Militärisches Eingreifen in Niger: Gerechtfertigt und doch fatal
Eine nigerianische Militärintervention in Niger würde bedeuten: Zwei Armeen mit historisch schlechtem Ruf führen auf dem Rücken der Menschen Krieg.
N ach allen grundsätzlichen Kriterien ist eine Militärintervention in Niger voll gerechtfertigt. Der legitime Präsident wird von illegitimen Putschisten festgehalten und er hat anders als andere weggeputschte Präsidenten in Westafrika nicht seinen Rücktritt erklärt, sondern die Welt um Hilfe gebeten. Afrikas Regionalorganisationen haben Niger Fristen gesetzt und befolgen den Grundsatz, Putsche grundsätzlich nicht anzuerkennen. Die Junta in Niamey muss nachgeben, und notfalls muss sie dazu gezwungen werden.
Aus zunehmender Nähe betrachtet erscheint das alles aber zunehmend unwirklich. Nigers Putsch ist ein Ergebnis innerer Probleme, die nicht von außen zu lösen sind, vor allem nicht vom großen Nachbarn Nigeria mit seiner eigenen Geschichte von Militärputschen.
Die beiden Länder teilen 1.500 Kilometer Grenze und eine eng miteinander verflochtene Haussa-Bevölkerung beiderseits dieser Grenze. Niger beherbergt eine Viertelmillion Flüchtlinge aus Nigeria, in Nigers Hauptstadt Niamey tummeln sich viele nigerianische Händler. Im Fall einer nigerianischen Militärintervention in Niger würden zwei Armeen mit historisch schlechtem Ruf auf dem Rücken all dieser Menschen Krieg führen. Das menschliche Leid wäre immens, das Risiko nationalistischer Pogrome wäre hoch und könnte sich sehr schnell auf andere Länder Westafrikas ausbreiten.
Ausgerechnet Frankreich ruft am lautesten zum Eingreifen
Die Interventionisten haben zwar recht mit der Analyse, dass dieser Putsch die regionale Sicherheit gefährdet. Für die Intervention gilt das allerdings auch. Es gibt auch zu denken, dass ausgerechnet die zunehmend unbeliebte Exkolonialmacht Frankreich am lautesten zum Eingreifen in Niger ruft.
Afrikanischen Vermittlern ist es bislang immer gelungen, bei Krisen im eigenen Hinterhof einen schäbigen Kompromiss zu finden, der allen Akteuren einen halbwegs gesichtswahrenden Ausweg lässt. Dies dürfte auch in Niger möglich sein. Vielleicht merken ja beide Seiten, dass es besser wäre, miteinander auszukommen, statt ihr Land zum Spielball fremder Interessen zu machen und damit herunterzuwirtschaften.
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