Machtkampf in der Linkspartei: Vorteil Wagenknecht
Die Kandidatin der Fraktionschefin setzt sich bei der Wahl um den letzten Posten im Vorstand durch. Sahra Wagenknecht sorgt weiter für Unmut.
Die Leiterin des Arbeitskreises sollte eigentlich schon am vergangenen Mittwoch auf der Fraktionsklausur der Linken in Potsdam gewählt werden. Doch keiner der beiden Kandidaten erhielt damals die nötige absolute Mehrheit der Stimmen.
Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen den beiden Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch und den Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger. Kipping und Riexinger wollten die Phase nutzen, in der sich die Fraktion neu konstituiert, um der Partei und den flügelunabhängigen Abgeordneten, die sich als „Mittelerde“ bezeichnen, im Bundestag mehr Geltung verschaffen und billigten entsprechende Geschäftsordnungsanträge. Besonders Wagenknecht verstand dies als Angriff auf ihre Machtbasis. In einem Brief an die Abgeordneten schrieb sie von Mobbing und dem Versuch sie zu demontieren und drohte mit Rücktritt.
Aus der Auseinandersetzung gingen die Fraktionsvorsitzenden nach außen hin gestärkt hervor. Sie wurden wiedergewählt und das weitgehend zu ihren Bedingungen.
Wieder Unmut über Wagenknecht
Doch in der Fraktion gärt es weiter. Jüngster Anlass ist ein von Wagenknecht am Sonntag veröffentlichter und von ihr selbst so bezeichneter „Aufschlag für eine linke Flüchtlingspolitik“. Wagenknecht fordert ein „realitätstaugliches“ Konzept: „Statt mit der Forderung ‚Offene Grenzen für alle‘ Ängste gerade bei denen zu befördern, die seit Jahren vom Abbau des Sozialstaates und zunehmender Lebensunsicherheit betroffen sind, sollten wir uns darauf konzentrieren, das Asylrecht zu verteidigen“, schreibt sie auf ihrem Facebook-Account.
„Wenn sie die Position der Partei ändern will gibt es dafür die Parteigremien und den Parteitag“, meinte der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger dazu am Montag. Er bekräftigte, dass die Linkspartei gut aufgestellt sei in der Flüchtlingspolitik. „Wir haben nie plakatiert ‚offene Grenzen für alle‘, sondern ‚Waffenexporte stoppen‘, also die Fluchtursachen bekämpfen.“ Riexinger räumte jedoch ein, man müsse sich der Debatte stellen, warum so viele Wähler zur AfD abgewandert seien. „Aber wir sollten nicht den Eindruck erwecken, dass wir die AfD dadurch bekämpfen, indem wir unsere Positionen zur Flüchtlingspolitik ändern.
Die bisherige innenpolitische Sprecherin der Fraktion Ulla Jelpke kritisierte, dass der Machtkampf zwischen Partei- und Fraktionsführung auf dem Rücken der Flüchtlinge ausgetragen werde. „Man kann darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, die Forderung offene Grenzen für alle ins Wahlprogramm zu schreiben“, sagte sie der taz. „Aber ich hätte mir gewünscht, dass diese Debatte nicht über die Medien, sondern zuerst nach innen geführt wird.“ Sie zählt wie Wagenknecht zum linken Flügel der Partei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Desaströse Lage in der Ukraine
Kyjiws Wunschzettel bleibt im dritten Kriegswinter unerfüllt
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt