Last Christmas und Gema: Keine Gnade für Weihnachtsmärkte
Jahrelang sollen Weihnachtsmärkte die Gema beschummelt haben, darum sollen Gebühren steigen. Hits wie „Last Christmas“ zu spielen wird nun richtig teuer.
W eihnachten ist eine besondere Zeit, auch musikalisch. Spätestens wenn das erste Mal ‚Last Christmas‘ im Radio ertönt, ist es wieder so weit. Musik an Weihnachten schafft eine besondere Atmosphäre. Auf Weihnachtsmärkten und Weihnachtsfeiern fördert sie die Geselligkeit, im Handel kurbelt sie das Weihnachtsgeschäft an.“ So schön schreiben mechanische Lyriker*innen von der Gema aktuell auf ihrer Homepage über die für viele Menschen schönste Zeit des Jahres.
Und dieses Jahr hat uns die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, wie die Gema mit vollem Namen heißt, ein ganz besonderes Geschenk gemacht. Bislang quollen die am letzten Weihnachtsfest übergebenen Herzen derart aus allen Weihnachtsmarktlautsprechern, dass man sich schon vor dem zwölften Glühwein übergeben musste.
Aber in diesem Jahr herrscht himmlische Ruhe. Na ja, nicht ganz. Aber immerhin Ruhe vor Wham & Co. Chris Rea hat seine Füße auch schon auf dem heiligen Grund und muss nicht mehr for Christmas homedriven.
Und angesichts der durch den Klimawandel drohenden Extremwetterlagen noch „White Christmas“ zu grölen und trotzig „Let it snow!“ zu fordern, verbietet sich eh von selbst.
Preissteigerung um 1000 Prozent
All überall auf den Tannenspitzen klingen jetzt Klingglöckchen klingelingeling, für die Kinder wird’s morgen was geben und alles singt von der stillen, heiligen Nacht und dem lachenden Owi. Und das liegt an der Gema. Denn die kassiert auch auf den Weihnachtsmärkten für die von ihr vertretenen Künstler*innen und Labels. Schließlich hat so eine Verwertungsgesellschaft dafür zu sorgen, dass die Urheber*innen des weihnachtlichen Liedguts auch was von der Geselligkeit haben und am angekurbelten Handel beteiligt werden.
Dieses Jahr hat die Gema dabei die Preise drastisch raufgesetzt. Nach eigenen Angaben auch deshalb, weil die Weihnachtsmärkte bzw. die Stände dort jahrelang geschummelt haben sollen. Fast überall seien die Angaben zur beschallten Fläche, nach der sich die Gebühr berechnet, taktisch kleiner als in der Realität ausgefallen. Was früher ein paar Euro fuffzich kostete, geht jetzt also in Einzelfällen bis zu 1.000 Prozent rauf.
„Gibt es dann auch ne Gema-Polizei, die für lizenzpflichtige Weihnachtsliederkennung ausgebildet ist und saftige Strafgebühren durchsetzen kann“, fragt die Mitbewohnerin. Bestimmt, weshalb Weihnachtsmärkte landauf, landab die urheberrechtlich geschützten Christmas-Hits von der Playlist geschmissen haben. Oh du Fröhliche!
Denn der Weihnachtsmarkt geht musikalisch dadurch keinesfalls den Bach runter. Mit der Gema-freien Musik von Opa Hoppenstedt und dem klassischen Weihnachtsliedgut macht also keiner was falsch. Und nun jauchzet, frohlocket, lobpreis-e-he-t die Gema.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe