London erlaubt Fracking wieder: Hälfte des Landes freigegeben
Zum ersten Mal seit sechs Jahren erlaubt die Regierung wieder die umstrittene Förderung von Öl und Erdgas. Auch Naturschutzgebiete sind betroffen.
DUBLIN taz | Die Regierung in London hat am Montag die Hälfte der Fläche Großbritanniens für Fracking freigegeben. Dazu gehören „unter bestimmten Umständen“ auch Nationalparks, Naturschutzgebiete und Stätten des Weltkulturerbes. Dafür müssen die Unternehmen allerdings eine „besonders umfassende und detaillierte“ Erklärung abgeben, aus der hervorgeht, dass sie die Bedenken der lokalen Bevölkerung ernst nehmen. Es war das erste Mal seit sechs Jahren, dass wieder Flächen freigegeben wurden.
Matthew Hancock, Staatssekretär im Energieministerium, sagte, er wolle die Lizenzvergabe beschleunigen, so dass mit den Bohrungen binnen sechs Monaten nach Antragstellung begonnen werden kann. Die neuen Richtlinien würden „Großbritanniens großartige Nationalparks und herausragende Landschaften“ schützen.
Außerdem werde in diesen Gebieten bereits seit Jahrzehnten auf konventionelle Weise nach Öl und Gas gebohrt, ohne dass es Widerstand gegeben habe. Auf Nachfrage konnte er jedoch keine einzige Gemeinde benennen, die Fracking vor ihrer Haustür begrüßen würde.
Britische Geologen schätzen, dass die Vorkommen Großbritannien 40 Jahre lang mit Gas versorgen könnten. Ob sich das aufgrund der hohen Kosten für die Einschleusung von Millionen Litern Chemiebrühe unter hohem Druck in den Untergrund überhaupt lohnt, ist ungewiss.
Steuererleichterungen für Fracking
Die Firmen können zumindest mit großzügigen Steuererleichterungen rechnen. Gewinne sollen mit nur 30 Prozent besteuert werden. Die Regierung hat 2013 ein „Büro für unkonventionelles Gas und Öl“ eingerichtet und mit einem Etat von 2,5 Millionen Pfund ausgestattet. Es soll die Regulierung vereinfachen und der Bevölkerung die Furcht vor den Auswirkungen auf Umwelt, Landschaft und Trinkwasser nehmen.
Grünen-Abgeordnete Caroline Lucas sagte, die Entscheidung mache den Schutzstatus der Nationalparks völlig bedeutungslos. Lucas war im letzten Jahr im Balcombe bei einer Demonstration gegen Fracking festgenommen worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs