Medien-Recherche über Pushbacks: Asylsuchende auf Fähren eingesperrt
Geflüchtete sollen auf Schiffen auf dem Mittelmeer gefangen gehalten werden. Internationale Medien berichten, sie würden nach Griechenland gebracht.
Im Rahmen der Recherche-Kooperation sei es erstmals gelungen, die Existenz provisorischer Gefängnisse auf den Passagierschiffen nachzuweisen, hieß es. Darunter sei auch ein Ort, an dem mindestens ein Flüchtling mit Handschellen festgekettet worden sei. Auch ein enger Metallschaft, ausgelegt mit Kartons, sei gefunden worden. Laut Geflüchteten und Hilfsorganisationen würden Schutzsuchende teilweise ohne ausreichende Verpflegung oder Zugang zur Toilette auf dem Weg zurück nach Griechenland festgehalten. Eine Überfahrt könne mehr als 30 Stunden dauern.
Das namentlich nicht genannte Fährunternehmen bestreite auf Anfrage jegliche Vorwürfe, hieß es. Fährmitarbeiter hätten jedoch die Existenz solcher Räume bestätigt. Das italienische Innenministerium habe auf Anfrage keine Stellung bezogen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte Italien bereits 2014 verurteilt, weil Italien rechtswidrig Asylsuchende, die als blinde Passagiere auf Schiffen ins Land gekommen waren, zurück nach Griechenland geschickt hatte, ohne dass sie diese die Möglichkeit hatten, in Italien einen Asylantrag zu stellen (sogenannte Pushbacks).
Kirchenvertreter äußerten sich angesichts der Recherchen besorgt. „Wir stellen zunehmend fest, dass die Grundrechte von Flüchtlingen und Migranten mit Füßen getreten werden, wenn Staaten sie an den Außengrenzen zurückschieben oder zwischen EU-Staaten hin- und herschieben“, sagte Torsten Moritz, Generalsekretär der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME), dem evangelischen Pressedienst (epd).
Die Leiterin des Brüsseler Büros der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katrin Hatzinger, sagte, diese menschenunwürdige Praxis widerspreche zutiefst den Werten der EU. Die EU-Kommission sei gefragt, Italien und Griechenland gegenüber aktiv zu werden und die Verletzung der EU-Verträge unmissverständlich zu rügen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga