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Merkel über rechte Gewalt in Heidenau„In keiner Weise akzeptabel“

Erst nach einem Medien-Shitstorm wendet sich die Kanzlerin deutlich gegen Naziübergriffe. Zur Flüchtlingspolitik äußert sie sich nur vage.

Selten hat die Kanzlerin ihr Gespür für die Stimmung derart verlassen: Bis zum Nachmittag schwieg Merkel. Foto: ap

Berlin dpa/taz | #MerkelSchweigt – so lautete am Montag der meistgenutzte Hashtag. Unter diesem Schlagwort brach sich im Netz der gesammelte Frust darüber Bahn, dass die Bundeskanzlerin zu den fremdenfeindlichen Ereignissen in Heidenau beharrlich schwieg.

Die Tagesschau-Redaktion setzte zu anderen Wortmeldungen aus der Politik ein beredtes „...“ von Angela Merkel. Ein Beitrag im ARD-Morgenmagazin wurde mit „Das Schweigen der Merkel“ angekündigt. Selten hat die Kanzlerin ihr Gespür für die Stimmung im Lande derart verlassen.

Wegen des öffentlichen Drucks äußerte sich Angela Merkel schließlich doch noch. Am späten Nachmittag nutzte sie einen Auftritt mit dem französischen Präsidenten François Hollande für ein Statement.

Merkel sagte, sie verurteile „diese gewalttätigen Ausschreitungen auf das Schärfste.“ Deutschland gebe „jedem das Recht, hier sein Anliegen vortragen zu können“, unabhängig vom jeweiligen Asylstatus. Sie freue sich, dass „die übergroße Mehrheit der Bürger das genauso sieht“.

Die erwartete Ankündigung, persönlich ein Flüchtlingsheim zu besuchen, blieb aus. Im Gegenteil, Merkel sprach sich erneut für mehr sichere Herkunftsländer, europäische Standards für „Rückführungen“ und für „faire Lastenverteilung in Europa“ aus.

„Folgen Sie denen nicht“

Es ist nicht so, dass Merkel bislang nichts gesagt hätte zur Fremdenfeindlichkeit, die sich in diesem deutschen Sommer Bahn bricht. Im ZDF hat sie vor Wochenfrist erklärt, Gewalt gegen Flüchtlinge sei „unseres Landes nicht würdig“. In ihrer Neujahrsansprache hatte sie vor Islamfeinden gewarnt. „Folgen Sie denen nicht!“

Und am Montagvormittag hatte Regierungssprecher Steffen Seibert in ihrem Namen die rassistischen und gewalttätigen Vorfälle in Heidenau als abstoßend und beschämend bezeichnet. Wer so handele wie die Täter von Heidenau, „stellt sich weit außerhalb unserer Werteordnung“. Deutschland lasse nicht zu, „dass Flüchtlinge, über deren schwierige Lebenssituation durchaus jeder mal nachdenken sollte, hier von hasserfüllten Parolen empfangen oder von alkoholisierten Schreihälsen bedroht werden“.

Klare Wort hat am Montag auch Vizekanzler Sigmar Gabriel gefunden. Bei Gesprächen mit Flüchtlingen und Bürgern in Heidenau sagte der Vizekanzler, für diese Gewalttäter gebe es „nur eine Antwort: Polizei, Staatsanwaltschaft und nach Möglichkeit für jeden, den wir da erwischen, das Gefängnis.“

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14 Kommentare

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  • "Zu Merkel fällt mir nichts mehr ein.."

    • @lichtgestalt:

      Ein Einfall kommt selten allein.

  • @@ &@Rainer B.

     

    "… Deutschland gebe „jedem das Recht, hier sein Anliegen vortragen zu können“, unabhängig vom jeweiligen Asylstatus. Sie freue sich, dass „die übergroße Mehrheit der Bürger das genauso sieht“.…"

     

    Angie - verlogener Politsprech!

    FDJ-Sekretärin as usual!

     

    Denn ->

     

    Vortragen - allein das nämlich ist höchstens geblieben nach der Schleifung des Menschenrechts Asyl - Art. 16 a. F. Grundgesetz in Art. 16 a GG ( n.F.) 1992/1993.

    Ein Asylverfahren nach Vortrag

    In ! der Bundesrepublik Deutschland - wie früher - folgt daraus aber gerade nicht!! Im Gegenteil!

     

    Denn ->

     

    Letztlich kann das deutsche Asylgrundrecht dadurch eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, dass ein anderer Staat im Rahmen europäischer Zuständigkeitsvereinbarungen für die Schutzgewähr des Asylbewerbers zuständig ist und der Asylbewerber, ohne dass sein Asylantrag in der Sache geprüft wird, dorthin verwiesen wird.

    Die Anerkennungsquote nach Art. 16a GG ist entsprechend gering und liegt seit 2002 bei unter 2 %.[1]

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Asylrecht_(Deutschland)

    • @Lowandorder:

      Stellt sich mir folgende Frage:

      Wird die Frau gewählt, weil sie nur lügt, oder lügt sie nur, weil sie gewählt wurde?

      • @Rainer B.:

        Die sich in den Schwanz beißende

        Schlange - das Ei die Henne! - odr?!

  • "Deutschland gebe jedem das Recht, hier sein Anliegen vortragen zu können.“

    Genau das findet derzeit aber offenbar gar nicht mehr statt. Wenn die Informationen stimmen, die von den Erstaufnahmestellen kommen, dann nimmt die zuständige Bundesbehörde derzeit überhaupt keine Asylanträge von den Flüchtlingen auf. Mir fehlt vor allem auch eine klare Strategie, mit der Sie den Nazispacken systematisch auf allen Ebenen entgegensteuern will. Das hat man doch jetzt schon viel zu lange schlüren lassen.

  • Typisch Merkel! Sich erst zum Thema melden, wenn die Öffentlichkeit aufgebracht ist. Dann sich möglichst allgemein äußern mit Phrasen und Beschwörungen. Auf alle Fälle keine konkreten Maßnahmen vorschlagen, sie zu fordern oder sie gar mit ihrer Machtbefugnis durchdrücken.

     

    Auf der einen Seite an die rechtsstaatliche und demokratische Ordnung appellieren und auf der anderen Seite eine soziale, humanistische und wirtschaftspolitische Neuordnung und effiziente neue Lösungskonzepte, die die Wurzeln des Übels angreifen, ignorieren: das geht überhaupt nicht und ist zum Scheitern verurteilt!

     

    Merkel weiß genau, welches Klientel sie bedienen muß, um an der Macht zu bleiben. Dieses konservative bis reaktionäre Klientel steht für rigorose Abschottungspolitik - egal wie viel Menschenleben oder Menschenrechtsverletzungen das kostet.

     

    Letztendlich passen Merkel und ihren politischen Getreuen, die Nazis, Rassisten und Rechtsradikalen, auf die zwar geschimpft wird, sogar gut ins Konzept. Wenn die Meinung des Nazipöbels noch mehr öffentliche Zustimmung findet, dann wird die Merkel auch nicht zögern, diese im Sinne ihrer Interessen ins Feld zu führen.

  • Hört doch mal auf A.Merkel "Mutti" zu nennen. Wenn jemand so ne Mutti hat kommt in Deutschland das Jugendamt und nimmt sich der Sache an.

  • Wen wundert's? Merkel war da sogar ehrlicher als manch anderer Politiker der nach feindlichen Äußerungen wie denen von PEGIDA laberte: "Wir müssen die Ängste der Bürger ernst nehmen."

    Und dann auf einmal dasteht und sich wundert warum Flüchtlingsunterkünfte brennen.

    Es gibt nur 2 Wege wie man Ängsten als Politiker umgehen sollte. Weg 1, wenn die Ängste begründet sind, dann hat der Staat etwas dagegen zu tun.

    Weg 2, wenn sie unbegründet sind (so wie die Angst der Dummdeutschen vor Überfremdung, besonders in einem Bundesland wie Sachsen.) Dann hat er Aufklärung zu leisten, dass die Ängste unbegründet und falsch sind.

    Was sollte man denn von einer PolitikerIN wie Merkel erwarten?

    Eine Frau die dafür ist das Dublin II bestehen bleibt.

    Und NICHTS gegen die Toten im Mittelmeer unternimmt?

    Daran sieht man doch, dass unserer Bundesmutti Flüchtlinge nicht im geringsten interessieren.

  • Besser, sie sagt nichts.

  • Für Mutti sind die eigenen Kinder doch die schönsten.

    Ganz liebe Grüße

  • Legt irgendjemand Wert auf Lippenbekenntnisse?

     

    Zurücktreten ist die einzige akzeptable Maßnahme, die diese Frau noch treffen kann.

  • Und da sind sie - lauthals rufend -

    Haltet den Dieb!

     

    Reden sich mit

    "rechtem Pack bestrafen" - & dergl.

    Um - eh schon nicht mehr auszumachen - Kopf&Kragen.

     

    " . .Erst nach einem Medien-Shitstorm wendet sich die Kanzlerin deutlich gegen Naziübergriffe. . ." -

    Deutlich? - Ja wie denn??

     

    Etwa mit -

    "„In keiner Weise akzeptabel“??

    Gehts noch?

     

    Deutlich hätte etwa so gelautet:

    "Wir stehen vor einer ruchlosen Tat.

    Und es war und ist nicht akzeptabel - daß - von mir als Kanzlerin mitverantwortet - in der näheren Vergangenheit Sätze gefallen sind - wie - "Sollen wir das Geschäft der Schlepper betreiben?"

     

    Dem gilt es jetzt und zukünftig - entschlossen entgegen zu treten.

     

    Ich werde meine Richtlinienkompetenz dahingehend ausüben, daß einem solchen Denken staatlich wie öffentlich zukünftig eine Abfuhr erteilt wird;

    die unabweisbaren Aufgaben zugunsten der Flüchtlinge in Europa werde ich zur Chefsache machen."

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Welches "Gespür für die Stimmung im Lande" denn bitte? Sie MACHT die Stimmung im Lande, gemeinsam mit ihren Freundinnen Mohn und Springer. Da passt das Schweigen sehr gut, denn ein brennendes Asylbewerberheim ist doch im Sinne der Konservativen keine schlechte Nachricht. Siehe 1992. War alles schon mal da, Abschaffung des Grundrechts auf Asyl etc. pp.