piwik no script img

Linken-Chefin über Zukunft der Partei„Entfremdung? Das trifft es“

Laut Susanne Hennig-Wellsow hat die Linke das Potential, grüne Themen in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Außerdem möchte sie die individuelle Freiheit stärken.

Linken-Vorsitzende Hennig-Wellsow sieht den Klimawandel als größte Herausforderung Foto: Bodo Schackow/dpa
Anna Lehmann
Interview von Anna Lehmann

taz: Frau Hennig-Wellsow, welche Rolle spielt das Thema Klimaschutz für die Linkspartei?

Susanne Hennig-Wellsow: Eine zentrale. Die Bekämpfung des Klimawandels ist die größte Herausforderung, die wir als Gesellschaft zu bewältigen haben, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern global. Und aus Sicht der Linken geht das nur mit einem sozialen Fundament, das es allen Menschen ermöglicht, den notwendigen Wandel mitzugestalten.

Wie erklären Sie dann, dass die Fraktion im Bundestag, zu der Sie ja auch gehören, den Autofan Klaus Ernst im Dezember zum Vorsitzenden des Ausschusses für Klima und Energie bestimmt hat?

Es gab um die Besetzung dieses Ausschusses sehr viele Diskussionen. Janine Wissler und ich hätten als Parteivorsitzende der Linken gern eine andere Person dort gesehen. Die Fraktion hat sich in der Mehrheit für Klaus Ernst entschieden. Er wird zeigen, ob er den klimapolitischen Weg der Partei auch an der Seite von Bewegungen, die sich dem Pariser Abkommen verpflichtet fühlen, gehen wird.

Was erwarten Sie denn konkret von ihm?

Ich fände es gut, wenn er sich mit Fridays for Future, Ende Gelände und anderen Bewegungen auseinandersetzt und hilft, eine Debatte auf den Weg zu bringen, wie unterschiedliche Generationen beim Thema Klimaschutz an einem Strang ziehen können. Und ich habe den Anspruch an ihn, dass wir gemeinsam sehr deutlich machen, dass fossile Energien nicht die Zukunft dieses Planeten sind.

Dazu gehört ja dann auch Erdgas.

Und das meine ich auch.

Klaus Ernst und andere in der Linksfraktion werben aber offensiv für die Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2. Die Linkspartei drückt sich um eine klare Position herum. Im Wahlprogramm wurde Nord Stream 2 nicht erwähnt.

Bild: Martin Schutt/dpa
Im Interview: Susanne Hennig-Wellsow

44, ist gemeinsam mit Janine Wissler seit Februar 2021 Bundesvorsitzende der Partei Die Linke. Sie ist Diplom-Pädagogin und ehemalige Eisschnellläuferin.

Im Wahlprogramm fordern wir ein Erdgasausstiegsgesetz und den Rückzug des Staates aus Investitionen, die der fossilen Energiegewinnung dienen. Das heißt also, wer für Nord Stream 2 wirbt, muss gleichzeitig ein Ausstiegsszenario formulieren.

Ist es aus Ihrer Sicht notwendig, dass Nord Stream 2 den Betrieb aufnimmt?

Für die Energieversorgung brauchen wir die Trasse und diese Erdgaslieferungen grundsätzlich nicht. Das ist aktuell allerdings schwierig zu vermitteln, da mit der Verknappung von Gas die Energiepreise steigen.

Tausende Linke haben einen offenen Brief gegen die Wahl von Ernst unterschrieben. Wie ist die Stimmung in der Partei, nachdem die Fraktion sich für ihn entschieden hat?

Erwartbar unterschiedlich. Die einen sagen, mit der Personalie wird eine politische Entscheidung getroffen, die nicht der Klimapolitik der Linken entspricht. Und andere sagen, jetzt lasst ihn doch erst mal machen.

Es gab über die Linke hinaus enttäuschte Reaktionen von Menschen und Organisationen, die der Linken nahestehen, wie zum Beispiel Carola Rackete und Fridays for Future. Kann der Fall Ernst langfristig zum Bruch zwischen der Linkspartei und solchen Bewegungen führen?

