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Medien-Recherche über PushbacksAsylsuchende auf Fähren eingesperrt

Geflüchtete sollen auf Schiffen auf dem Mittelmeer gefangen gehalten werden. Internationale Medien berichten, sie würden nach Griechenland gebracht.

Auf Fähren verschleppt? Mi­gran­t:in­nen in einem Holzboot südlich von Italien im Sommer 2022 Foto: Francisco Seco/ap

Brüssel epd | Asylsuchende werden einem Medienbericht zufolge offenbar auf Fähren im Mittelmeer gefangen gehalten, um sie von Italien aus nach Griechenland zurückzubringen. Laut einer gemeinsamen Recherche des ARD-Politikmagazins Monitor mit internationalen Medien hatten sie zuvor keine Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen. Unter den Betroffenen waren demnach auch Kinder. Kirchenvertreter reagierten besorgt auf den Bericht.

Im Rahmen der Recherche-Kooperation sei es erstmals gelungen, die Existenz provisorischer Gefängnisse auf den Passagierschiffen nachzuweisen, hieß es. Darunter sei auch ein Ort, an dem mindestens ein Flüchtling mit Handschellen festgekettet worden sei. Auch ein enger Metallschaft, ausgelegt mit Kartons, sei gefunden worden. Laut Geflüchteten und Hilfsorganisationen würden Schutzsuchende teilweise ohne ausreichende Verpflegung oder Zugang zur Toilette auf dem Weg zurück nach Griechenland festgehalten. Eine Überfahrt könne mehr als 30 Stunden dauern.

Das namentlich nicht genannte Fährunternehmen bestreite auf Anfrage jegliche Vorwürfe, hieß es. Fährmitarbeiter hätten jedoch die Existenz solcher Räume bestätigt. Das italienische Innenministerium habe auf Anfrage keine Stellung bezogen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte Italien bereits 2014 verurteilt, weil Italien rechtswidrig Asylsuchende, die als blinde Passagiere auf Schiffen ins Land gekommen waren, zurück nach Griechenland geschickt hatte, ohne dass sie diese die Möglichkeit hatten, in Italien einen Asylantrag zu stellen (sogenannte Pushbacks).

Kirchenvertreter äußerten sich angesichts der Recherchen besorgt. „Wir stellen zunehmend fest, dass die Grundrechte von Flüchtlingen und Migranten mit Füßen getreten werden, wenn Staaten sie an den Außengrenzen zurückschieben oder zwischen EU-Staaten hin- und herschieben“, sagte Torsten Moritz, Generalsekretär der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME), dem evangelischen Pressedienst (epd).

Die Leiterin des Brüsseler Büros der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katrin Hatzinger, sagte, diese menschenunwürdige Praxis widerspreche zutiefst den Werten der EU. Die EU-Kommission sei gefragt, Italien und Griechenland gegenüber aktiv zu werden und die Verletzung der EU-Verträge unmissverständlich zu rügen.

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3 Kommentare

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  • Die italienische Regierung kann sich einfach ruhigstellen. Sie weiß genau, dass sie Rückendeckung von der EU und auch von Deutschland hat. Alle wollen, dass die Geflüchteten möglichst nicht in der EU ankommen, sondern lieber im Meer ertrinken oder in Folterlager nach Libyen gebracht werden. Sie sagen es nicht, aber sie handeln so. Dazu passt es dann auch, dass Geflüchtete auf Fähren angekettet werden. Wir haben es hier mit einem staatlichen Verbrechen zu tun, welches ebenso systematisch ist, wie es straflos bleibt. Und den Zusammenhang zum Klimawandel und damit auch zu Lüzerath, RWE und ihren politischen Helfer:innen gibt es auch: Denn der Klimawandel führt bereits jetzt zu Fluchtbewegungen und wird diese in nahe Zukunft vervielfachen. Die Lösung dagegen lautet Abschottung, Menschenrechte setzte man dann lieber bei den Gegner:innen durch bzw. behauptet es.

    • 6G
      654782 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Sie haben ganz recht – die unkritische Öffentlichkeit wird durch die Droge Konsum ruhiggestellt; und die wenigen kritischen Stimmen werden zwangsweise mit harten Bandagen ruhiggestellt.

    • @PolitDiscussion:

      Eigentlich schon überstaatliches bzw Staatenbündnis-Verbrechen.



      Aber wo kein Kläger da kein Richter...wie immer.



      "Wir dürfen" nur froh sein, das wie Staatsanwaltschaften und Gerichte besetzen, und nicht andere.....somit können wir auch da ganz wunderbar "koordinieren" falls es mal wer bis dahin schafft.