Meduza-Auswahl 30. März bis 5. April: Kreuzzug gegen Kritiker

Die Fotografin Heidi Levine erzählt von ihrem Besuch im Kyjiwer Vorort Butscha. Der Rüstungskonzern Rostec verfolgt Kritiker im Netz. Texte aus dem Exilmedium.

Zwei ukrainische Soldaten auf einer völlig zerstörten Straße im Butscha

Butscha, Ukraine, am 3. April 2022: „Es erinnerte mich an die Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg“, sagt die Fotografin Heidi Levine Foto: Heidi levine/Sipa Press/action press

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz panter stiftung gefördert.

In der Woche vom 30. März bis 5. April 2023 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

„Er wollte sich vor einem faschistischen Gesetz retten“

Meduza hat den russischen Anwalt Dmitri Sachwatow interviewt (englischer Text): Er ist ein Vertrauter von Alexei Moskaljow, dem Vater der 13-jährigen Maria Moskaljowa, die eine russische und eine ukrainische Fahne auf ein Blatt Papier gemalt und dazu „Nein zum Krieg“ und „Ruhm der Ukraine“ geschrieben hatte. In der Nacht zum 29. März verhafteten ihn die belarussischen Behörden, nachdem der alleinerziehende Vater am Vortag aus dem russischen Hausarrest nach Belarus geflohen war, um seiner Gerichtsverhandlung zu entkommen. Mascha, wie das Mädchen genannt wird, ist mittlerweile im Heim. Ihrem Vater droht wegen der „Diskreditierung der russischen Armee“ eine dreijährige Haftstrafe, sein derzeitiger Aufenthaltsort bleibt unklar.

Im Interview mit Meduza erzählt Sachwatow, wie der alleinerziehende Vater nach seiner Flucht durch die Analyse von Mobilfunk- und Geolokalisierungsdaten in Belarus festgenommen werden konnte. Moskaljow „rettete sich vor den Maßnahmen eines faschistischen Gesetzes“, sagt Sachwatow. Ob der Rechtsanwalt etwas tun kann, um ihm zu helfen, ist bisher unklar.

Wie Rostec einen PR-Krieg gegen Telegram-Kanäle führt

Seit dem 24. Februar 2022 – dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine – führt der staatliche Industriekonzern Rostec, der die russischen Panzer T-14 Armata und T-90 Proryv herstellt, noch einen weiteren Krieg. Verfolgt werden Telegram-Kanäle, die es wagen, den Industrieriesen und seinen Chef, den ehemaligen KGB-Agenten und Putin-Freund Sergei Tschemesow, zu kritisieren.

Meduza porträtiert den Vorreiter dieses Kreuzzugs, Wassili Browko, der seit 2016 Direktor für Sonderprojekte bei Rostec ist (englischer Text). Als Telegram auf den russischen Markt kam, wurde der Kurznachrichtendienst sofort von Rostec durch Browko zur Überwachung genutzt – und zum Vorgehen gegen kritische Stimmen.

„Es erinnerte mich an die Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg“

Am vergangenen 31. März jährte sich zum ersten Mal die Befreiung von Butscha, einem Vorort von Kyjiw, der zum Symbol der russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine geworden ist. Meduza veröffentlicht Bilder von und ein Gespräch mit der preisgekrönten US-amerikanischen Fotojournalistin Heidi Levine (englischer Text). Levine war eine der ersten Fotojournalist*innen, die Butscha nach der Befreiung besuchen und fotografieren durften.

„Man konnte sehen, dass es einen erbitterten Kampf gab“, erzählt Levine. Im Interview mit Meduza erinnert sich die Fotojournalistin an eine Frau, die sie in einen ehemaligen russischen Folterkeller begleitet hatte: „Die Leichen waren bereits abtransportiert worden. Es war dunkel. Die Polizei benutzte eine Taschenlampe. Auf dem Boden lagen Steine, es war Blut zu sehen. Sie begann zu weinen. Sie wollte unbedingt mit eigenen Augen zu sehen, wo ihr Mann gestorben war.“

Kirgistan und Usbekistan rücken zusammen

Dreißig Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben Kirgistan und Usbekistan es endlich geschafft, eine ihrer Grenzstreitigkeiten im Ferganatal beizulegen. Über das im Januar unterschriebene Abkommen, über seine Vorteile und die Ängste der Einwohner der Region berichtet Meduza in dieser Reportage (englischer Text).

Die usbekisch-kirgisische Sperranlage errichtete Usbekistan entlang seiner Grenze zu Kirgistan ab 1999. Ziel war es, die Infiltration von Terroristen zu verhindern. Viele Familien wurden dadurch in dieser historisch zusammengewachsenen Grenzregion getrennt. Mit dem im Januar unterzeichneten Grenzabkommen mehren sich die Anzeichen, dass der Deal Ausgangspunkt für eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern sein könnte. Eine engere Kooperation zwischen Usbekistan und Kirgistan würde die Grenzregion vor russischen Spaltungsversuchen schützen.

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