Nein, das sehe ich nicht. Die Grünen in der Ampel werden wahrscheinlich die von ihnen versprochenen Klimaziele nicht erreichen können. Das ist bedauerlich in der Sache. Zugleich liegt darin eine Aufgabe für die Linke. Denn viele Menschen glauben an die Linke. Daran, das wir eine wesentlich radikalere Klimapolitik machen könnten, weil wir eine gesellschaftliche Perspektive in den Mittelpunkt rücken und nicht einfach weitermachen wollen in einem grünen Kapitalismus. Und wir können uns keinen Ausfall der Partei Die Linke leisten. Die Nominierung und die Wahl von Klaus Ernst spiegelt vor allem eine Form von Entfremdung in den politischen Zielsetzungen und der Strategie zwischen Partei und Fraktionsspitze wieder.

Sie sprechen von Entfremdung zwischen Partei und Fraktion. So ernst ist es?

Ja, das trifft es. Man könnte auch formulieren: eine sehr unterschiedliche Sicht auf die Funktion der Linken in einer sich rasant wandelnden Gesellschaft und ihre Herausforderungen. Wir werden aber daran arbeiten, dass der Abstand kleiner wird und nicht größer. Miteinander reden ist das A und O.

Welche gesellschaftliche Perspektive soll die Linke in den Mittelpunkt rücken? In einem Strategiepapier schreiben Janine Wissler und Sie, es gehe nicht mehr nur um die gerechte Verteilung von Reichtum, es gehe um eine andere Art des Arbeitens und Wirtschaftens.

Mehr Verteilungsgerechtigkeit lässt sich mit politischen Mitteln auch im Kapitalismus erreichen. Wir, die Linke, wollen perspektivisch eine andere Gesellschaft, eine solidarische Gesellschaft, die tatsächlich ihre Wirtschaftsweise verändert, die gerecht miteinander umgeht, die nicht alles dem Profit unterordnet. In der es darum geht, ein gutes Leben für alle zu ermöglichen.

Die Idee eines grünen Kapitalismus, wie sie die Ampel verfolgt, bedeutet doch, dass wir die derzeitigen Wirtschaftsstrukturen und die gesellschaftlichen Strukturen beibehalten. Diese fußen aber auf einem haltlosen Wachstum, sie spalten die Gesellschaft in arm und reich und sie gehen mit der Ausbeutung natürlicher Ressourcen einher.

Das Problem ist doch: Im Alltag traut sich die Linke im Bundestag noch nicht mal ein Ja oder Nein zu einer Impfpflicht in Pflegeheimen zu, sondern enthält sich. Wie soll man der Linken dann zutrauen, dass sie tatsächlich eine ganze Gesellschaft verändern kann?

Dass wir nicht an dem Punkt sind, das sehe ich auch. Aber Fakt ist, dass wir jetzt eine Partei sind, die sich neu aufrappelt, die eine Idee davon hat, was dieser Gesellschaft fehlt. Und das sind Solidarität, Freiheit, Gleichheit.

Solidarität und Gleichheit o.k. Aber Freiheit? Kaum eine Gesellschaft hält individuelle Freiheitsrechte so hoch wie unsere. Mit der FDP ist zudem eine Partei in der Regierung, die sich als Garantin für diese sieht.

Wir sind der komplette Gegenpol zum Freiheitsbegriff der FDP. Freiheit bei der FDP heißt zugespitzt: Jede und jeder kann machen, was sie oder er will. Staat und Gesellschaft sind notwendige Übel. Andersherum wird ein Schuh draus: Erst eine vernünftig eingerichtete Gesellschaft ermöglicht individuelle Freiheit für jede und jeden. Dort sind wir aber noch nicht.

Wir als Linke sagen, wir wollen die individuelle Freiheit für jede und jeden garantieren. Und wir wollen die Voraussetzungen dafür stärken. Das bedeutet, wir brauchen ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit. Diejenigen, die auf ganz viel Geld sitzen, sollen davon etwas abgeben, damit es Freiheit für alle geben kann. Wir brauchen auch andere Beschäftigungsbedingungen, um allen mehr politische Teilhabemöglichkeiten zu ermöglichen. Wer den ganzen Tag malocht, geht nach Feierabend nicht mehr in eine Stadtratssitzung oder zur Parteiversammlung.

Janine Wissler und Sie haben angekündigt, die Linke neu aufstellen zu wollen. Was ist denn Ihrer Meinung nach schief gelaufen, warum klebt die Linke bei 5 Prozent?

Aus meiner Sicht gibt es eine Vielzahl von Ursachen. Das ist zum Beispiel das bisherige Verhältnis zwischen Partei und Fraktion. Dazu kommt unsere Kommunikation. Wir erreichen Bauch und Herzen von Menschen nicht, eventuell noch die Köpfe. Und das hat etwas mit unserer gesellschaftlichen Verankerung zu tun. Die hat in den letzten Jahren immer stärker abgenommen. Wir hatten zeitweise zwar viele Eintritte, aber wir haben es nicht vermocht, die Parteistrukturen in Ost wie West nachhaltig zu erneuern. Dazu kommt, dass wir viele Konflikte nicht geklärt haben.

Wie sich die Linke zur EU verhält, zum Beispiel.

Richtig. Aber auch in der Frage, wie wir mit Migration umgehen und welches die richtigen Mittel sind, um die Coronapandemie zu bekämpfen. Eine Partei, die Bedeutung haben will, die von sich behaupten will, sie ist für die Menschen wichtig, weil sie deren Leben zum Besseren verändern kann, die muss auch genauso handeln. Und das bedeutet, Entscheidungen zu treffen und konsequent vorzugehen.

Sie waren eine derjenigen, die im Bundestagswahlkampf sehr stark auf das Thema Regierungsbeteiligung gesetzt haben. War das vielleicht auch ein Fehler?

Ich halte es nicht für falsch. Ein Fehler war, dass wir nicht schon über viele Jahre hinweg deutlich gesagt haben, wir sind bereit, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die Gesellschaft zum Positiven zu verändern. Und das hat sich auch in dieser Wahl niedergeschlagen. Und dann gab es natürlich auch gegenläufige Entwicklungen wie die Afghanistanentscheidung im Bundestag.

Ein Teil der Linken hat sich enthalten, einige haben zugestimmt und andere dagegen. Was wäre am besten gewesen?

Aus meiner Sicht hätten wir dem Einsatz ausnahmsweise zustimmen müssen. Es gab in der Bevölkerung wenig Verständnis dafür, warum man einer Evakuierungsmaßnahme nicht zustimmen kann. Es gibt sicher politische Gründe, warum man das noch sehr viel differenzierter betrachten kann. Aber im Wahlkampf sind Zwischentöne selten vernehmbar. Da wäre ein klares Signal für die Rettung der Menschen in Not angebracht gewesen.

Warum wurden eigentlich keine Konsequenzen aus diesem verkorksten Wahlkampf gezogen? Die Vorsitzenden der Bundestagsfraktion bleiben im Amt, obwohl Dietmar Bartsch Spitzenkandidat war. Und der Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler, der den Wahlkampf gemanagt hat, macht ebenfalls weiter.

Der jetzige Parteivorstand ist erst seit Februar im Amt. Wir haben damals eine sehr schwierige Aufgabe übernommen, die jetzt noch größer geworden ist, nämlich die Neuaufstellung der Partei. Ich habe aber darüber nachgedacht, ob ich persönliche Konsequenzen ziehe.

Was hat Sie bewogen weiterzumachen?

Dass ich in dieser Situation nicht gehen und einen noch größeren Scherbenhaufen hinterlassen kann. Weil wir Vorsitzenden es sind, die den Prozess einer Neuaufstellung organisieren müssen. Ob wir das schaffen, das wird sich über die nächsten Monate zeigen. Aber wenn ich feststelle, dass ich nicht die Richtige dafür bin, dann werde ich auch nicht an meinem Amt kleben. Das ist so. Und das würde ich auch allen anderen empfehlen.

Woran messen Sie, ob Sie die Richtige sind?

Der entscheidende Punkt ist, ob es uns gelingt, die Partei in eine neue Zeit zu führen und ob es uns gelingt, die Herzen der Genossen neu zu entfachen. Nur wenn wir das schaffen, werden wir in der Gesellschaft Begeisterung für unsere Ideen entfachen können. Die Europawahl 2024 wird entscheidend sein für uns.

Wie wollen Sie die Stimmung denn bis dahin heben?

Ich habe keine fertigen Antworten. Wir werden uns darüber vergewissern, welche Rolle die Linke hier und heute spielen kann und muss. Der Bundesparteitag in Erfurt im Juni soll erste Antworten geben. Und der Parteitag 2023 muss dann definitiv auch eine Strategie für die nächste Bundestagswahl und personelle Entscheidungen auf den Weg bringen.

Wie wichtig ist es in diesem Prozess der Neuaufstellung, dass Partei und Fraktion an einem Strang ziehen?

Sehr wichtig. Wir haben ja im Parteivorstand schon darüber diskutiert, dass wir auf dem Parteitag 2023 auch eine Empfehlung für die Besetzung der nächsten Fraktionsspitze und damit auch für die SpitzenkandidatInnen 2025 abgeben werden.

Dann werden diese wohl andere sein als die derzeitigen?

Mit großer Wahrscheinlichkeit ja.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

26 Kommentare

 / 
  • 2Wir, die Linke, wollen perspektivisch eine andere Gesellschaft, eine solidarische Gesellschaft, die tatsächlich ihre Wirtschaftsweise verändert, die gerecht miteinander umgeht, die nicht alles dem Profit unterordnet. „

    Au ja, genau das ist es, wir ändern die Gesellschaft, Prio number one, dazu entmachten wir die Fraktion rund um Frau Ali und Bartsch, jagen die Impfskeptikerin und Querulaschwublerin Wagenknecht raus, und langweilen und irritieren die übriggebliebenen, restlichen Wähler mit gesellschaftlichen, philosophischen Exkursen und Epiphanien, und e voila, schon haben wir die verlorenen Millionenstimmen wieder zurück.

    3 Mio Wähler wanderten von der Linken ab wegen einer merkbefreiten Fraktion ohne Plan.

    Ja, Frau Hennig-Wellsow Sie verankern die neue moderne Linke in der veränderten Gesellschaft.

    Für die nächste Bundestagswahl werden Sie allerdings auf meine Stimme verzichten müssen, nicht schlimm, Sie gewinnen ja dann mit der neuen Programmatik Millionen an neuen Stimmen und werden die Linke retten.

  • Das größte Problem innerhalb der heutigen Linken -und da mein ich nicht nur de Partei- ist das Partikularinteressen nahezu immer über einen gemeinsamen Nenner gestellt werden.

    Die Szene ist etliche kleine Lager gesplittet, die sich gegenseitig scheinbar mit grundsätzlichem Mißtrauen und Argwohn begegnen.

    Man hat mehr damit zu tun, abweichende Positionen der Nächststehenden auseinanderzunehmen und sich in verkopften Klein/klein zu ergehen, als innerhalb von geschlossenen Reihen konstruktiv und produktiv zu streiten.

    Und bei potentiellen Wählern herrscht schon lange das Bild, dass sich die Partei viel zu sehr mit sich selbst und ihren inneren Grabenkämpfen beschäftigt, als damit, wie man größere Teile der Bevölkerung glaubwürdig politisch vertreten kann.

  • "Ich fände es gut, wenn er sich mit Fridays for Future, Ende Gelände und anderen Bewegungen auseinandersetzt und hilft, eine Debatte auf den Weg zu bringen, wie unterschiedliche Generationen beim Thema Klimaschutz an einem Strang ziehen können. "

    Das ist nicht Aufgabe eines schnöden Ausschuss-Vorsitzenden. Das ist Aufgabe der Linkspartei in toto, wenn sie denn dort einen Schwerpunkt sieht.

    Das sollte Frau Hennig-Wellsow eigentlich wissen.

    Was soll also hier das öffentliche Dekonstruieren eines Partei- und Fraktionskollegen zum Ziel haben?



    Für eine Vorsitzende gibt sie ein schlechtes Bild ab.

  • Gibt’s nicht auch in anderen Parteien/Parlamentsfraktionen unterschiedliche Strömungen und Persönlichkeiten, etwa ein Maassen und eine Frau Prien in der CDU, die für recht konträre gesellschaftspolitische Positionen stehen? In der SPD ist gerade ein Seeheimer (Klingbeil) zum Parteivorsitzenden, ein dezidierter Pareilinker (Kühnert) zum Bundesgeschäftsführer gewählt worden. Selbst die AfD-Fraktion hat schon zu Beginn der Legislaturperiode zwei Abgeordnete verloren, denen die Bundestagsfraktion als Ganze offenbar zu rechtslastig ist.



    Aber was für ein Drama hinsichtlich der Wahl von Porsche-Klaus zumVorsitzenden des Umweltausschusses in der Linken-Fraktion … eine Partei, die sich in ihrer Programmatik und Personalpolitik zu sehr von den sie unterstützenden außerparlamentarischen Bewegungen abhängig macht, zeugt auch nicht gerade von Souveränität und Selbstbewusstsein.

  • Ich finds immer noch krass wie sich die Führungsriege der Linken so dermaßen an ihre Sitze klammert nach diesem Wahldebakel und niemand in der Partei widerspricht.

    Mal eben 50% der Stimmanteile verloren, aber das ist doch natürlich kein Grund für einen Rücktritt. Stattdessen Geschwafel von einer Neuaufstellung der Partei die man nun leiten müsse. Peinlich!

