Mindestlohn und Altersarmut: Auch Linke sichern keine Mindestrente
Selbst ein Mindestlohn von 10 Euro reicht nicht, um im Alter ohne Hilfe auszukommen. Eine neue Forderung will die Linkspartei nicht aufstellen.
Dazu zitierte er die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage seiner Fraktion aus dem Jahr 2011. Diese hatte ergeben, dass für eine Nettorente über der Grundsicherungsschwelle mindestens ein Stundenlohn von 10 Euro erforderlich wäre. Einen Mindestlohn in ebenjener Höhe fordert die Linkspartei seit Langem.
Nun stellt sich heraus: Auch mit 10 Euro die Stunde löst man das Problem Altersarmut nicht. Erneut hat die Linke im Bundestag, genauer gesagt ihr rentenpolitischer Sprecher Matthias W. Birkwald, eine solche Anfrage an die Regierung gestellt – und die Antwort erhalten, dass es unter den derzeitigen Bedingungen schon 11,50 Euro Stundenlohn für einen Lebensabend ohne den Gang zum Sozialamt bräuchte. Wie schon in der Antwort aus dem Jahr 2011 verweist die Bundesregierung auf die Möglichkeit, mit einer zusätzlichen Altersvorsorge der Armut im Alter vorzubeugen. Damit könne man eine „deutlich höhere Gesamtversorgung“ erzielen.
Nun könnte man erwarten, dass die Linke ihre Mindestlohn-Forderungen an die neuen Zahlen des Arbeitsministeriums anpasst. Allerdings passierte bisher nichts dergleichen. Auch der Abgeordnete Birkwald hatte daran offenbar nicht gedacht – und schreibt in seiner Pressemitteilung, die neuesten Zahlen zeigten, dass die Forderung seiner Partei nach einem Mindestlohn von „mindestens 10 Euro [...] mehr als berechtigt“ sei. Dieser Betrag steht noch im Wahlprogramm von 2013.
Auf Nachfrage heißt es nun von Birkwald im Hinblick auf die Antwort des Arbeitsministeriums, der Mindestlohn solle bis Ende der Wahlperiode 60 Prozent des Durchschnittslohns erreichen. Man wolle aber auch sofortige Maßnahmen: „Deshalb fordern wir, dass der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn ohne Ausnahmen und sofort in einem ersten Schritt auf 10 Euro pro Stunde angehoben wird.“
An der Parteispitze äußert man sich allerdings noch verhaltener. Bernd Riexinger, einer der beiden Vorsitzenden der Linkspartei, sagte der taz, es werde zum Thema Erhöhung des Mindestlohns eine „perspektivische Diskussion mit Hinblick auf das Wahlprogramm 2017“ geben.
Mit einer konkreten Forderung tut man sich also schwer bei der Linken. Offenkundig traut man sich nicht, eine neue Zahl in den Ring zu werfen. Einzig Klaus Ernst berücksichtigt die Zahlen des Ministeriums. Er fordert nicht nur eine Erhöhung des Mindestlohns, sondern auch, dass diese sich „an den Zahlen des Bundesarbeitsministeriums orientieren“ solle – also an den 11,50 Euro.
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