Linker Bundespräsidenten-Kandidat: Etwas Licht in der Finsternis

Die Linkspartei ist verunsichert und orientierungslos. Ihr Bundespräsidenten-Kandidat Trabert macht Hoffnung – mehr aber auch nicht.

Portrait von Gerhard Trabert

Wird wohl mit freundlichem Interesse rechnen können: Gerhard Trabert tritt für die Linke an Foto: Kristina Schaefer/epd/imago

Die Linkspartei steckt in einer existenziellen Krise. Die Wahlniederlage im September hat aufgedeckt, wie fundamental Verunsicherung und Orientierungslosigkeit der Partei sind. Was die Linkspartei will, ist in zentralen politischen Feldern nicht erkennbar.

Bei Migration reicht das Spektrum von offenen Grenzen bis zu Sahra Wagenknechts Migrationsskepsis, beim Klimawandel von Kohle-Nostalgikern bis zu Fridays-for-Future-AktivistInnen, bei der Außenpolitik von Menschenrechtsanhängern bis zu Putin-Fans. Die Linkspartei wird nur noch von Formelkompromissen zusammengehalten.

Diese Krise ist nicht situativ, sondern strukturell. Alle fundamentalen Fragen, auch ob man linke Regierungspartei oder Opposition für immer sein will, haben die GenossInnen lange in machtpolitischen Notbündnissen stillgelegt. Das hat zehn Jahre lang einigermaßen funktioniert, doch jetzt dreht die Konsensmaschine leer.

War was?

Das depressive Bild fällt noch grauer aus, weil Partei und Fraktion sogar an der leichtesten Aufgabe, die sich nach einer Niederlage stellt, scheiterten: der personellen Erneuerung. Die blasse Fraktionsspitze, Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali, wurde wiedergewählt, als wäre nichts passiert. Auch Jörg Schindler, der den unauffälligen Wahlkampf verantwortete, ist rätselhafterweise noch immer Bundesgeschäftsführer. War was?

In dieser Finsternis flackert nun ein kleines Lichtlein. Die Idee, den Sozialmediziner Gerhard Trabert gegen Frank-Walter Steinmeier als Kandidaten für die Bundesversammlung aufzustellen, ist charmant. Trabert tritt bescheiden, sympathisch und gewinnend auf. Und er verkörpert als Obdachlosenarzt und Flüchtlingshelfer einen umfassenden und nicht national verengten Begriff des Sozialen.

Die Linkspartei hat zudem das Glück, dass die Union keine eigene Gegenkandidatin präsentiert. Deshalb ist Trabert die einzige demokratische Alternative zu Steinmeier und wird wohl mit freundlichem Interesse rechnen können. Traberts Kandidatur ist ein Zeichen dafür, dass bei der Linkspartei noch nicht alle Lichter aus sind. Lösen wird sie deren Krise nicht.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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