    Und CDU-Laschet wurde nach dem 25% Stimmverlust zu Recht direkt vom Hof gejagt.

    • @hderk:

      Mal schauen, was die Wahl in NRW ergibt. Statt den erhofften + irgendwas und Wiedereinzug in den Landtag (dazu wären 0,1% mehr nötig) sieht es akuell nach einer Halbierung der Stimmen für den Wählerclub Wagenknecht aus. Vielleicht reicht das; es wäre an der Zeit.

    • @hderk:

      Sie sprechen mir aus der Seele, ich weiß gar nicht, was ich in Bezug auf diese Partei noch empfinden soll: Fremdscham oder Mitleid. Ich hab schon nicht verstanden, dass Bartsch usw bleiben konnten, am ehesten kann ich es noch bei den Vorsitzenden nachvollziehen. Die konnten meiner Ansicht nach wirklich nicht viel für die Wahlniederlage. Da hat die Fraktion deutlich mehr Schaden angerichtet. Das jetzt aber auch noch Figuren wie Klaus Ernst als Ausschussvorsitzende gewählt werden, kann entweder nur bedeuten das wirklich NIEMAND in der Fraktion den „Schuss gehört“ hat, ODER das die Partei tatsächlich keinen in der zweiten Reihe hat, dem sie ernsthaft etwas zutrauen. Für mich ist die Partei mit dieser Aufstellung unwählbar geworden…

  • "Mehr Verteilungsgerechtigkeit lässt sich mit politischen Mitteln auch im Kapitalismus erreichen."

    Wenn ich das lese, vermisse ich die DKP oder den KBW.

    Bislang lässt sich im Kapitalismus nicht mal einen alibihafter Ausgleich realisieren.

    Die Linke tritt m.M. sehr unterschiedlich auf und sie gibt viel Acht auf Macht in Fraktionen und Parlamenten. Was dort getan wird und mit welchem Aufwand, es verdient meinen Respekt. Aber es hat nur eine geringe Rückwirkung auf das Standing der Partei.

    Es hat m.M. Sinn ergeben, eine Art Bewegung zu gründen, wie es Wagenknecht und Lafontaine angeschoben haben.

    Ich wüde dieser mir doch sympathischen Frau den guten Ratschlag geben, sich die Organisation von Wahlkämpfen sehr gut anzuschauen, wenn ein so trockener Typ wie Scholz es schafft, Bundeskanzler zu werden, dann kann die Linke noch viel mehr erreichen. Aber sie muss auch wollen und sie muss das Politikmarketing stark verbessern.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass die Linke gleich einen ganzen Schwung an Funktionären aufbieten kann, die alles und nichts kritisieren und die hinter jeder Strategie ihre eigene Entmachtung vermuten.

    Dann glaube ich, dass die Linke besser ist als ihr Ruf, meinetwegen ihr Image.

    Es sollte einem klar sein, dass die Linke gleich im mehrfachen Sinn keine gern gesehene Partei im Bundestag ist. Sie zeigt indirekt immer wieder anderen Parteien auf, was diese nicht können, nicht wollen, wie sie 'kleine' Leute abmeiern.

    Kurz: Es gibt mehr Feinde als Freunde in der politischen Struktur für die Linke. Und einige von denen sind geniale Intriganten und Strategen, es mangelt nicht an Versuchen, die Linke zu marginalisieren oder zu spalten. Vieles dieser Art wird mit großen Aufwand und viel Energie und großer Intelligenz betrieben.

    Viel wird auf Stasi, DDR, Honecker und andere historische Dinge geschoben, die Linke muss immer gegen Wind und Regen Fahrrad fahren. Rückenwind ist die seltene Ausnahme. Deswegen muss die Linke intelligenter agieren.

    • @Andreas_2020:

      Die DKP ist ja auch sehr erfolgreich.



      Und zur untergegangenen DDR:



      Ich lebe seit 31 Jahren dort und spüre die Auswirkungen dieses Systems immer noch bei sehr vielen Menschen.



      Habe schon 1990 in Betriebe reingeschaut und dort gearbeitet.



      Das Ausmass der 40 jährigen Zerstörung und Abstiegs hat mich als Linken völlig erschüttert und illusionslos gemacht.

