Linke zur Enteignungskommission: Keine Freifahrt für Däubler-Gmelin

Die Enteignungskommission will politische Vorgaben unterlaufen. Die Linke übt Kritik an der Vorsitzenden und drängt im Senat auf eine Klärung.

Herta Däubler-Gmelin sitzt allein an einem Konferenztisch

Kommissionschefin Herta Däubler-Gmelin. Wird es bald einsam um sie? Foto: dpa

BERLIN taz | Die Berliner Linke hat auf Vorwürfe reagiert, wonach die Enteignungskommission die ihr durch den Senat gesetzten Grundsätze für ihre Arbeitsweise unterläuft. Nach einem entsprechenden Bericht der taz vom Freitag fasste der Landesvorstand der Partei bei seiner Sitzung am Samstag einstimmig einen Beschluss, in dem die Einhaltung der „politisch verabredeten Rahmenbedingungen“ für die Kommissionsarbeit gefordert wird. Dies sei für die Partei von „großer Bedeutung“.

Nächste Woche soll Justizministerin Lena Kreck (Linke) das Gespräch mit Stadtenwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) und Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) suchen. Ein Gespräch mit der Kommissionsvorsitzenden Herta Däubler-Gmelin solle noch vor der nächsten Kommissionssitzung Mitte Juni folgen.

Elif Eralp, Mitglied des Landesvorstands und Sprecherin für Partizipation der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, sagte der taz: „Als Linke Berlin wollen wir den Volksentscheid zur Umsetzung bringen.“ Die Partei wolle sich dabei aber nicht inhaltlich einmischen: „Die Kommission ist unabhängig“, so Eralp. Jedoch müssen sich in ihrer Geschäftsordnung „die politischen Verabredungen des Senats, für die unsere Senatsmitglieder gerungen haben, widerspiegeln.“ Senat und Abgeordnetenhaus trügen „die Verantwortung für die Umsetzung des Bevölkerungswillens“.

Die zwölfköpfige Expertenkommission, die die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids zur Vergesellschaftung der großen privaten Wohnungskonzerne prüfen soll, war Ende März nach intensiven Auseinandersetzungen vom rot-grün-roten Senat eingesetzt worden und kam Ende April zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen.

Laut einer von Däubler-Gmelin intern vorgestellten Geschäftsordnung soll sie ihre monatlichen Arbeitssitzungen im Grundsatz nichtöffentlich abhalten. Zudem wolle die Vorsitzende, so die Kritik vor allem aus Reihen der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen, auch über Alternativen zur Vergesellschaftung diskutieren lassen und sich selbst an Abstimmungen beteiligen. All das ist nicht durch den Einsetzungsbeschluss des Senats gedeckt.

Der Beschluss, den die Linke am Montag veröffentlichen will und der der taz vorab vorlag, benennt sechs Punkte, die aktuell infrage stehen, für die Arbeit der Expertenkommission aber weiterhin gelten sollen. Demnach seien nichtöffentliche Sitzungen mit dem Senatsbeschluss einer „im Grundsatz öffentlich“ arbeitenden Kommission „nicht vereinbar“. Es sei von „elementarer Bedeutung, dass die Kommission so öffentlich wie möglich arbeitet und tagt“. Ebenso müsse das „Informationsinteresse“ der Initiative gewahrt werden. Diese solle von der eingerichteten Geschäftsstelle Informationen erhalten, „die über das Maß der öffentlichen Informationen hinausgehen“.

Prüfen – und keine Alternativen suchen

Gefordert wird, dass die Vorsitzende Däubler-Gmelin die „Rolle der neutralen und unparteiischen Leitung wahrt und sich nicht an Abstimmungen oder Votenempfehlungen beteiligt“. Auch soll, anders als in der Geschäftsordnung formuliert, nicht nur die Kommission als Ganzes, sondern jedes ihrer Mitglieder Gutachten in Auftrag geben dürfen. Ein Abschlussbericht solle wie vereinbart innerhalb eines Jahres vorgelegt werden und nicht wie von Däubler-Gmelin vorgesehen erst im Herbst 2023.

Im letzten Punkt hält die Partei fest: „Aufgabe der Kommission ist der vom Senat verabschiedete Untersuchungsauftrag, die Wege, Möglichkeiten und Voraussetzungen der Vergesellschaftung zu prüfen, nicht nach Alternativen der Vergesellschaftung zu suchen.“

In diese Richtung hatte sich am Freitag auch der Verein Mehr Demokratie Berlin/Brandenburg auf Twitter geäußert. Demnach seien Fragestellung und Votum des Volksentscheids eindeutig: „Die Deutung, die Wäh­le­r:in­nen hätten sich weniger für eine Enteignung und mehr für eine andere Mietenpolitik ausgesprochen, ist eine Mutmaßung und spricht den Abstimmenden Mündigkeit ab.“

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