Legalisierung von Cannabis wackelt: Der lange Weg zur Tüte
Am Freitag könnte der Bundesrat den für Anfang April geplanten Start der Cannabis-Teillegalisierung verzögern. Könnte das Gesetz am Ende ganz scheitern?
Das Cannabis-Gesetz soll einen Paradigmenwechsel einläuten. Ab dem 1. April sollen der Eigenanbau von bis zu 3 Hanfpflanzen sowie der begrenzte Besitz und Konsum legalisiert, ab 1. Juli auch nichtkommerzielle Anbauvereinigungen erlaubt werden. Mit der Teillegalisierung soll eine rückwirkende Amnestie für Fälle einhergehen, die nach dem neuen Gesetz nicht strafbar sind.
Bevor das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, steht es allerdings noch auf der Tagesordnung des Bundesrats. Weil es sich nicht um ein Zustimmungsgesetz im Sinne des Grundgesetzes handelt, kann die Länderkammer höchstens Einspruch erheben. Davor müsste eine Mehrheit im Bundesrat für einen Vermittlungsausschuss stimmen.
Bei der nun anstehenden Sitzung kommen zunächst die weitestgehenden Anträge zur Abstimmung, in denen gefordert wird, im Ausschuss über die Aufhebung oder Überarbeitung des ganzen Gesetzes zu sprechen. Absehbar gibt es dafür keine Mehrheit. Mehr Chancen hat eine Anrufung des Vermittlungsausschuss mit weniger weitgehenden Zielen, etwa der Verschiebung des Startbeginns. Im Vorfeld hatten parteiübergreifend Landespolitiker*innen kritisiert, dass das schnelle Inkrafttreten Justiz und Polizei überfordere.Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wittert darin offenbar eine Chance, das Gesetz ganz zu stoppen.
Späte Zugeständnisse an die Länder
„Mein Ziel ist es, dass dieses Gesetz niemals wieder aus dem Vermittlungsausschuss herauskommt“, schrieb er am Wochende auf einer Internetplattform. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nahm die Vorlage auf und warnte: Wenn es zum Vermittlungsausschuss komme, werde die Union das Gesetz dort „mit Tricks“ stoppen. Die Befürchtung: CDU und CSU könnten die Beratungen so lange verschleppen, bis die Legislaturperiode vorbei ist.
Einige Grüne und Sozialdemokrat*innen in den Ländern, die eigentlich Änderungen am Gesetz wollten, sind dadurch ins Grübeln geraten: Sollen sie die Legalisierung doch lieber mit Mankos durch den Bundesrat winken, statt das Projekt in Gänze zu gefährden? In Sachsen etwa gingen die mitregierenden Grünen und SPD umgehend auf Kontra zu Kretschmer und erklärten, dass sie eine Blockade nicht mittragen werden – Sachsen müsse sich im Bundesrat enthalten. In anderen Landesregierungen ringt man bis zum Schluss.
In einer mehrseitigen Protokollerklärung hatte Gesundheitsminister Lauterbach zuletzt noch Zugeständnisse an die Länder gemacht – er will Großplantagen verhindern und mehr Geld für die Suchtprävention bereitstellen. Am Starttermin der Strafamnestie will der Minister aber festhalten. Ob die Erklärung ausreicht, um den Vermittlungsausschuss abzuwenden, ist also unklar.
Aber auch wenn nicht, wäre das Vorhaben nicht automatisch tot. Hendrik Hoppenstedt (CDU), Vorsitzender des Vermittlungsausschusses, verweist darauf, dass die Regierungskoalition auch in dem Gremium eine Mehrheit hat. „Die Ampel könnte jederzeit ein ihr genehmes Ergebnis durchstimmen“, sagte er der taz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei