„All I Want For Christmas Is You“: Nummer-1-Hit nach 25 Jahren
Endlich! Mariah Careys Xmas-Hymne ist auf Platz 1 der Billboard-Charts. Doch zur Liga der richtigen Ikonen gehört sie damit noch nicht
Sie hat das Lied schon vor mehr als einem Vierteljahrhundert aufgenommen, aber erst in diesem Jahr steht „All I Want For Christmas Is You“ auch an der Spitze der Billboard-Charts in den USA, jener Liste, aus der die Musikindustrie wie ihre Künstler:innen ersehen, wie erfolgreich sie rangiert werden.
Erstmals seit 61 Jahren ein Nummer-eins-Hit mit Weihnachtsthema. Und weil Mariah Carey, die anbetungswürdig ehrgeizige Tochter eines afro-venezolanischen Vaters und einer irischen Mutter, so hartnäckig professionell ihren Job erledigt, legt sie jedes Jahr starken Wert darauf, es vor Weihnachten zur möglichst abermillionenhaften Beachtung zu bringen.
Nun ist es geschafft. Jede:r, der/die/das mäkelt, der Song sei nur eine etwas hysterische Stimulans, um die (kapitalistische) Kaufwut zu entfesseln, weiß eigentlich: Shopping ist okay und nicht zu verachten, weil ja das Kaufen schöner Dinge der Sinn der Warenwelt gerade für die Armen und Ärmsten ist. Carey verstand sie immer, denn sie liebt hübsche Sachen genauso wie sich selbst – eine makellose, allzeit vorzüglich zurechtgemachte Frau im mittleren Alter.
Jedenfalls ist ihr Weihnachtslied so schön, weil es mit Glöckchenklängen arrangiert ist, sich von deutschen Xmas-Liedern dadurch unterscheidet, dass es nicht so tranig-depressiv sich in Ohren fräst wie etwa „Stille Nacht, Heilige Nacht“ oder „Alle Jahre wieder“. Nein, Carey verkörpert ein Lied, das das Familienfest gut stimmlich anzuglühen weiß, wenn das „Last Christmas“ von Wham noch heiter-melancholischer ist und „Happy Xmas“ (von Lennon/Ono), in der Fassung von Céline Dion, der Idee des Hymnischen Eigenes, fast Entgrenztes an echter Fröhlichkeit abzuringen weiß: Wenn schon Kitsch – dann bitte auch konsequent.
Carey ist zu Recht eine der erfolgreichsten Popchanteusen der letzten drei Jahrzehnte. Voller Glanz und Gloria, mit einer kraftvollen und dennoch Empfindsamkeit verströmenden Stimme, wird sie sich freuen, auch wenn es in die Liga der echten Ikonen (Barbra Streisand, Judy Garland, Aretha Franklin), das muss auch noch gesagt werden, noch ein weiter, gleichwohl machbarer Weg bzw. Aufstieg ist. Ohne „All I Want For Christmas Is You“ ist die Adventszeit jedenfalls keine richtige.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“