piwik no script img

Makis Voridis in GriechenlandMinister gegen Migration

Die konservative Regierung in Athen hat mit Makis Voridis einen Rechtsextremen ernannt. Er bot bereits eine Kostprobe für seine neue Marschrichtung.

Griechenlands neu ernannter Migrationsminister Makis Voridis im Präsidentenpalast in Athen, Griechenland, am 15. März 2025 Foto: Yorgos Karahalis/ap

Athen taz | Schlagartig bekannt gemacht hat ihn ein Foto, aufgenommen wurde es am späten Abend des 12. Mai 1985. Mavroudis „Makis“ Voridis trägt darauf schwarze Stiefel, eine dunkle Jacke und er hält mit der linken Hand eine Axt. Er ist mit Gesinnungsbrüdern in der Athener Innenstadt unterwegs, um Jagd auf linke Demonstranten zu machen, die friedlich gegen die massive Polizeigewalt im anarchistischen Viertel Exarchia protestieren.

Tags drauf schrieb das Blatt Ta Nea über die Szenen: „Die Faschisten trugen schwarze Helme und führten Schilde mit sich. Sie griffen um 22.45 Uhr an. Die Demonstranten entwurzelten Baumstümpfe und schafften es, die Faschisten zurückzudrängen. Unter den Faschisten: Makis Voridis.“ Skandiert hätten Voridis und Co dabei den Namen des chilenischen Diktators Pinochet sowie „Mallios lebt, er führt uns“. Das war ein berüchtigter Folterer der Athener Junta.

Bei dem Axtangriff war Voridis Generalsekretär der Parteijugend der rechtsextremen Partei E.P.EN. Gegründet wurde sie aus dem Gefängnis heraus, vom Ex-Juntachef Georgios Papadopoulos. Voridis huldigt ihm mit verstörenden Sätzen wie „Die Rettung des Landes kommt aus dem Gefängnis“.

Kurz zuvor war Voridis, Gründer und Anführer der rechtsextremen Studentischen Alternative, wegen „faschistischer Aktivitäten“ einstimmig aus der Vereinigung der Athener Jurastudenten ausgeschlossen worden. Bereits als Schüler einer Athener Eliteschule hatte er die nationalistische Organisation Freie Schüler gegründet. Heute ist Voridis 60 Jahre alt, Rechtsanwalt und Politiker.

Neuer Posten für den Rechtsextremen

Am 15. März wurde er im Rahmen der Regierungsumbildung nach den Massenprotesten zum Migrationsminister ernannt. Schon seine Vorgänger in der seit dem 8. Juli 2019 alleine regierenden konservativen Nea Dimokratia (ND) unter Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis waren stramme Rechte, doch eine Laufbahn wie Voridis wies noch keiner auf diesem Posten auf:

Unter dem Pseudonym „Mavor“ war er früher Mitglied der NAPO, der „Nazi-Anhänger von Panathinaikos Athen“, einem Spitzensportklub. Er gründete und führte die Partei Hellenische Front – mit engen Kontakten zum französischen Front National, hernach war er Abgeordneter der ultranationalistischen Partei LAOS. Er hält an der bereits abgeschafften Todesstrafe fest.

Der neue Minister Makis Voridis macht mit einer Axt Jagd auf Linke, Athen am 12. Mai 1985 Foto: Tasos Kostopoulos

Den Weg für seinen neuesten Karriere­sprung ebnete ihm Ex-Premier Antonis Samaras, der ihn in die ND holte, weil er das rechte Profil der Partei stärken wollte – aus Angst vor dem aufstrebenden Alexis Tsipras von Syriza.

In den ND-Regierungen fungierte Voridis bereits als Gesundheits-, Agrar-, Innen- und Staatsminister. Seine Ernennung als Migrationsminister verheißt nichts Gutes. Hetze gegen Migranten gehört fest zu Voridis’ Repertoire. Mit Slogans wie „Das Boot ist voll. Rote Karte für illegale Migranten. Abschiebungen jetzt!“ oder „Wieso sind die illegalen Migranten in nur vier Jahren verantwortlich für 280 Morde, 6.700 Diebstähle, 200 Vergewaltigungen und 3.000 Drogendelikte? Wählt Makis Voridis!“ warb er schon als Chef der Hellenischen Front um Stimmen der Griechen.

