Medienenquete in Wien: Österreich debattiert um Rundfunk
In Wien diskutieren am Donnerstag und Freitag Medienvertreter über die Zukunft des ORF. Mit dabei: Springer-Vorstand Mathias Döpfner.
Blümel enthielt sich aber derartiger Empfehlungen. Vielmehr richtete er die Aufmerksamkeit auf den „asymmetrischen Wettbewerb“. Nationale Wettbewerber müssten sich mit unregulierten globalen Anbietern messen. Angesichts der Medienmacht der US-Konzerne stelle sich die Frage, ob es in zehn Jahren noch österreichische Medienvielfalt im digitalen Bereich geben werde. Er sieht für die nahe Zukunft zwei bedrohliche Szenarien: „Keine private Medienlandschaft oder ausschließlich staatlich finanzierte“.
Gastredner Mathias Döpfner vom Axel-Springer-Konzern und Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger, schmeichelte zunächst den Gastgebern, indem er Österreichs Rechtskoalition in einem Atemzug mit Kanada und Frankreich als Beispiel für eine erfolgreiche „Demokratie der Mitte“ lobte, die er sonst weltweit auf dem Rückzug sieht. Für die bevorstehende Ratspräsidentschaft gab er Österreich die Empfehlung mit, sich für die EU-Richtlinie für das Leistungsschutzrecht einzusetzen, die dazu führen soll, dass die US-Mediengiganten ihre Einkünfte aus der Vermarktung europäischer Inhalte mit den Urhebern teilen.
Nicht zu elitär
Am konkretesten wurde Gerhard Zeiler, ORF-Genralintendant vor einem Vierteljahrhundert und jetzt führender Manager im Turner Konzern. Er warnte vor einer Abschaffung der Rundfunkgebühren, wie sie die FPÖ immer wieder fordert. Der Sender müsse unabhängig von der Politik und auch unbequem sein. Er bekannte sich zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne der BBC – Informieren, Erziehen, Unterhalten – und warnte davor, den Kulturauftrag zu elitär zu verstehen. Möglichkeiten zur Zusammenarbeit zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem TV sieht er bei der Werbevermarktung im digitalen Bereich und beim Erwerb von Sportrechten.
EU-Medienkommissarin Vera Jourova hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für Pressefreiheit und gegen die Hasskampagnen im Netz, von denen vor allem Frauen betroffen seien.
Auf die ersten Keynote-Ansprachen folgten eine Anzahl von parallelen Arbeitsgruppen und Podiumsdiskussionen. Die Enquete endet am Freitag. Über die Zukunft der ORF wird erst später entschieden. Man darf gespannt sein, ob die Empfehlungen der Gastredner dabei berücksichtigt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“