  • Den "Platz" für die Linke lieferte in den letzten 20 Jahren in erster Linie die nach rechts gerückte SPD. Einerseits geben die Wähler den Sozen wieder mal eine Chance, und andererseits gibt's das Problem mit zur AfD abgewanderten Ossis. Zumindest an letzterem kann gearbeitet werden. Und nein, nicht durch Nachplappern von AfD-Sprüchen und Übernahme von AfD-Positionen, sondern durch eigene Angebote der Linken.

  • Summa sumarum: die Linke ist derzeit nicht wählbar. Sie wäre besser nicht in den Bundestag gewählt worden um sich zu erneuern und personell (einschließlich der beiden Vorsitzenden) neu aufzustellen.

  • Eigentlich hätte eine aufgeklärte linke Partei nach dem Ausscheren der Grünen aus einem nachhaltigen Klimapakt und der Anbiederung an bürgerliche Partei'politik' Hochkonjunktur, wenn nicht das etwas fragwürdige Erbe der Russland-Freunde und Selbstdarsteller wie Ernst und anderen die eine -inzwischen in ein merkwürdiges Anti-Impfbündnis abgewanderte- Sarah Wagenknecht schon zum Rückzug veranlasste. So bleibt vor Allem die neue ausserparlamentarische Opposition unter Führung von Luisa Neubauer und anderen, die Scholz, von der Leyen und Gurus wie Habeck ihr Handwerk erschweren müssen.

    • @Dietmar Rauter:

      Luisa Neubauer"ist als Mitglied der Grünen nicht außerparlamentarische Opposition. Sie ist allenfalls für das Marketing für die Grünen dort zuständig.

      Sie hat ihr bestes gegeben, damit es zu einem, diesen Wechsel bei der Wahl und möglichst vielen Stimmen für die Grünen kommt.

    • @Dietmar Rauter:

      Das Ausscheren der Grünen ist primär dem Koalitionspartner FDP geschuldet, nicht einem genuinen Impuls aus der grünen Partei selbst heraus.

      Insofern sehe ich keinen Grund, warum die Linkspartei sich da besser schlagen sollte, zumal sie den Feind in den eigenen Reihen sitzen hat.

  • "Wir sind der komplette Gegenpol zum Freiheitsbegriff der FDP. Freiheit bei der FDP heißt zugespitzt: Jede und jeder kann machen, was sie oder er will. Staat und Gesellschaft sind notwendige Übel. Andersherum wird ein Schuh draus: Erst eine vernünftig eingerichtete Gesellschaft ermöglicht individuelle Freiheit für jede und jeden."

    Wie oberflächlich. Es gibt literally dutzende Zoomer auf Twitter, die Anarchist*innen sind, genug theoriebewandert sind und eine bessere Analyse der konfliktierenden Freiheitsbegriffe abliefern könnten. Wer kann bitteschön im liberal-demokratischen Kapitalismus machen was er/sie will? Genau. Das wie auch immer geartete *Einrichten* einer Gesellschaft ist ausserdem genau jenes, was mit individueller Freiheit in einem unauflösbaren Konflikt steht. Aber gut. Diese angestaubte Boomer-Linke wird schon in wenigen Jahren allen möglichen obskuren progressiven, antiautoritären, antikapitalistischen, politischen Strömungen gewichen sein, von denen Politiker*innen der Linkspartei vermutlich noch nichtmals gehört haben.

    • @BazaarOvBirds:

      Donnerschlettcken, dutzende anarchistische Zoomer auf Twitter also. Das schreit geradezu nach einer relevanten politischen Gruppierung. Gut, nicht gerade im Bundestag oder den Landtagen, aber hey, wen stört das schon .... jedenfalls nicht CDUCSUFDPSPDGrüne ...

    • @BazaarOvBirds:

      "Diese angestaubte Boomer-Linke wird schon in wenigen Jahren allen möglichen obskuren progressiven, antiautoritären, antikapitalistischen, politischen Strömungen gewichen sein, von denen Politiker*innen der Linkspartei vermutlich noch nichtmals gehört haben."

      Nur, welchen Unterschied macht es, ob die Linkspartei jetzt knappe 5 % repräsentiert oder diese Strömungen in naher Zukunft sagen wir mal 1 % repräsentieren?

      Die Linke, egal welche, ist nicht gerade auf der Siegerstraße.

      Au contraire, mon frère. Vielmehr bildet sich ein Bündnis aus Mittelschicht, Nazis und Verschwörungshanseln, die derzeit landauf, landab, der Polizei und dem Staat auf der Nase herumtanzen.

      Und was macht die Linke?

