Mexikos Präsident besucht Donald Trump: Erst poltern, dann kuschen
Nach eineinhalb Jahren im Amt reist Mexikos Präsident López Obrador erstmals ins Ausland – ausgerechnet zu US-Präsident Trump nach Washington.
Das war 2017, López Obrador befand sich im Wahlkampf um die mexikanische Präsidentschaft, den er schließlich mit klarer Mehrheit für sich entscheiden konnte. Aber heute sei alles anders, erklärt der Politiker jetzt und spricht von einer „respektvollen Beziehung“ Trumps, „nicht nur gegenüber der Regierung, sondern gegenüber dem gesamten mexikanischen Volk“.
Um diesem freundschaftlichen Verhältnis Ausdruck zu verleihen, besucht López Obrador am Mittwoch seinen Amtskollegen. Anlässlich des Abschlusses des neuen nordamerikanischen Freihandelsvertrags USMCA fährt er nach Washington – und setzt damit ein deutliches Zeichen.
Es ist schließlich seine erste Auslandsreise seit seinem Amtsantritt im Dezember 2018. Und die führt ihn ausgerechnet zu dem Politiker, der mexikanische Migranten in den USA regelmäßig rassistisch beleidigt. Während der kanadische Premierminister Justin Trudeau kurzfristig am Montag seine Beteiligung abgesagt hat, nachdem Gerüchte über neue Zollforderungen von Seiten Trumps die Runde machten, hält der Mexikaner an seinem Besuch fest.
Keine Migranten auf dem Programm
Insbesondere die Tatsache, dass der vorsichtig links ausgerichtete Politiker seinen rechtsextremen US-Kollegen vier Monate vor der US-Präsidentschaftswahl besucht, stößt auf heftige Kritik. Niemand zweifelt daran, dass Trump dieses Treffen braucht, um im Wahlkampf mehr Stimmen aus der migrantischen Bevölkerung zu gewinnen.
Viele lehnen die Reise grundsätzlich ab, einige Organisationen haben vor Ort sowie virtuell Proteste angekündigt. Eine „Gruppe von Wanderarbeitern aus Oaxaca im Ausland“ forderte, López Obrador solle sich zumindest dafür einsetzen, dass die über zehn Millionen ohne Papiere im Land lebenden Migrierten einen sicheren geregelten Aufenthaltsstatus bekommen. Immerhin habe er die Arbeiter, die etwa vier Milliarden US-Dollar im Jahr nach Mexiko überweisen, einst als „anonyme Helden“ bezeichnet.
Doch López Obrador hat bereits klargemacht, dass sein Ausflug einzig auf Trump ausgerichtet ist. Auf seiner Agenda steht weder ein Treffen mit Migrantenorganisationen noch mit Politikerinnen oder Politikern der oppositionellen Demokraten. Deren Parteichef Tom Perez sprach von einem reinen „Fototermin“ und bat López Obrador, er möge Trump fragen, ob dieser weiterhin der Meinung sei, Mexikaner seien „Vergewaltiger und Mörder“.
Silvano Aureoles, der Gouverneur des mexikanischen Bundesstaats Michoacán, sprach von einem Treffen mit dem „rassistischsten und konservativsten“ US-Staatschef aller Zeiten. „Ich bedaure es, dass der Präsident Mexikos die Migranten nicht auf seiner Agenda, im Kopf und im Herzen hat“, sagte Aureoles.
Auf Druck gibt López Obrador schnell nach
Dass López Obrador lediglich Trump im Blick hat, verwundert jedoch wenig. Die USA sind Mexikos wichtigster Handelspartner, 80 Prozent der Exporte gehen in das nördliche Nachbarland. Die Coronakrise hat Mexiko heftig gebeutelt, doch der Staatschef hält daran fest, das Land durch Korruptionsbekämpfung und Sozialprogramme für die Armutsbevölkerung gerechter zu gestalten. Trump kann diesen Plänen schnell einen Strich durch die Rechnung machen.
Dass er auf Druck schnell nachgibt, hat López Obrador bereits bewiesen. Vergangenes Jahr forderte der US-Staatschef die mexikanische Regierung auf, schärfer gegen Migrantinnen, Migranten und Geflüchtete vorzugehen, die über Mexiko in die USA einreisen wollen. Sollte dies nicht passieren, werde er die Zölle für Importe aus dem Nachbarland massiv erhöhen.
Man einigte sich: Mexikos zur Verbrechensbekämpfung neu gegründete Nationalgarde wurde gegen die Arbeits- und Schutzsuchenden eingesetzt, die Behörden schoben Zehntausende nach Mittelamerika ab. Zudem werden mittlerweile Menschen, die in den USA Asyl beantragen, nach Mexiko zurückgebracht und müssen dort auf die Entscheidung der US-Behörden warten.
Für die migrantische Bevölkerung wird bei diesem Treffen nichts herausspringen. Im Gegenteil: Erst am Montag stellte Trump klar, dass er an seiner Linie festhält. Nach einem Besuch der im Bau befindlichen Mauer an der Südgrenze twitterte er: „Ein großer Tag für Arizona.“
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