piwik no script img

Mehr als 8 Milliarden EuroBeinah-Rekord bei Rüstungsexporten

Die Ampel wollte Rüstungsexporte zurückfahren. Durch den Ukraine-Krieg erreicht die Ausfuhr von Waffen und Ausrüstung aber fast den Rekordwert.

Mit Segen von Kanzler Scholz: Ein Gepardpanzer, von dem gleich mehrere gen Ukraine geliefert wurden Foto: Marcus Brandt, dpa

Berlin dpa | Die Bundesregierung hat in diesem Jahr Rüstungsexporte für mindestens 8,35 Milliarden Euro genehmigt. Das ist schon jetzt der zweithöchste Wert in der Geschichte der Bundesrepublik. Nur im vergangenen Jahr war die Zahl mit 9,35 Milliarden Euro noch höher. Mehr als ein Viertel der vom 1. Januar bis 22. Dezember gelieferten Waffen und militärischen Ausrüstung ging in die von Russland angegriffene Ukraine. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor, über das die Deutschen Presse-Agentur berichtet.

Die Ampel-Regierung hatte sich in den Koalitionsverhandlungen auf Drängen von SPD und Grünen eigentlich vorgenommen, die Rüstungsexporte zurückzufahren und dafür ein Kontrollgesetz auf den Weg zu bringen. Dann kam mit dem Ukraine-Krieg die Kehrtwende. Das selbst auferlegte Verbot von Waffenlieferungen in Kriegsgebiete wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner „Zeitenwende“-Rede am 27. Februar einkassiert – ein Bruch mit seit Jahrzehnten geltenden Grundsätzen.

Seitdem sind Rüstungslieferungen für 2,24 Milliarden Euro für die Ukraine genehmigt worden, darunter viele schwere Waffen wie 30 Flugabwehrpanzer Gepard, 14 Panzerhaubitzen 2000 (schwere Artilleriegeschütze), fünf Mehrfachraketenwerfer oder das Flugabwehrsystem Iris-T. Der hohe Gesamtwert der Ausfuhrerlaubnisse ist aber nicht alleine darauf zurückzuführen.

Auch ohne die Ukraine wurden Exporte im Wert von mehr als sechs Milliarden Euro genehmigt. Zum Vergleich: In den 16 Regierungsjahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die 6-Milliarden-Marke nur fünf Mal überschritten. Der vom Wirtschaftsministerium genannte Wert für das laufende Jahr kann sich noch erhöhen. Erfasst sind nur die Genehmigungen bis einschließlich 22. Dezember.

Linke kritisieren Rüstungsexporte als „skrupellos“

Die Linken-Politikerin Dagdelen kritisierte die Zahlen scharf: „Das Kabinett von SPD, FDP und Grünen verantwortet die zweithöchsten Exporte von Waffen und Kriegsgerät aller Zeiten. Statt die Rüstungsexporte wie versprochen einzuschränken liefert die Ampel skrupellos Rüstungsgüter in Kriegs- und Krisengebiete und profitiert von Konflikten und Toten.“

In der Rangliste der wichtigsten Empfängerländer folgen hinter der Ukraine mit den Niederlanden (1,83 Milliarden), den USA (863,7 Millionen Euro), Großbritannien (453,0) und Ungarn (249,2) vier Nato-Staaten. Unter den Top Ten sind mit Australien (196,1), Singapur (175,1) und Südkorea (166,5) auch noch weitere drei weitere Länder, die nicht zu EU oder Nato gehören. Australien wird in der Exportstatistik aber den Nato-Staaten gleichgestellt.

Für Drittstaaten jenseits von EU, Nato und gleichgestellten Ländern wurden in diesem Jahr bisher Rüstungsgüter für 3,23 Milliarden Euro genehmigt, darunter mehr als zwei Drittel für die Ukraine. Der Anteil der Exporte in Drittstaaten am Gesamtwert sank im Vergleich zum Vorjahr von 63,6 auf 38,7 Prozent. Der hohe Anteil 2021 ging vor allem auf Ägypten zurück, für das die Regierung Merkel Kriegsschiffe, Luftabwehrsysteme und andere Rüstungsgüter für 4,34 Milliarden Euro genehmigte.

