierung von Theresa May soll einen gescheiterten Raketentest bewusst verschwiegen haben. Die Rakete sei auf die Küste Floridas zugeflogen.
Bei dem Test im Juni 2016 wurde laut Angaben der Zeitung vor der Küste Floridas eine amerikanische UGM-133 Trident II D5 Missile vom britischen U-Boot „HMS Vengeance“ aus abgeschossen. Die Rakete kann im Ernstfall mit einem nuklearen Sprengkopf bestückt werden. Der Flugkörper sollte im Test angeblich ein 9.000 Kilometer entferntes Ziel vor der Küste Westafrikas erreichen. Doch die 12 Millionen Pfund teure D5 Missile bewegte sich nach dem Abschuss in die völlig falsche Richtung, laut Aussagen einiger vielleicht auch geradlinig in Richtung der Küste Floridas.
Die Quelle, laut Sunday Times eine „hochrangige Person aus der Marine“, gab dazu weiter an: „Nachdem der erste Test des Atomwaffensystems innerhalb von vier Jahren ein verheerender Misserfolg war, löste dies eine massive Panik auf höchster Regierungs- und Militärebene aus. Am Ende entschied sich Downing Street, den gescheiterten Test geheim zu halten. Man war sich bewusst, dass es die Glaubwürdigkeit dieses nuklearen Abwehrsystems infrage stellen würde, wenn die Information an die Öffentlichkeit geraten würde. Die bevorstehende Abstimmung zu Trident verschärfte dies nur noch.“
Ohne sich all dessen bewusst zu sein, bewilligte schließlich das britische Unterhaus die Erneuerung des Abschreckungssystems mit 472 zu 117 Stimmen, was die Steuerzahler langfristig an die 40 Milliarden Pfund kosten wird – nach manchen Prognosen gar noch viel mehr.
Premierministerin May mochte sich am Sonntag im BBC-Interview nicht wirklich zu den neuen Enthüllungen äußern. Statt auf die Frage zu antworten, ob sie von dem Problem des Abschreckungssystems vor der Unterhausdebatte gewusst hätte, verwies sie lieber auf die Tatsache, dass der Oppositionsführer der Arbeiterpartei, Jeremy Corbyn, gegen die, ihrer Ansicht nach, essenzielle Erneuerung des Systems gewesen sei. So ähnlich wich sie allen Fragen aus.
Ian Chamberlain, der Sprecher der britischen „Kampagne für nukleare Abrüstung“ (CND), erklärte der taz, dass der verfehlte Test für die Unterhausdebatte jedoch eine äußerst wichtige Information gewesen wäre, denn die besonders hohen Kosten des Systems würden mit der hierfür notwendigen Präzision, Sicherheit und Fehlerfreiheit gerechtfertigt. Bei der Debatte bezüglich des Atomwaffensystems würde harten Fakten oft ausgewichen, beispielsweise bei der Antwort auf die Frage, „ob so ein Abwehrsystem im Zeitalter von Cybercrime und Terrorismus tatsächlich noch schütze und ob es gar im Ernstfall funktioniere“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül