Liebe im Ukrainekrieg: Briefe ins Gefängnis
Seit ihr Mann in Gefangenschaft ist, hat Oksana Stomina nichts von ihm gehört. Wo ist Dmytro?
W ir schreiben einander diese Briefe./Rein und gläsern./ Nicht über Krieg, Waffen oder Sperren, sondern kirschrote Sterne./ Ein hübsches Nest unter den Kiefern, über Glück und Sieg./ Wir schreiben über die Liebe./Was wären wir ohne sie? – „Aus dem Unabgesendeten“, Gedicht von Oksana Stomina
Empfohlener externer Inhalt
Da ist dieses letzte Foto von ihnen in Mariupol. Soldaten aus Russland haben die Stadt bereits eingeschlossen, zerschießen mit ihrer Artillerie Haus für Haus. Es ist gefährlich in ihrer Wohnung, und doch machen Oksana Stomina und Dmytro Paskalov das Bild genau dort. Ihrer beider Augen leuchten darauf so blau, der Blitz der Kamera wahrscheinlich. Er versucht zu lächeln, sie schafft es tatsächlich.
„Es gibt da ein Foto, das mein Herz zerquetscht“, sagt Oksana Stomina. „Wir haben es für unsere Tochter gemacht.“ Am dritten März 2022 war das. Zu jenem Zeitpunkt versucht Russland seit acht Tagen, die ganze Ukraine zu erobern. Dreizehn Tage haben die beiden von da an noch, dreizehn Tage in derselben Stadt. Am 16. März steht er im Eingang ihres Wohnblocks und sieht zu, wie sie in das Auto seines Bruders steigt. Seither haben sie sich nicht mehr gesehen.
Mariupol. Es gibt so viele Geschichten aus dieser Stadt. So viele Bilder. Die von Flugzeugen aus Russland bombardierte Geburtsklinik. Das ebenso bombardierte Theater. Die mobilen Krematorien. Die sogenannten Filtrationen, bei denen Putins Soldaten Menschen aussondern, weil sie „zu ukrainisch“ sind, wegen ihrer Tattoos, der Fotos auf ihren Telefonen oder einfach so. Heldensagen aus drei Monaten Belagerung. In der Geschichte von Oksana Stomina und Dmytro Paskalov geht es um Liebe. Und Trennung. Um das, was bleibt, wenn man immer zusammen war und es nun nicht mehr kann.
Kriegsgefangenschaft
Es ist nicht bekannt, wie viele ukrainische Soldaten Russland gefangen hält. Eine Beraterin des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski sprach Ende Dezember 2022 von 15.000 Menschen – Militärs und Zivilist:innen. Russland hingegen spräche lediglich von 3.390 Gefangenen. Das erscheint als absurd niedrige Zahl angesichts der Länge der Kampfhandlungen und der Größe der involvierten Truppen und Gebiete. Im Juni dieses Jahres schätzte eine ukrainische NGO, es befänden sich etwa 10.000 ukrainische Soldat:innen in russischer Gefangenschaft. Im Juli sprach der Menschenrechtsbeauftragte des Parlaments in Kyjiw von allein 25.000 zivilen Gefangenen.
Unterstützung
Seit März 2022 unterstützt die Koordinierungsstelle für die Behandlung von Kriegsgefangenen Familien von ukrainischen Soldat:innen, die von russischen Truppen inhaftiert wurden. Die Organisation sammelt Informationen über Gefangene und bietet deren Angehörigen Beratungen zu rechtlichen und verfahrenstechnischen Fragen an, auch psychologische Hilfen und Sozialleistungen. Der Stelle gehören unter anderem Vertreter des ukrainischen Militärgeheimdienstes und des Verteidigungsministeriums an, ihr Leiter ist der Chef des Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow.
Keine offiziellen Zahlen
Auf taz-Anfrage teilte die Koordinierungsstelle mit: Die Behörden der Ukraine würden keine offiziellen Zahlen zu Gefangenen veröffentlichen. Der Grund: Russland habe „niemals die exakte Zahl unserer Kriegsgefangenen bestätigt“ – und ohne eine solche Bestätigung hätten ukrainische Soldat:innen nicht den Status von Kriegsgefangenen, selbst wenn man wisse, dass sie es seien.
Oksana Stomina ist 50 Jahre alt, 162 Zentimeter groß, wiegt 45 Kilogramm. Ihr Mann ist am ersten August 51 geworden, 20 Zentimeter größer als sie und etwa doppelt so schwer. Sie vermisst seine Stärke. Ganz praktisch. Sie muss jetzt so viel alleine schleppen.
Als Offizier der Territorialverteidigung kämpft Dmytro Paskalov bis zur Eroberung Mariupols, am Ende auch in den Katakomben des Asowstal-Werkes. Bei der von den Vereinten Nationen und dem Roten Kreuz vermittelten Kapitulation der letzten Verteidiger:innen Mariupols im Mai 2022 wird er gefangen genommen. Seither keine Briefe, keine Chatnachrichten, nichts. 16 Monate lang.
Vieles in diesem Text stützt sich auf das, was Oksana Stomina sagt, manchmal zeigt sie Fotos oder Videos auf ihrem Smartphone. Das hat sie in ihrer Socke versteckt, an ihrem Fußknöchel, aus Mariupol herausgeschmuggelt. Alle Dokumente und die meisten Fotos hat sie in ihrer Wohnung gelassen, aus Angst vor der Filtration der Besatzer.
Wir treffen uns zwei Mal für jeweils drei Stunden im krimtatarischen Restaurant „Musafir“ in Kyjiw, fahren zusammen zwei Tage mit dem Zug von der ukrainischen Hauptstadt bis nach Berlin, ein Literaturfestival hat sie eingeladen. Dort reden wir ebenfalls und auch in ihrem Hotel. Meist sind Übersetzer:innen dabei, während der Zugfahrt nicht.
Eine widerständige Erzählerin
Mehrfach bittet Oksana Stomina, bestimmte Dinge über ihren Mann nicht in die Zeitung zu schreiben. Es sind Banalitäten, so scheint es, aber sie hat Angst, jemand in Russland könnte ihm daraus einen Strick drehen, seine Freilassung noch länger hinauszögern, ihm einen Prozess machen, ihn foltern. Die ukrainischen Soldat:innen, die aus der Haft in Russland freikommen, erzählen natürlich davon. Oft sind es Schreckensgeschichten. Immerhin haben manche von ihnen Dmytro Paskalov gesehen und sagen ihr das. Dass er lebt, weiß Oksana Stomina.
Sie schützt sich auch selbst. Dass sie in der Kyjiwer Innenstadt wohnt, gibt sie preis. Aber wo genau – das nicht. Oksana ist eine widerständige Erzählerin, sie lässt sich nicht einfach ausfragen, sie ringt um Augenhöhe. Wenn sie eine Frage nicht beantworten möchte, vielleicht weil sie ihr zu nahegeht, stellt sie selbst eine. Oder sie redet sehr lange über etwas, das zwar die Frage nicht beantwortet, ihr aber wichtig ist.
Oksana Stomina und Dmytro Paskalov sind beide in Mariupol geboren und haben die meiste Zeit ihres Lebens dort gewohnt. Sie kennen sich seit der Schule, er ging in ihre Parallelklasse, sie sahen sich auf den Straßen und an den Stränden. „Wir sind im selben Meer geschwommen“, so sagt es Oksana. Zu ihrem ersten Rendezvous verabredeten sie sich, nachdem beide die Schule abgeschlossen hatten.
Sie studiert dann in Russland, Kinderpsychologie und Pädagogik, arbeitet als Grundschullehrerin, unterrichtet Mathematik – und hört wieder damit auf. Oksana Stomina will ihr eigenes Ding machen: Theater mit Kindern, Ausstellungen. Aber es geht ihr nicht nur um Kunst. Sie bringt Jungen und Mädchen etwas über deren Rechte bei, dass sie nicht geschlagen werden dürfen, zum Beispiel. Bücher veröffentlicht sie auch, eines ist ein interaktiver Stadtführer für Kinder durch Mariupol. Und sie dichtet, aber eine Dichterin nennt sie sich nicht. Sie sieht sich als Mensch, der eben auch noch Gedichte schreibt.
Dmytro, ihr Mann, erledigt den Papierkram der kleinen Organisationen, die beide für ihre gemeinsamen Projekte gründen. Mit Dokumenten kann er gut, er hat das schon gemacht, als er im Hafen des Asow-Stahlwerks gearbeitet hat, und danach bei einer Firma, die Plastikkrümel verkaufte, recycelt aus alten Tüten, Flaschen und anderem Müll. Sie die Kreative, die Künstlerin – er derjenige, der dafür sorgt, dass alles läuft. So ist es bei der Arbeit, und in ihrer beider Liebe spiegelt sich das auch.
„Ich bin wie ein Luftballon“, tippt Oksana in ihr Telefon, irgendwo auf unserer Fahrt von Kyjiw Richtung polnischer Grenze. Wie assyrische Schrifttafeln reichen wir uns unsere Smartphones hin und her, auf den Bildschirmen die durch Übersetzungsprogramme gejagten Fragen und Antworten, wenn es mündlich mit Russisch, Ukrainisch und Englisch nicht klappt. „Dmytro hat meine Schnur gehalten“, schreibt Oksana. „Mit ihm kann ich fliegen, aber er lässt mich nicht so hoch steigen, dass es keinen Sauerstoff mehr gibt.“
Und ohne ihn? Wird sie fortgeweht? Sie lächelt, zieht die Augenbrauen hoch, zuckt mit den Schultern.
In ihren letzten gemeinsamen Tagen in Mariupol, da war es umgekehrt, da war sie sein Halt. Sie sahen sich selten und immer nur für ein paar Minuten, und wenn, sagt Oksana, „dann nicht als Mann und Frau, sondern als Helferin und als Soldat“. In jener Zeit sortiert sie Medikamente und Lebensmittel in einem Hilfszentrum und bekommt Rückenschmerzen vom Schleppen der Säcke und Kisten. Dmytro holt ab, was in seinem Bataillon gebraucht wird.
Über Angst redet er nicht, niemand rings um Oksana tut das. Aber er leidet, wenn er sie so dreckig sieht, von oben bis unten beschmutzt, nach Luftangriffen und Explosionen in ihrer Nähe. Sie habe das sehen können in seinen seltsam glänzenden Augen, glaubt Oksana. „Hinter seiner unsichtbaren Mauer habe ich gefühlt, dass es nicht nur wichtig, sondern überlebenswichtig für ihn ist, dass ich existiere“, schreibt sie auf der Zugfahrt in ihr Telefon. „Da sind meine mütterlichen Instinkte erwacht.“
Und: „In der Natur beschützt das männliche Tier das weibliche, und das beschützt die Welpen.“ Der Krieg wirft ihre Ordnung über den Haufen. Nun fühlt sie sich für Dmytro verantwortlich wie für ein Kind.
In den Nächten schlafen sie zu jener Zeit getrennt: er an einer der Frontlinien, sie zusammen mit den Nachbar:innen im Dunkel unter ihrem Wohnblock. Die, die das Haus einst bauten, 1953, im Todesjahr Stalins, bauten es für den Kalten Krieg. Sie gruben einen Bunker unter den Kellern. Drei Stockwerke tief liegt Oksana Stomina im März 2022 auf einer Matratze, die jemand anderes hierhergelegt hat. Als sie das erste Mal dort hinunterrennt, nimmt sie sich den Platz einfach. Niemand vertreibt sie.
Am Tag ihrer Flucht erschüttert eine Explosion den Bunker, so heftig, dass sie glaubt, ihr Haus sei getroffen. Doch die Bombe schlägt im Drama-Theater um die Ecke ein. Dmytros Bruder Maxim kommt mit dem Auto, ich haue ab mit meiner Frau und den Kindern, sagt er, komm mit, hier gibt es nichts mehr für uns. Er will sofort los, nur noch schnell die Familie holen.
Auf einmal ist auch Dmytro da, er will sehen, ob Oksana noch lebt. Sie haben nur ein paar Minuten, dann fährt sein Bruder Maxim wieder vor, zwei andere Autos im Schlepptau. Der Abschied von Dmytro: „Wenn ich an diesen Moment denke, fühle ich Schmerzen“, schreibt Oksana in ihr Telefon, „richtige körperliche Schmerzen.“
Auf dem Weg aus der Stadt erkennt sie nichts wieder. Verbrannte Autos vor zerstörten Häusern, zerstörte Häuser hinter verbrannten Autos. Russlands Soldaten haben viele Checkpoints errichtet, für zehn Kilometer braucht der kleine Fluchtkonvoi sieben Stunden.
Als sie die letzte Kontrolle hinter sich haben, wollen sie nicht mehr anhalten. Wie viele Menschen, die aus Mariupol geflohen sind, erzählt auch Oksana von dieser Angst, die sie weiter, einfach immer weiter nach Westen getrieben habe. Erst nach 1.300 Kilometern macht ihr Schwager Maxim halt, in einem Kurort bei Lwiw.
Dmytro und Oksana schreiben sich noch SMS in jenen Tagen. Zwischen Maschinengewehrfeuer und den Einschlägen von Granaten gibt es im Asowstal-Stahlwerk eine Stelle, wo der Mobilfunk funktioniert. „Es war gefährlich dort für die Soldaten, fast suizidal“, sagt Oksana. Am 1. Mai 2022 kommt Dmytros letzte Nachricht. Zwei Wochen später schreibt ihr ein anderer Soldat in Dmytros Namen. Seither hat sie keinen Kontakt mehr. Dass er lebt, hat sie von entlassenen Kriegsgefangenen erfahren.
30 Briefe und 61 Postkarten hätte sie in den vergangenen 16 Monaten von Dmytro bekommen können – mindestens. Laut der Dritten Genfer Konvention, Artikel 70 und 71, dürfen Kriegsgefangene ihren Angehörigen schreiben, und zwar wenigstens zwei Briefe und vier Karten im Monat, außerdem eine „capture card“, eine Mitteilung über ihre Gefangennahme.
Ein nicht gehaltenes Versprechen
Jedes Land der Welt hat dieser Konvention zugestimmt. Oksana aber sagt, sie habe bis vor kurzem nicht einmal eine Bestätigung dafür bekommen, dass ihr Mann überhaupt Kriegsgefangener ist. Das Internationale Rote Kreuz habe ihr das nicht sagen wollen, obwohl sie immer wieder dort angerufen habe.
Oksana ist wütend auf die Organisation, die auf ihrer Webseite von dem besonderen Mandat schreibt, das ihr die Genfer Konvention verleiht. Dazu gehört „Informationen über das Schicksal und den Verbleib von toten oder lebenden Kriegsgefangenen zu sammeln und zu zentralisieren, um sie an die Parteien und ihre Familien weiterzuleiten“. Oksana findet, die Organisation verspreche etwas, das sie nicht halte.
Ein Sprecher des Roten Kreuzes in Kyjiw will Einzelfälle nicht kommentieren. Mitarbeiter:innen sagen, ohne eine Bestätigung des Verteidigungsministeriums in Moskau könne man einen ukrainischen Soldaten nicht zum Kriegsgefangenen erklären, selbst wenn man wisse, dass er einer sei, und in Russland ließen sie sich eben Zeit. So erhält Oksana erst am 2. Juni 2023, über ein Jahr nach der Gefangennahme ihres Mannes, die offizielle Bestätigung, dass der Ukrainer namens Dmytro Paskalov ein Kriegsgefangener ist.
