Lohndiskriminierung in Deutschland: Frauen arbeiten viel, verdienen wenig
Deutschland schneidet beim Thema Lohngleichheit in der EU schlecht ab. Eine neue Studie belegt die Gender-Diskriminierung von GrundschullehrerInnen.
Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: “Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern steht zwar im Grundgesetz, ist aber in vielen Unternehmen noch immer nicht Wirklichkeit geworden.“ Firmen sollten sich aus alten Verhaltensmustern lösen. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hatte im Dezember einen Gesetzentwurf für „mehr Lohngerechtigkeit“ vorgestellt.
Die Linken-Fraktionsvize Sabine Zimmermann begrüßte zwar, dass immer mehr Frauen eigenes Geld verdienen. „Aber die meisten können von ihren niedrigen Löhnen nicht leben und schon gar keine ausreichenden Rentenansprüche aufbauen.“ Frauen arbeiteten überwiegend in Branchen, die für niedrige Bezahlung und hohe Belastung berüchtigt seien. „Was die soziale Lage von Frauen angeht, sind wir von Gleichberechtigung der Geschlechter noch weit entfernt.“
Der Arbeitgeberverband BDA warnte vor neuer Bürokratie. „Wir brauchen in erster Linie mehr Ganztagskitas und Ganztagsschulen. Der Wunsch, Vollzeit zu arbeiten, darf nicht länger an kurzen Öffnungszeiten von Kindertagesstätten und Schulen scheitern“, hieß es einer Mitteilung zufolge.
Das Sozialministerium beruft sich auf Zahlen aus dem Jahr 2014, die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) stammen und sich auf alle Frauen und Männer in bezahlter Beschäftigung beziehen. Der große Lohnunterschied in Deutschland ist laut Experten unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen verstärkt teilzeitbeschäftigt sind. So sind von den Teilzeitbeschäftigten mit bis zu 20 Wochenstunden über 85 Prozent Frauen. 77 Prozent aller Minijobs werden von Frauen verrichtet.
In den nach Deutschland größten EU-Staaten Frankreich (15,3 Prozent), Großbritannien (18,3), Spanien (18,8) und Polen (7,7) fällt die Lohnlücke dagegen deutlich geringer aus. Die niedrigsten Werte weisen Slowenien (2,9 Prozent), Malta (4,5) und Italien (6,5) auf. In Ländern mit niedrigem Frauenanteil an der erwerbstätigen Bevölkerung wie Italien liegt laut Eurostat der Lohnunterschied in der Regel unter dem Durchschnitt, weil es insgesamt weniger qualifizierte Frauen am Arbeitsmarkt gibt.
Auch wenn man die Bezahlung bei formal gleicher Qualifikation und Tätigkeit betrachtet, schneiden Frauen schlechter ab – allerdings bei Weitem nicht so stark. Der Abstand beträgt dann 7 Prozent.
Laut einer Analyse des Forschungsinstituts DIW leisten berufstätige Frauen, die mit ihrem ebenfalls erwerbstätigen Partner leben, im Schnitt mehr Hausarbeit als ihre Partner. Sie erziehen auch mehr die Kinder. So kümmerten sich Frauen mit einem Vollzeitjob in Doppelverdiensthaushalten 2014 an einem Werktag gut eineinhalb Stunden um den Haushalt und fast fünf Stunden um die Betreuung der Kinder. Vollzeiterwerbstätige Männer verbrachten im Schnitt gut eine Stunde beziehungsweise rund zweieinhalb Stunden damit.
GrundschullehrerInnen werden versteckt diskriminiert
GrundschullehrerInnen bekommen weniger Geld – das wird seit Jahren bemängelt. Eine neue Studie sagt: Dies ist eine Diskriminierung von Frauen. Aber auch männliche Lehrer sind betroffen.
GrundschullehrerInnen werden durch ihr vergleichsweise niedrigeres Gehalt nach einem neuen Gutachten aufgrund des Geschlechts diskriminiert. Laut der Studie im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist die Arbeit von GrundschullehrerInnen im Vergleich zu anderen LehrerInnen gleichwertig. Dennoch bekommen sie demnach im Durchschnitt rund 400 Euro pro Monat weniger als andere Lehrer. Dies sei nicht akzeptabel, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe.
Dabei handele es sich um keine unmittelbare, sondern eine versteckte Diskriminierung, erklärte die Anwältin Eva Kocher, eine Autorin des Gutachtens. Denn die Vorschriften der Besoldung seien zwar geschlechtsneutral formuliert. Doch da rund 87 Prozent aller GrundschullehrerInnen in Deutschland weiblich seien, handele es sich um eine Diskriminierung von Frauen. Auch männliche Grundschullehrer seien benachteiligt. Sie haben demnach quasi das Pech, einen typischen Frauenberuf gewählt zu haben.
Die höheren Gehälter in weiterführenden Schulen werden dem Gutachten zufolge mit der Ausbildung, Leistung und Verantwortung in dem Beruf begründet. In vielen Bundesländern sei aber die Ausbildung inzwischen für alle Schulformen ähnlich lang. Zudem stelle die pädagogische Arbeit in Grundschulen zwar andere Anforderungen als die Tätigkeit in weiterführenden Schulen. Diese seien aber gleichwertig und müssten daher gleich bezahlt werden.
Die GEW fordert mehr Geld für GrundschullehrerInnen. Alle HochschulabsolventInnen im öffentlichen Dienst – abgesehen der GrundschullehrerInnen – gehörten bereits der höheren Besoldungsklasse A13 an, sagte Tepe. Es gebe keinen Grund, warum dies nicht auch für GrundschullehrerInnen gelten solle.
Eine bessere Bezahlung könne unter anderem dem Mangel an GrundschullehrerInnen in Deutschland entgegenwirken, so Tepe. Eine finanzielle „Aufwertung“ kann dem Gutachten zufolge den Beruf auch für Männer attraktiver machen und somit die Ungleichheit der Geschlechter wettmachen.
Für das Gutachten wurden Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein untersucht. Die Struktur der Bezahlung von LehrerInnen ist laut Kocher aber in allen Bundesländern ähnlich. Schulpolitik sowie Lehrerbesoldung sind in Deutschland Ländersache.
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