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Maßnahmen gegen Fake News„Ganz normale Recherche“

Das Recherchebüro Correctiv soll Fake News auf Facebook entlarven. Zuviel Arbeit? Correctiv legt einfach mal los.

Hier wird gegen die Flut der Fake News angekämpft Foto: dpa

Klingt eigentlich toll: Eine unabhängige, spendenfinanzierte Organisation räumt das Internet von den ganzen Fake News frei. Genau das will der Facebook-Konzern jetzt zusammen mit dem Berliner Recherchebüro Correctiv testen. Wie das genau funktionieren soll, ist allerdings unklar.

Die Idee: Seit Kurzem gibt es auch im deutschsprachigen Face­book die Möglichkeit für NutzerInnen, Nachrichten als falsch zu markieren. Bisher ging dies nur in der englischsprachigen Version. Häufig markierte Inhalte sollen dann an unabhängige Recherchezentren weitergeleitet werden, die die Meldung prüfen – in diesem Fall an Correctiv. Können diese die Meldung nicht bestätigen, wird sie mit einem Warnhinweis versehen – auch rückwirkend für bereits geteilte Inhalte.

Die Diskussion um Fake News kam während der US-Präsidentschaftswahl auf. Sie wurden unter anderem für das überraschende Abschneiden Donald Trumps verantwortlich gemacht, da sich etwa Falschmeldungen über Gegnerin Hillary Clinton teils stärker verbreiteten als die Nachrichten seriöser Medien. Aber auch in Deutschland machen Fake News die Runde, etwa eine Meldung über die angebliche Vergewaltigung einer 17-Jährigen durch einen Asylbewerber im bayerischen Mühldorf, die die Polizei Anfang Januar als Falschmeldung entlarvte.

Wie aber soll ein kleines Recherchebüro in Berlin jede Anschuldigung gegen Asylbewerber prüfen, die am anderen Ende von Deutschland auftaucht? „Das ist ganz normale Recherchearbeit“, sagt Correctiv-Geschäftsführer David Schraven der taz. Heißt: anrufen bei denen, die es wissen müssen, in diesem Fall der Polizei. „Und zwar so lange, bis wir die Wahrheit herausgefunden haben“, so Schraven. Abschließend sei das natürlich oft nicht möglich, deswegen sollten Meldungen auch nicht einfach nach der Schablone „wahr/falsch“ markiert werden, sondern als „zweifelhaft“. „So sind die NutzerInnen aufgerufen, noch mal gründlicher zu prüfen, was dort steht.“

Alle behaupten immer, das sei zu viel, um das zu bewältigen. Wir schauen jetzt erst einmal, was wirklich reinkommt.

David Schraven, Correctiv

Da immer mehr Menschen ihre Nachrichten direkt über Facebook beziehen, war zuletzt der Druck auf den Konzern gewachsen, konsequenter gegen Fake News vorzugehen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hatte im Dezember sogar mit Strafzahlungen gedroht. Die Zusammenarbeit mit Correctiv kann als Reaktion darauf verstanden werden. Aber schon jetzt dürfte klar sein: Ein Recherchebüro mit 25 Mitarbeitern wird die Flut aus Falschmeldungen und – in der Konsequenz – Markierungen durch NutzerInnen wohl kaum bewältigen können.

„Natürlich wird die Gruppe irgendwann größer werden müssen“, sagt Schraven. „Allerdings wissen wir auch noch nichts Genaues. Alle behaupten immer, das sei zu viel, um das zu bewältigen. Wir schauen jetzt erst einmal, was wirklich reinkommt.“

Geld von Facebook bekommt Correctiv derweil nicht. Das Berliner Recherchebüro finanziert sich derzeit ausschließlich über Spenden.

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19 Kommentare

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  • Das Recherchebüro soll auch prüfen, welche Sachverhalte die AfD und die NPD im Wahlkampf online kommunizieren.

     

    Dreiste Täuschung! AfD hat mit Fake-Foto für mehr Sicherheit geworben...(bitte lesen!).

    http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/lueneburg_heide_unterelbe/Fake-Foto-bringt-Stader-AfD-in-Erklaerungsnot,afd780.html

     

    So etwas machen die AfD und NPD öffters. Das ist einerseits Volksverhetzung. Andererseits diffamiert die im Wahlkampf dadurch bestimmte Parteien und verschafft sich mit solchen dreistigen Lügen Vorteile.

  • Wahrheitsministerium statt Bildung?

    Das ist wohl jetzt die logische Folge des "Geistig moralischen Wandels" der dunklen Kohl-Jahre.....

    In den 70er Jahren haben wir in der Schule von der Pike auf gelernt, Nachricht von Meinung zu unterscheiden und Nachrichten kritisch zu hinterfragen, nie nur einer Quelle zu vertrauen. Mit diesem Handwerkszeug kann ich noch heute ganz gut im Fake-News Dschungel klarkommen und dafür bin ich meinen Lehrern extrem dankbar!

    Das wurde dann staatlicherseits systematisch ausgehöhlt und von der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" mit noch immer unfassbar viel Geld weidlich zur Desinformation genutzt.

    Menschen sind heute nicht weniger intelligent aber möglicherweise gezielt nicht mehr kritisch gebildet.

    Und jetzt soll wer entscheiden was die "Wahrheit" ist?

    Entsetzlich.....

    • @Life is Life:

      Guter Kommentar, vor Allem mit dem Verweis auf die INSM-Lobbyorganisation.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Achtung Fakenewsfreunde!

     

    Gestern im MoMa:

    Correctiv hat keinen Plan.

  • "Correctiv" ist die falsche Wahl! Etliche Spender, die es finanzieren, sind alles andere als neutral:

    Siehe "http://www.nachdenkseiten.de/?p=36631".

    • @XXX:

      Vielleicht liegt der Grund zu Herrn Bergers Reaktion auch in seiner Haltung gegenüber Facebook und Twitter begründet, die er bei den Neulandrebellen veröffentlicht hat: „Diese Netzwerke sind gegenwärtig das Korrektiv für den Mainstream und damit natürlich auch eine Bedrohung für die Deutungshoheit der Konzernmedien und von der Politik bestellten öffentlich-rechtlichen Funktionäre.“ Tja.

    • @XXX:

      Das was da auf den Nachdenkseiten präsentiert wird, ist aber außerordentlich dünn. Dafür erweckt der Autor Jens Berger bei mir den Eindruck, Kritik an rechten Gedanken nicht zu teilen und aktive Kritiker, wie auch die Amadeu-Antonio-Stiftung diskreditieren zu wollen.

      • 1G
        10236 (Profil gelöscht)
        @Anselm K.:

        "Bodo Hombach, seines Zeichens ehemaliger Kanzleramtschef von Gerhard Schröder, Chefarchitekt der Agenda 2010 und aktuell Vorstand der Brost Stiftung, die der mit Abstand größte Finanzier von Correctiv ist."

        ...

        "Deutsche Bank, George Soros Open Society Foundations, RTL, Google, das ZDF, die Heinrich Böll Stiftung und die Konrad Adenauer Stiftung"

         

        Dieses Unterstützerportfolio spricht für sich. Man braucht ja nicht mal Vorgaben, man muss ja auch nicht mal unobjektiv sein - leichter Bias und kreative Interpretation reichen aus.

        • @10236 (Profil gelöscht):

          Woher hast du denn diese Unterstützerliste? Könntest Du uns dafür eine gute Quelle nennen? Ich finde dafür immer wieder nur die Nachdenkseiten - deren Herausgeber Albrecht Müller als rechtslastiger Verschwörungstheoretiker gilt (Wikipedia) und deren Webmaster Lars Bauer beim Medienpalast arbeitet (Werbung z.B. für CDU, Allianz, BVI Immobilienfachverband, Nestlé). Kein Wort darüber, dass zu den Unterstützern von Correctiv (Deutscher Reporterpreis 2016) auch die Rudolf-Aufstein-Stiftung gehört und die Landeszentrale für politische Bildung. - Herr Hombach ist nicht Vorstand der Brost-Stftung sondern stellvertretender Vorsitzender. Und diese Stiftung macht sich sehr intensiv um unabhängigen Journalismus verdient. - Was ist "leichter Bias"?

    • @XXX:

      Das sollte facebook selbst finanzieren. Schließlich ist Mark Zuckerberg einer der reichsten Menschen der Welt, der könnte dafür locker mal ein paar Mios zuschießen. Aber so sind sie nun mal die Kapitalisten: Da wird gespart wo's nur geht.

  • Facebook sollte verantwortlich gemacht werden für die Fake-Inhalte mit allen finanziellen Konsequenzen, dann gäbe es das Problem wohl eher nicht.

     

    Facebook stände dann selbst in der Pflicht sich dich Strafen durch die rufschädigenden Einträge, vom Nutzer zurück zuholen.

    • @Justin Teim:

      Facebook schnappt sich ja das Copyright für hochgeladene Bilder. Gilt das auch für Texte? Und könnte man dann Facebook auch strafrechtlich als verantwortlich für Falschmeldungen, Beleidigungen, rassistische Hetze machen?

      • @Stechpalme:

        Interessante Idee - ist was für Juristen zum klären...

        • @Justin Teim:

          Das Copyright im Sinne des Urheberrechts kann facebook nach deutschem Recht gar nicht bekommen, nur die Nutzungsrechte - damit sind sie aber andererseits fein raus.

  • Eine sehr gefährliche Debatte!

    Was sind denn Fake-News ? Ob etwas "Fake" ist, zeigt doch erst später, unter Umständen erst viel später !

    Siehe falsche Begründung für den Irakkrieg, Saddam habe Massenvernichtungswaffen. Siehe falsche Behauptung der Köner Polizei, die Silvesternacht 2015/16 sei ruhig verlaufen etc etc

    In meinen Augen ist es Zensur, wenn eine Institution prüft und bestimmt, was wahr ist und was nicht. Und somit auch bestimmt, was veröffentlicht werden darf und was nicht.

    Was wäre das Ergebnis einer solchen Prüfung in den oben genannten Beispielen gewesen? Der Widerspruch gegen Amerikas Begründung für den Irakkrieg (vor der UNO-Vollversammlung vorgetragen) wäre die Fake-News gewesen und hätte somit gelöscht werden müssen.

    Die Behauptung, es hätte Übergriffe in der Silvesternacht gegeben, wäre am 2. oder 3. Januar 2016 eine Fake-News gewesen und hätte gelöscht werden müssen, da offiziell die Polizei am 1. Januar das Gegenteil berichtet hatte.

     

    So nähert man sich dem diktatorischen Instrument eines Orwellschen Wahrheitsministeriums. Ich hätte es nicht für möglich gehalten.

    • @genosse2000:

      Haben Sie den Artikel nicht gelesen? Es steht da, dass die News nicht gelöscht werden, sondern als "zweifelhaft" markiert, damit Leser noch mal darüber nachdenken. Auch geht es hier nur um facebook, nicht um andere Medien.

      • @Artur Möff:

        "Am Ende des Tages" könnte dieses Vorgehen sogar dazu führen, daß es quasi als "Gütesiegel" gilt, wenn eine Nachricht als "zweifelhaft" markiert wird.

        Es wäre ja nicht das erste mal, dass ein Schuss nach hinten losgeht...

  • "Früher" ist man gegen Fake-News ganz einfach mit Zensur und Strafandrohung vorgegangen. Dahin wollen nun alle irgendwie zurück? Schauerliche Vorstellung ....

  • Angeblichen Fake News nachzurecherchieren, und diese gegebenenfalls mit Gegendarstellungen zu versehen - das ist ein guter Ansatz. Anders zu beurteilen ist die Forderung aus der Politik, dies solle stets innerhalb von 24 Stunden geschehen,

    und zur Löschung der Fake News führen. Innerhalb von Stunden - das geht gar rein technisch gar nicht, wenn man das seriös handhabt. Sollte die Politik, bewehrt mit Strafdrohungen, trotzdem darauf bestehen, so ist die einzige Möglichkeit von Facebook, einfach ohne Nachprüfung und ohne gründliche Untersuchung alles zu löschen, was die deutschen Behörden vielleicht irgendwie stören könnte. Das wäre Willkür und Zensur. Und das könnte nicht nur Rechte, sondern auch Linke treffen.