Erste Amtshandlung in Trump-Manier

Eine Kostprobe, wie er Migranten behandelt, hat er unmittelbar nach Amtsantritt geboten. Voridis kündigte an, eine Regelung zurückzuziehen, die Migranten aus Nicht-EU-Staaten noch bis Ende September ermöglicht, einen Antrag auf einen langfristigen Aufenthalt in Griechenland zu stellen, sofern sie bereits drei Jahre im Land leben und einen Job haben. Und das, obwohl dringend Arbeitskräfte gebraucht werden. Über seinen Alleingang prahlte er in Trump-Manier: „Das entscheide ich.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Sind denn die Menschen inzwischen in ALLEN Ländern völlig verblödet? Wie kann es sein, dass die sich alle einreden lassen, ihre Probleme wären gelöst, wenn man auf Menschen, die sich in irgendeinem unwichtigen Merkmal von ihnen unterscheiden, heruntersieht und sie schikaniert, demütigt, unterdrückt? Es ist so traurig, aber ich denke, das evolutionäre Experiment "Homo Demens" ist gescheitert.

    • @Jalella:

      Ich denke kaum, dass es hier um Äußerlichkeiten geht, eher darum, dass Leute denken bzw. überzeugt, dass ihnen etwas unberechtigterweise weggenommen wird. Ähnliches passiert in Südafrika bei den Progromen gegen andere Afrikaner, also es geht nicht um äußerliche Merkmale.

  • Griechenland hat die zweithöchste Arbeitslosen und Erwerbslosenquote in Europa. Die Jugendarbeitslosigkeit ist dann nochmal exorbitant höher. Wieso genau braucht Griechenland jetzt dringend Arbeitskräfte? Einige griechische Unternehmer hätten gern mehr billige Arbeitssklaven um das Lohnniveau zu drücken, klingt als Werbung für mehr Migration nicht griffig genug vermutlich.

    • @Šarru-kīnu:

      Sehr guter Kommentar, dialektisch gedacht. Mit Erstaunen stelle ich immer wieder fest, dass die Dialektik, d.h. das Ursache-Wirkungsprinzip immer weiter in den Hintergrund rückt. Wer am lautesten schreit, hat Recht..... Schade.

    • @Šarru-kīnu:

      Dass die Arbeitslosenquote in Griechenland hoch ist, werden rechte Regierungen wohl kaum ändern. Wir können ja einmal einen Blick nach Ungarn werfen. Ungarn leidet unter einer geringen Geburtenrate, Abwanderung und steigendem Durchschnittsalter. Zuwanderung ist kein Thema. In Griechenland sieht es ganz ähnlich aus.

    • @Šarru-kīnu:

      Danke, haben Sie recht.

      Laut eurostat hatte Griechenland im Oktober 2024 eine Quote von 23,3 %.

      Nach Spanien der höchste Wert.

      Die allgemeine Arbeitslosigkeit liegt bei 9,8 %.

      Das Letzte, was Griechenland braucht, ist die Zuwanderung von Arbeitskräften.

      Ich hätte mir in dem Artikel mehr Qualität gewünscht.

      • @rero:

        Wir könnten ja mal diskutieren warum Deutschland seinen südeuropäischen EU-Partnern nicht bei der Bekämpfung der dort grassierenden Jugendarbeitslosigkeit hilft, indem von dort gezielt Jugendliche angeworben werden. Diese sind vergleichsweise gut ausgebildet, sprechen zumindest bereits Englisch und sind deutlich einfacher zu integrieren als Einwanderer anderer Kulturkreise. Als wir damals für ein Projekt in Süditalien Arbeitnehmer für Berlin gesucht haben, wurde uns so dermaßen die Bude eingerannt.



        Unsere Wirtschaft will aber nun mal möglichst stumme Opfer die für den Mindestlohn arbeiten, sich nicht gewerkschaftlich engagieren und möglichst am Rande der Gesellschaft stehen. Verstehe bis heute nicht warum wir dazu auch noch die politische Begleitmusik geben.

      • @rero:

        In Deutschland gibt es in geringerem Ausmaß ebenfalls Arbeitslosigkeit und Arbeitskräftemangel parallel. Ich glaube, ganz so einfach ist es nicht. Auch wenn niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen in vielen Bereichen sicher eine Rolle spielen - ausgebildete Fachkräfte für einen ganz bestimmten Beruf finden Sie nicht, indem Sie schlicht die Löhne erhöhen. Und da ein großer Teil der Einwanderer deutlich unter dem eigenen Qualifikationsniveau arbeitet, macht es doch Sinn, ihnen den Weg in Berufe zu erleichtern, in denen keine inländischen Bewerber gefunden werden. Und überhaupt den Weg in den regulären Arbeitsmarkt, statt sie in informellen Jobs zu Hungerlöhnen schuften zu lassen. Das schadet inländischen Arbeitssuchenden nicht unbedingt.

        migrant-integratio...ob-compared-one_de