Menschenrechtslage im Iran: Forderung nach Abschiebestopp
Nach wie vor schiebt Deutschland Menschen in den Iran ab. Auch nach der Hinrichtung eines Deutschen. Pro Asyl fordert, die Zusammenarbeit zu beenden.
Die Menschenrechtslage im Iran ist desaströs – nicht erst, seit das Regime von 2022 an die Proteste unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ brutal niederschlagen ließ. Amnesty International spricht von systematischer Anwendung von „Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen“ sowie vom Einsatz der Todesstrafe als „Mittel der politischen Unterdrückung“. Allein 2023 seien mindestens 853 Menschen hingerichtet worden.
Trotz massiver Menschenrechtsverstöße bekommen Schutz suchende Iraner*innen in Deutschland allerdings oft kein Asyl. Tatsächlich lag die bereinigte Schutzquote für Menschen aus dem Iran in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 bei gerade mal 38 Prozent. 62 Prozent der Fälle, in denen die Behörden inhaltlich über Asylanträge aus dem Iran entschieden, wurden hingegen abgelehnt.
Mehr noch: Im Januar lief der deutsche Abschiebestopp für Iran aus. Abschiebungen in das Land sind zwar nach wie vor selten, finden aber grundsätzlich wieder statt. Das Bundesinnenministerium (BMI) erklärte auf taz-Anfrage, es habe Kenntnis von bislang 11 Abschiebungen in den Iran in diesem Jahr. Die „Zuständigkeit für den Vollzug von Abschiebungen“ liege aber bei den Ländern, ebenso eine „mögliche, vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“. Das BMI habe „keine eigene Zuständigkeit (auch kein Initiativrecht) für den Erlass eines Abschiebungsstopps“.
Respekt, aber kein Abschiebestopp
Die Menschenrechtslage im Iran habe sich „seit den Protesten in Folge des Todes von Jina Mahsa Amini nicht verbessert“, erklärt das BMI. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) habe „großen Respekt vor dem Mut der Menschen in Iran, die für Freiheit und Menschenrechte eintreten.“ Mit Blick auf Asylanträge prüfe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) jeden Einzelfall „sorgfältig“. Hierfür würden alle zur schutzsuchenden Person sowie zur konkreten Herkunftsregion vorliegenden Erkenntnisse herangezogen. Ausschlaggebend sei der Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Iran.
Ende November 2022, nach Ausbruch der Proteste und deren gewaltvoller Niederschlagung, hatte das Auswärtige Amt (AA) dem Iran in seinem Lagebericht ein katastrophales Zeugnis ausgestellt. Aus dem Ministerium heißt es auf taz-Anfrage nach aktuellen Entwicklungen lediglich, die Berichte würden „turnusmäßig aktualisiert“. Dafür beobachte man die Lage in den Ländern kontinuierlich. Die im Ministerium angesiedelte Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), hatte schon im März kritisiert, dass die Innenminister*innen der Länder den Abschiebestopp nicht verlängert hatten.
Deutliche Worte kommen aus der Zivilgesellschaft. Die Hinrichtung Sharmahds sowie die andauernde Inhaftierung der Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi sowie vieler Aktivist*innen der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung bewiesen, „wie lebensbedrohlich die Situation im Iran ist“, heißt es etwa von Pro Asyl. Ein bundesweiter Abschiebestopp sei überfällig, erklärte der flüchtlingspolitische Sprecher der Organisation, Tareq Alaows.
Pro Asyl fordere „die Beendigung jeder direkten und indirekten Zusammenarbeit mit dem Iran, die es ermöglicht, Menschen abzuschieben“. Auch bräuchten iranische Geflüchtete einen Schutzstatus. „Viele der Menschen, die im Asylverfahren abgelehnt wurden, protestieren in Deutschland gegen das Regime oder leben zum Beispiel eine im Iran verfolgte Religion oder sexuelle Orientierung aus – sind also im Iran extrem gefährdet“, so die NGO. Diese Menschen lebten „in ständiger Angst vor der Abschiebung“.
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