Menschenrechte beim Weltklimagipfel: Klimaschutz braucht Demokratie
Nicht nur für den Austragungsort der Fußball-WM, sondern auch für die jeweiligen Gastgeber des Weltklimagipfels sollte es Mindeststandards geben.
gyptische Sicherheitskräfte haben einen indischen Klimaaktivisten festgenommen, der in Kairo für mehr Klimaschutz auf die Straße ging. Ein Vorgang, der zu erwarten war: Seit Jahren geht das Regime von Präsident Abdel Fatah al-Sisi rigoros gegen jene vor, die gesellschaftliche Missstände benennen.
Demonstrationen werden verboten, unangenehme Zustandsbeschreibungen als „Falschinformationen“ diskreditiert und kriminalisiert, Wissenschaftler müssen sich eine Genehmigung zur Publikation ihrer Ergebnisse einholen, wenn sie als „politisch“ gelten. Und das sind sie im Umgang mit der Umwelt nun einmal. Human Rights Watch kritisiert ein massives Vorgehen gegen lokale Umweltgruppen, bilanziert mindestens 60.000 politische Gefangene. Anders als beim Austrägerland der aktuellen Fußball-WM redet aber niemand über die Menschenrechtszustände im Gastgeberland der diesjährigen Weltklimakonferenz.
Es ist gut und richtig, dass die Klimagipfel über den Planeten „wandern“: Nach einem Industrieland aus Westeuropa oder Nordamerika richtet ein Staat aus Mittel- oder Südamerika den Klimagipfel aus, dann geht es nach Afrika, gefolgt von Asien, bevor ein osteuropäischer oder Nachfolgestaat der Sowjetunion Gipfelgastgeber wird.
Dadurch verändern sich die Schwerpunktsetzungen, asiatische Gastgeber heben den Waldschutz auf die COP-Agenda, westliche Staaten die Regeln, die den Klimaschutz weltweit vergleichbar machen, afrikanische Staaten die Anpassung an die Folgen der Klimaerhitzung. Trotzdem sollte die Klimadiplomatie genau hinsehen, wer den Gipfel austrägt, und Mindeststandards aufstellen, die ein Gastgeber erfüllen muss.
Selbst auf dem Klimagipfel in Katar gab es 2012 eine kleine, aber kritische Öffentlichkeit des Gastgeberlandes, die die Verhandlungen begleitete. COP27 wird der erste Gipfel sein, dem dies fehlt. Deshalb sollten sich die Klimadiplomaten dringend auch für die Menschenrechte in Ägypten interessieren. Klimaschutz wird nur funktionieren, wenn er von den Herrschenden nicht kriminalisiert werden kann.
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