Wenn sie allein ist, unterhält sie sich mit ihm. Aber mit wem redet sie da? Mit sich selbst? Mit ihrer Vorstellung von ihm, einer Projektion? „Du willst logische Antworten auf eine emotionale Frage“, sagt Oksana. Sie schreibt ihm Gedichte. Die sollen nicht nur für ihren Mann sein, sondern für alle in Kriegsgefangenschaft. Mit dem Vers, der über diesem Text steht, beginnt eines dieser Gedichte. Ein anderes, es heißt „Sonnenblume“, fängt so an:
Es ist, Geliebter, als hätte sich die Erde zwischen uns geteilt …
Als würde ich im September und du im Februar noch verweilen.
Oksana sagt, sie trage keine Röcke, keine Kleider mehr. „Ich fühle mich nicht wohl darin, zu nackt, sie bedecken nicht genug vor dem Krieg.“ Alles, was für sie natürlich feminin war, Make-up, eine bestimmte Art zu gehen, erscheint ihr nun unpassend. Sie hat das Gefühl, sich zu verwandeln, sagt sie.
Das Gefühl, dass, wo Männer fehlen, Frauen mehr und mehr zu Männern werden. Dieses Auflösen von Rollenbildern durch den Krieg lässt sich seit 2014 beobachten. Nicht alle empfinden das als Befreiung. Auf der Fahrt nach Berlin trägt Oksana ausnahmsweise doch einen Rock. Sie habe sich dazu gezwungen: „Ich fühle mich nicht mehr wie eine Frau“, schreibt sie ins Telefon, „aber ich arbeite daran.“
Dmytros Körper fehlt ihr. Umarmungen sind wichtiger geworden. Mit ihrer Tochter, Freund:innen. Oder mit gerade eben noch Fremden. Als sie bei unserem ersten Treffen im Kijywer Restraurant „Musafir“ eine mit Käse überbackene Aubergine isst, hört der schlaksige Kellner, wie Oksana über ihre Flucht spricht. Er fragt, woher sie komme. „Mariupol“, sagt sie, „und du?“ – „Makijiwka“, sagt der Kellner. Umarmung. Seine Stadt wurde schon 2014 erobert, beim ersten Angriff Russlands auf die Ukraine, auf die Krim.
Die, die fliehen mussten, finden sich, sagt Oksana, Menschen aus Mariupol sowieso. Sieht sie ein Nummernschild aus ihrer Stadt, klopft sie an die Autoscheibe und fragt: Wo habt ihr gewohnt? Etwa eine Stunde, nachdem Oksana den Kellner umarmt hat, kommen Oleksandr und Anya ins Lokal, zwei Menschen, die sie noch von zu Hause kennt. Anya setzt sich neben Oksana, streichelt ihr über den Arm und über das Haar, lässt Oksana nicht mehr los.
Manchmal, das erzählt Oksana später in Berlin, vergisst sie, wie Dmytros Stimme klingt. Dann schaut sie sich Videos auf ihrem Telefon an, etwa das, in dem sie und Dmytro lachend über einen Zaun klettern. Das war im Oktober 2019, als sie ein Museum besuchten und sich dabei so viel Zeit ließen, dass sie am Ende des Tages versehentlich eingeschlossen wurden.
Gelegentlich fragt sie sich, ob Dmytro sich verändert hat, in der Gefangenschaft. Einen Rückkehrer kennt sie, einen ukrainischen Soldaten, der von den Russen festgehalten wurde. „Er will sprechen“, sagt Oksana, „aber gleichzeitig verstehst du, dass er eigentlich nicht reden will. Nicht über das, was ihm passiert ist. Aber auch nicht über etwas anderes. Er hat sich zusammengekrümmt, in sich versteckt.“
Kürzlich, an Dmytros 51. Geburtstag, traf Oksana sich mit gemeinsamen Freund:innen in Kyjiw. Seine Mutter rief an. Sie ist krank, und sie weinte, denn sie weiß nicht, ob sie lange genug lebt, um ihren Sohn noch einmal wiederzusehen.
Wir schreiben per Facebook-Messenger. Ich frage: War es ein harter Tag?
„Es war hart“, schreibt Oksana. „So wie jetzt jeder Tag hart ist.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Sensationsfund Säbelzahntiger-Baby
Tiefkühlkatze aufgetaut