      Jedenfalls keine Bündnisse schmieden. Mit keinem.

      • @Jim Hawkins:

        Das sehe ich nicht so. Ich denke, dass die Polarisierung in der Gesellschaft zunimmt bzw. sich verhärtet und präexistierende Fronten offener zutage treten, während die Mitte (gut ablesbar an der gewählten Regierung, den Umfragetrends und den Wahlergebnissen) wohl aber eher dem progressiv-liberalen Milieu nahesteht, als dem reaktionären. Klar, optimal ist das hier nicht, allerdings zeichnet sich ab, dass der Weg, den die Gesellschaft gehen möchte, auch in Zukunft nicht der des Zurückdrehens an der Uhr sein wird. Du hast die Gefahr zurecht im Auge, allerdings bewertest Du dieses letzte Aufbäumen auch über. Die Konfliktlinien in der Gesellschaft, das was da unter der Oberfläche brodelte aber schon lange da war, tritt nun im vernetzten Zeitalter offen zutage, vernetzt sich auch untereinander, sichert sich ideologisch ab. Die zu erwartende Auflösung dieser Konflikte ist aber an einer klaren Tendenz ablesbar. Entsprechend bin ich guter Dinge. Ich möchte nicht sagen, dass es nicht noch krachen wird, desto mehr diese Reaktionären sich in die Ecke gedrängt fühlen; glaube aber es wird alles gut. Wenn ich mir ansehe, wieviele junge Leute angenehm-radikale Einstellungen haben, und dabei noch super informiert sind, stimmt mich das guter Dinge. Wir gehen literally Probleme an, die vor Jahrzehnten noch undenkbar anzugehen waren, Police-Abolition ist salonfähig geworden. Nicht weggucken aber auch nicht aufgeben!

        • @BazaarOvBirds:

          Nun ja, ich bin ja auch ein Boomer.

          Und meinereiner und viele andere Genossinnen und Genossen haben die eine oder andere Dekade damit verbracht, teilweise mit hohem Risiko gegen das anzukämpfen, was wir für ursächlich hielten: Die kapitalistischen Verhältnisse.

          Als 1989 der Gegenpol in Form der UdSSR zusammenbrach, sind wir umstandslos mit zusammengebrochen. Gescheitert, wie die meisten linken Interventionen.

          Aktuell ist es doch so: Linke Demos und Aktionen auf der Straße werden flugs zusammengewichst. Bestes Beispiel ist hier der Einsatz um den G20 in Hamburg. Das reicht schon mal "ostentatives Mitmarschieren". Mitgefangen, mitgehangen.

          Rechte Umtriebe schont man. Auch wenn sie Terroristen unterstützten, wie den NSU.

          Wünschenswert wäre eine breite linke Bewegung, von FFF bis zu Linksradikalen. Je breiter, desto unangreifbarer.

          Allein, ich sehe sie nicht. Ich sehe auch kein Gegengewicht zu den Corona-Demos. Allenfalls in homöopathischer Dosierung.

          Ich wünsche mir natürlich, dass ich mich irre. Kommt es zum Aufstand, bin ich natürlich dabei.

          Zur Not mit dem Rollator.

          • @Jim Hawkins:

            So sehr ich ihre Beiträge meistens sehr schätze. Wo waren bei den G 20 Demos die steuerzahlenden und für den Staat unverzichtbare Malocher und Angestellte?



            In der Udssr und den anderen sog. sozialistischen Staaten ging der Umsturz, die Enteignungen und damit einhergehenden Morde, Straflager und andere Menschenrechtsmissachtungen nur mit der Macht der Roten Armee.



            Das Volk wurde nicht gefragt.

            • @Klempner Karl:

              Das weiß ich im einzelnen auch nicht.

              Aber mir ging es ja darum zu sagen, dass explizit linke Demonstrationen, die, wenn auch nur symbolisch, die Systemfrage stellen, de facto verboten sind.

              Geht man trotzdem hin, riskiert man Gesundheit und Freiheit.

              In diesem Zusammenhang kann ich den Film "Hamburger Gitter" empfehlen.

              Der ist sachlich und ausgewogen. Der geschmeidige Sprecher der Hamburger Polizei kommt ausführlich zu Wort und auch ein Professor der Akademie der Polizei Hamburg.

              Man möchte weinen, wenn man die Berichte der jungen Leute der Verdi-Jugend hört und überhaupt ist der ganze Film ziemlich aufwühlend.

              www.youtube.com/watch?v=gT2oSHLNl2k

          • @Jim Hawkins:

            Und was die Covidioten-Demos angeht: da hats knacks gemacht. Das Vertrauen in das politische System der BRD ist so schlecht wie so ziemlich nie zuvor.

            Und das ist primär der Rücksichtnahme auf die Schwurbler geschuldet: im irregeleiteten Bestreben, sich bei denjenigen anzubiedern, die mit dem politischen System ohnehin schon zumindest innerlich längst abgeschlossen haben, und die Pandemie nur als Vorwand nehmen um das endlich mal offen herauszubrüllen zu können, hat Merkel einen Kuschelkurs gegenüber den Flacherdlern vorgegeben, der von der unter ihrer Hegemonie aufhaltslos von Rechtsradikalen unterwanderten Polizei nur zu gerne umgesetzt wurde. Das aber führte bei denen, die den Unterschied zwschen Demokratie (qualifizierte Mehrheitsherrschaft unter Berücksichtigung der Belange unterprivilegierter Minderheiten) und Ochlokratie (reine numerische Mehrheit, auch wenn sie nur gefühlt existiert) noch kennen, zu einer ebenso nachhaltigen Entfremdung zum politischen System geführt.

            Es muss nicht mehr sehr viel passieren, bis eine Zweidrittelmehrheit zumindest passiv gegen die FDGO steht. Und das restliche Drittel sind größtenteils apathische Mitläufer und Wendehälse, rückgratlos wie Loriots "Claus-Hinrich Wöllner", für die "Demokratie" auch nur ein Floskel ohne realen Inhalt ist, und die im Ernstfall den Weg des geringsten Widerstands gehen werden.

            Ich fand die FDGO auch immer eher eine nicht völlig wertlose Diskussionsgrundlage als ein supertolles politisches System, aber der aktuelle Angriff auf die realexistierende politische Grundordnung geht von einer koordinierten und über Jahrzehnte aufgebauten rechtsbekloppten Allianz aus, also Menschen die in Zeiten des Klimawandels nichts weiter sind als die Orkhorden des Ökozids. Insofern stehe ich in der unkomfortablen Position, mich für einen Staat stark machen zu müssen, den ich für grundlegend defekt halte - aber eben *nicht* für unrettbar verkommen und vernichtenswert wie es die große Mehrheit der Schwurbler tut.

            • @Ajuga:

              Mein lieber Scholli, Sie sehen die Lage ja noch düsterer als ich.

              Bei der Zweidrittelmehrheit kann ich aber nicht mitgehen. Mehr als 20 % sind das nicht und werden es wohl auch nicht werden.

              Dass praktisch keine Repression stattfindet, liegt meiner Meinung nach in dem Umstand begründet, dass wir es hier, im Westen deutlich mehr als im Osten, mit einer Bewegung der Mittelschicht zu tun haben. Die zudem ihre Blagen als menschliche Schutzschilde einsetzt, wozu auf Telegram auch offensiv aufgerufen wird.

              Für die Regierung sieht das also so aus, dass da (dummes) Fleisch von ihrem Fleisch am Start ist.

              Da sitzt der Knüppel eben nicht so locker.

              Aber immerhin formiert sich so langsam ein wenig Protest und Widerstand gegen diese finstere Treiben.

              Und wenn die Antifa ihren Winterschlaf beendet haben wird, dann weiß die Polizei auch wieder, wenn sie zu verprügeln hat.

              Deutscher (milder) Winter 2022.

          • @Jim Hawkins:

            Diese Bewegung benötigt aber eine Regierung, die nicht rechter ist als die aktuelle.

            Sonst erreicht sie nichts, außer sich zu verheizen und von der Staatsgewalt verheizt zu werden.

            Und das kann sich weder diese Gesellschaft noch Europa mehr leisten. Die Zeit drängt.

            • @Ajuga:

              Diese Bewegung wird sich weiter bewegen. Und ist die Pandemie vorbei, findet sie ein anderes Thema.

              Zwanzig Prozent Rassisten, Antisemiten, Verschwörungsgläubige. So ist das eben.

              Die sind immer da. Gibt es eine Krise, dann kommen sie aus ihren Löchern.

  • Da sind wir also wieder. Happy new year euch allen!

    "Here we go again



    Playing the fool again.



    Here we go again



    Acting hard again."

    Mit der Linken-Chefin möchte ich nicht tauschen. Viel Erfolg trotzdem.

    Und: Sie trägt Fred Perry. Finde ich cool.