piwik no script img

Letzte Generation in BerlinSenat bringt Justiz in Stellung

Schwarz-Rot will prüfen, ob die Letzte Generation eine "kriminelle Vereinigung" ist. Die Staatsanwaltschaft weist den Vorwurf zurück.

Einig in Sachen Repression: Kai Wegner und Felor Badenberg Foto: dpa

Berlin taz | Mit immer neuen repressiven Vorschlägen versucht der schwarz-rote Senat auf die andauernden Aktionen der Letzten Generation zu reagieren. Auch die politische Anweisung der Staatsanwaltschaften ist dabei kein Tabu mehr. Wie Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) am Wochenende mehreren Medien bestätigte, hat sie ihre Verwaltung damit beauftragt, alle gesetzlichen Möglichkeiten zu prüfen, auch die Frage, ob es sich bei der Letzten Generation um eine „kriminelle Vereinigung“ handele.

Würde die Justizverwaltung diese bejahen – ähnlich wie die Staatsanwaltschaft Neuruppin, die bereits Ermittlungen mit diesem Vorwurf führt –, könnte Badenberg die Berliner Staatsanwaltschaft anweisen, diesbezügliche Ermittlungen aufzunehmen.

Das wäre brisant. Denn wie die taz zuletzt berichtete, hat der zuständige Oberstaatsanwalt Holger Brocke eine Einschätzung der Letzten Generation als „kriminelle Vereinigung“ abgelehnt. Es lägen „keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte“ dafür vor, da die Gruppierung „nicht auf die Begehung hinreichend gewichtiger Straftaten gerichtet ist“. So sei es bei der Blockade des BER zu keiner konkreten Gefährdungen des Luftverkehrs gekommen, auch die Aktionen gegen Pipelines der Raffinerie PCK Schwedt habe nicht zu nennenswerten Störungen von Anlagen oder Betrieben geführt.

Unterdessen hat der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) in einem Interview mit der Bild am Sonntag gesagt, er wolle „beschleunigte Verfahren für die Klimakleber einführen“, damit es zu schnelleren Urteilen komme, etwa durch Staatsanwälte, „die bei den Klebe-Aktionen vor Ort sind“. Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Sebastian Schlüsselburg, sagte dazu der taz: „Die Äußerungen zeigen sein erschreckendes Unverständnis vom Rechtsstaat und einem Misstrauen gegenüber den Staatsanwaltschaften und den Gerichten.“

Wegner bekräftige überdies das Vorhaben der Koalition, das Präventivgewahrsam von zwei auf fünf Tage zu verlängern. Wegner sagte, es kann nicht sein, „dass festgenommene Blockierer nach wenigen Stunden wieder auf freiem Fuß sind.“ Bislang haben Gerichte fast durchweg entsprechende Anträge der Polizei auf Präventivgewahrsam abgelehnt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Ach, naja. Die LG kann ja Berlin verlassen.

    Es ist sowieso vollkommen unverständlich, was sie mit der Konzentration auf die für über 80 Millionen Menschen in Deutschland persönlich völlig irrelevante und überdies sehr oft unbeliebte Hauptstadt erreichen wollen. Kein Mensch in NRW oder SH denkt „Oh nein, alles, nur nicht Berlin! Gebt ihnen, was sie wollen!“

    Im Gegenteil, man ist froh, dass die LG nun weg ist. Und in Berlin selbst sind die Blockaden halt einfach nur eine von vielen Ärgernissen und Dysfunktionalitäten.

    Bis heute hat hier keiner erklären können, was die Blockaden denn nun bewirken sollen, bzw warum. Und es gibt doch auch keinerlei Anzeichen dafür, dass sie etwas bewirken. Wie lange braucht die LG, um das auch zu begreifen und aufzuhören?

  • CDU-Phantasien halt - immer für die Wirtschaft, nimmer für die Bevölkerung!



    Diese dauernden Störungen der LG führen womöglich bei zu vielen Bürgerinnen und Bürgern dazu, über Nachhaltigkeit bei Konsum und Verkehrsverhalten nachzudenken! Also über die BOTSCHAFT, nicht über die BOTEN (wie jetzt angestrengt versucht wird)!



    Wer Milliardengewinne bei den Freund*innen von CDUSPD gefährdet, nimmt es am Ende auch in Kauf, dass Großspenden für die Parteien ausbleiben. Und Versorgunsposten für Ex-Politiker*innen! WOLLT IHR DAS?!



    Wenn das alle machten, wo kämen wir da hin

    • @Munio Eunano:

      Ich sehe nicht, daß Wirtschaft und Bevölkerung Gegenpole sind. Da gibts reichlich Schnittmengen. Wo Sie ein erhöhtes Nachdenken womöglich sehen, sehe ich genau das Gegenteil, sehr viele die über Klimaschutz nachgedacht haben und womöglich immer noch tun, sehen den vermeintlichen Boten eher kritisch.

  • Da sieht man doch, daß die Demokratie des Grundgesetzes in Deutschland sooo gesichert feste auch wieder nicht ist.



    Das kippt - immer öfter ! Paßt zu : Klimakatastrophe



    Und immer schön an den Symptomen herumbasteln, gell ?



    Da braucht es keine AFD mehr dazu, das können CDU und SPD auch alleine. Anstatt aktiven Klimaschutz zu betreiben, werden die Schicksalsrufer der LG bestraft.



    Ich hoffe schlußendlich auf das Bunderverfassungsgericht - anders ist diesen Machtmurksern anscheinend nicht beizukommen.

    • @Zebulon:

      Man könnte auch genau das Gegenteil herauslesen.

  • Gegen die populistischen Hetzer der CDU und FDP:



    Massenblockaden der Bayreuther Festspiele 25. Juli bis 28. August!

  • Fossilien zu verbrennen ist kriminell. und zwar vor Ort: in jedem Gebiet der Extraktion werden die Verbrennunsstoffe mit Gewalt gegen die Anwohner und die Umgebung herausgeholt.

    • @Land of plenty:

      Das müssten Sie schon irgendwie argumentativ untermauern.

      Mir fällt kein Paragraph im StGB ein, der es verbietet, fossile Brennstoffe zu verbrennen.

      "Mit Gewalt gegen die Anwohner " betrifft hauptsächlich den Braunkohletagebau.

      Erinnern Sie sich, wie noch vor ein paar Jahrzehnten die Menschen in Westdeutschland dafür demonstriert haben, dass der Kohlebergbau weitergeführt wird?