Jahreszahlen werden im Januar veröffentlicht

Die große Koalition von Union und SPD hatte in den letzten neun Tagen ihrer Amtszeit damals noch Exporte für fast fünf Milliarden Euro erlaubt, obwohl sie nur noch geschäftsführend im Amt war. Nur so kam am Ende des Jahres der Rekordwert von mehr als neun Milliarden Euro zustande. Die Gesamtzahlen für 2022 sollen Anfang Januar bekanntgegeben werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Ja die Ampel versprach und wollte so vieles. Jetzt schalten sie Kohle- und Atomkraftwerke an, ruinieren die Wirtschaft und kaufen dreckiges Gas.



    Man sollte mehr auf solche Menschen hören:



    www.freitag.de/aut...ne-ist-gefaehrlich

  • So lange es Verbrecher wie Putin gibt muss man bis auf die Zähne, mit modernsten Waffensystemen, ausgerüstet sein. Es sei denn man hat des lieben Friedenswillen dann doch lieber einen russischen Pass.

  • Die Ampel wollte .....



    - Rüstungsexporte zurückfahren



    - AKW abschalten



    - Kohlekraft runter fahren



    - genug Mietwohnungen bauen



    - besseren ÖPNV ermöglichen



    - und und ........

    Es hat leider überhaupt nichts geklappt. Aber macht nichts, Hauptsache wir finden einen Schuldigen dafür.



    Nehmen wo Putin, obwohl....wie hängen wir dem das mit dem fehlenden Wohnraum und dem ÖPNV an?

    • @Rudi Hamm:

      Richtig, die Ampel wollte vieles und erreichte NICHTS.



      Wie wollen die dann die richtigen "ernsthaften Problem" lösen? Klimaschutz? Indem man LNG-Terminals baut? Indem man Kohlekraftwerke (wieder) ans Netz hängt? Von Windkraft schwafelt, aber seit 10 Jahren nur 2.000 Kilometer von 12.000 notwendigen Kilometern Netzausbau geschafft hat. Bei diesem Tempo und nur 2000 Kilometern in 10 Jahren brauchen wir dann 60 Jahre insgesamt. Da ist es ja beruhigend, dass wir "nur" noch 50 Jahren vor uns haben.

  • Strack-Zimmermann zu Lieferungen an die Ukraine. "Bevor man eine Strategie überdenkt, muss man erst mal eine haben. Wir haben aber keine Strategie. Das ist das Problem". Ooops. www.rnd.de/politik...M2U56MGFJULYM.html

    • @lesnmachtdumm:

      Wo sie recht hat, hat sie recht. Ich denke sie wäre die bessere Verteidigungsministerin.

      • @Rudi Hamm:

        Ach was. Wer es nach der gegangen, hätte die NATO nach der ukrainischen Rakete auf Polen dann auch eingegriffen. Mir sind ehrlich gesagt Menschen lieber, die ihr Hirn einsetzen und nachdenken, bevor sie drauf losplappern und nur Mist dabei raus kommt.

      • @Rudi Hamm:

        Verbesserungsvorschlag also: Esspeedee und Effdeepee tauschen Verkehrs- gegen Verteidigungsministerium ? Kirsten Lühmann, übernehmen Sie !

  • Südkorea, Singapur und Australien ansonsten NATO und Ukraine, sehe jetzt das Problem nicht. Wir sollten stolz darauf sein die Verteidigungsfähigkeiten von anderen Demokratien zu stärken.

    • @Machiavelli:

      Noch mal kurz die 3 Staaten Ihrer Aufzählung durch den 'Demokratie'-Filter laufen lassen. Bleiben 2. Ansonsten: Zustimmung.