Milliarden für die Ukraine: Im Wettlauf gegen die Zeit
Die US-Militärhilfen können der Ukraine neuen Mut geben. Doch erreichen sie auch das Land, bevor Russland verstärkt angreift?
Das neue Ukraine-Hilfspaket von 61 Milliarden US-Dollar ist gigantisch. Die gesamte US-Militärhilfe für Kyjiw seit Ende 2021 umfasst laut US-Außenministerium bisher rund 44 Milliarden US-Dollar. Um möglichst viel neues Geld auszugeben, bevor Anfang 2025 Donald Trump eventuell US-Präsident wird und alles stoppt, müssten die USA ihr Engagement auf ein ganz neues Niveau hieven.
Von den 61 Milliarden dienen aber nur knapp 28 Milliarden direkt dem ukrainischen Militär, jeweils zur Hälfte für den Ankauf von US-Waffen durch Washington zur Weitergabe an die Ukraine und für direkte Rüstungskäufe durch Kyjiw. 13,4 Milliarden dienen dem Aufstocken der Lagerbestände des US-Militärs, 7,8 Milliarden sollen den Staatshaushalt der Ukraine stützen, dazu kommt Wirtschaftshilfe. 7,3 Milliarden finanzieren Aktivitäten des US-Militärs in der Region wie Transport, Überwachung und Ausbildung. 10 Milliarden sind formal auf Kreditbasis.
Neues Rüstungsmaterial rechtzeitig an die Front in der Ukraine zu schaffen, ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Seit dem Winter rückt Russland an den Kriegsfronten vor, hat aber jenseits der Einnahme der Frontstadt Awdijiwka im Februar kaum Geländegewinne erzielt. Die ukrainische Führung erwartet eine russische Großoffensive ab Mai mit dem Ziel der Einnahme des gesamten Donbass und eventuell auch der Millionenstadt Charkiw, die fast täglich bombardiert wird.
Mühsamer Kampf um Tschassiw Jar
Aktuell konzentrieren sich die russischen Angriffe auf die Stadt Tschassiw Jar 10 Kilometer westlich des 2023 von Russland eingenommenen Bachmut. Tschassiw Jar liegt auf einer Anhöhe, deren Kontrolle den Angreifern den Weg für größere Vorstöße ebnen würde. Bisher hält die Ukraine die Stellung, aber mit jedem Tag wird es mühsamer.
„Solange die Einheiten an der Front unter kritischem Mangel an Personal und Munition leiden, sagen ukrainische Soldaten, dass ihr Ziel 2024 darin besteht, ihre Positionen zu halten und auf die Ankunft überlebensnotwendiger westlicher Hilfe zu warten“, schrieb die unabhängige Zeitung The Kyiv Independent vergangene Woche. Neben frischen Waffen mangelt es der Ukraine nämlich auch an frischen Truppen. Parallel zur neuen US-Militärhilfe wird es daher voraussichtlich auch eine neue Truppenmobilisierung in der Ukraine geben.
Des Weiteren plant die Ukraine weitere bilaterale Sicherheitsabkommen mit Nato-Partnern, wie es sie bereits mit Deutschland und acht weiteren Staaten gibt. Ein Abkommen mit den USA sei unterschriftsreif, sagte Selenskyj am Samstag. Die USA könnten in diesem Rahmen bis zu 60 Militärberater entsenden, um die Verteilung der erwarteten Militärhilfe zu koordinieren und den ukrainischen Streitkräften „beratend und unterstützend“ zur Seite zu stehen, wie die Webseite Politico am Sonntag berichtete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?