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Machtspiele in BelarusDie Standpunkte verhärten sich

Wer protestiert fliegt raus – in Krankenhäusern, Unis und Fabriken. Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 29.

Belarussische Polizisten blockieren eine Straße in Minsk Foto: ap

A m Montag gingen die Studierenden der Universitäten auf die Straße. Am folgenden Tag verkündete Lukaschenko: „Die wollen nicht studieren – schmeißt sie raus! Die einen in die Armee, die anderen – auf die Straße.“

„Heute wurden um die 20 Studierende der Medizinischen Hochschule exmatrikuliert“, schreibt ein angehender Arzt auf seiner Facebookseite. „Einigen warf man fehlende Teilnahme-Scheine vor. Mir macht das Angst und es widert mich an. Ich möchte dort nicht mehr hin, obwohl ich von klein auf davon geträumt habe, Medizin zu studieren. Ich weine, meine Mutter mit mir. Wir wissen nicht, was wir jetzt tun sollen. Heute hat man drei Leute rausgeworfen, die verdienstvolle Ärzte hätten werden können. Sie haben dort studiert, um später Menschenleben retten zu können. Ich würde ihnen die Gesundheit meiner Familie anvertrauen. Es tut mir sehr weh, dass sie gehen mussten.“

Записки из Беларуси

Записи из дневника на русском языке можно найти здесь.

An anderen Hochschulen gehen die Dekane, in den Fabriken werden scharenweise die Menschen entlassen, die nicht mit der Regierung übereinstimmen. Journalisten führender Medien werden die Akkreditierungen entzogen und sie erhalten Administrativhaftstrafen. Sicherheitskräfte stürmen Privatwohnungen und schlagen die Menschen, werfen während friedlicher Proteste mit Blendgranaten auf Demonstrierende. Menschen verlassen Belarus, weil sie sich nicht mehr sicher fühlen.

Im Fernsehen lügt man weiter, dass die hundertausende Menschen auf den Demos danach trachten, dass friedliche und blühende Belarus aufzumischen.

Bild: privat
Olga Deksnis

35 Jahre alt, lebt in Minsk und arbeitet bei dem Portal AgroTimes.by. Sie schreibt über besonders verwundbare Gruppen in der Gesellschaft: Menschen mit Behinderung, LGBT, Geflüchtete etc.

In einem anderen Text für diese Kolumne „Tagebuch aus Minsk“ habe ich einmal über einen Mann geschrieben, der mit seiner Katze zu Hause saß, während seine Frau zu den Protestaktionen ging. Vor ein paar Tagen wurde sie aus dem Gefängnis entlassen, in dem sie für 15 Tage inhaftiert gewesen war. Auf dem Weg zum Abendessen zu ihrem Mann wurde sie im Dunkeln verhaftet. Ihre feministische Bildungsarbeit hat sie aufgegeben – man hat sie mit einem Strafverfahren bedroht.

Und als „Auszeichnung“ hat sie sich im Gefängnis auch noch mit Covid19 infiziert, wie auch andere ihrer „Zellengenossinnen“. Die Lebensbedingungen dort waren sehr unhygienisch. In einigen Zellen sind die Toiletten gesperrt, die Spülung geht nicht, es gibt kein Wasser. Eine Basketballspielerin (die Nationalspielerin Yelena Leuchanka war Ende September für 15 Tage wegen Teilnahme an Protesten in Haft; Anmerkung d. Redaktion), die ebenfalls dort war, erzählte, dass sie sich aufgrund der Haftbedigungen im Gefängnis Läuse eingefangen hatte.

In meinem Bekanntenkreis sind alle von Repressionen betroffen. Die Belarussen sind erschöpft von der Angst, die Situation ist psychisch sehr belastend für alle. Denn jeder Tag bringt neue Gewalt der Machthaber gegen das Volk. Aber wir glauben stark daran, dass der Sieg sehr nah ist.

Aus dem Russischen Gaby Coldewey

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