Migrationsbekämpfung in Afrika: Ein kümmerliches Angebot

Die Bundesregierung versucht, afrikanische Staaten als Partner zu gewinnen, um die Migration zu reduzieren. Warum sollen die da eigentlich mitmachen?

Ein Handschlag - Die Hände von Bundeskanzler Olaf Scholz und Nana Akufo-Addo, Ghanas Präsident

Auf gute Geschäfte? Kanzler Scholz (l.) und Nana Akufo-Addo, Ghanas Präsident Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Deutschen wollen billiges Gas und mehr Abschiebungen – das bleibt in Afrika hängen nach den Besuchen von Bundeskanzler Scholz in Ghana und Nigeria und Innenministerin Faeser in Marokko.

Auf die erhofften Rücknahmeabkommen verweisen Am­pel­po­li­ti­ke­r:in­nen gebetsmühlenartig. Es ist eine bedrückend kümmerliche Antwort auf die Migrationsfrage – und ein ebenso kümmerliches Angebot an die Afrikaner:innen, die man in einer äußerst schwierigen Lage weiterhin als Partner gewinnen will.

Russland und China sind in Afrika präsenter denn je, machen teils sehr lukrative Angebote – ohne das Migrationsthema. Unvergessen ist in Afrika die harte Haltung der Europäer zu den Covid-Impfstoffen. Die Toten im Mittelmeer, dass führende Politiker nun „physische Gewalt“ gegen Flüchtende fordern – all das wird registriert, befeuert die antiwestliche Stimmung. Der Gaza­krieg kam hinzu. Das Ansehen des Westens ist durch sein zu zögerliches Eintreten für den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung im Rest der Welt schwer beschädigt.

Umso aussichtsloser scheint es, nun auf die großen Abschiebedeals zu hoffen. Nigeria war schon 2008 das erste afrikanische Land, mit dem die EU-Grenzschutzagentur Frontex ein Arbeitsabkommen schloss. Nach Marokko flog schon Ex-Innenminister Thomas de Maizière, um die biometriegestützte Identifikation Ausreisepflichtiger anzuschieben.

Doch bis heute ziehen die afrikanischen Staaten bei Abschiebungen nicht so mit, wie die EU will. Das liegt auch am schlechten Stand der Europäer. Und die geforderten Arbeitsvisa als Ausgleich will die EU auch nicht zusagen – absurd angesichts der Arbeitskräftelücke hierzulande. Wer Afrika auf Dauer als Partner gewinnen will, muss mehr bieten. Etwa eine Ausweitung der Westbalkanregelung für Ar­beits­mi­gran­t:in­nen auf solche aus afrikanischen Staaten.

In Deutschland muss mehr getan werden

Nächste Woche steht der nächste Flüchtlingsgipfel der Bundesländer an. Die Kommunen brauchen mehr Geld. Mit dem, was Finanzminister Lindner ihnen geben will, werden sie nicht zufrieden sein. Und AfD, Union und auch die FDP werden absehbar nicht damit aufhören, das Migrationsgeschehen als größtes aller Probleme hinzustellen.

SPD und Grüne müssten dies zurückweisen – und wieder mehr über Dinge reden, die bessere Bedingungen für die Integration schaffen und die zusätzlich auch allen anderen zugutekommen: Wohnen, Schulen, Rente, Pflege, Gesundheit. Stattdessen machen sie die obsessive Fixierung auf die Migrationsfrage mit – und hoffen, die Afri­ka­ne­r:in­nen würden das Problem für sie entschärfen. Das wird nicht geschehen.

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Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social

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