piwik no script img

Landtagswahlen in OstdeutschlandWagenknecht bereitet ihr Terrain

Das Bündnis Sahra Wagenknecht gründet seine ersten Landesverbände. Im Herbst will es damit in Sachsen und Thüringen antreten.

SIe ist ein Medienprofi: Sahra Wagenknecht gibt am Dienstag in Berlin ein Pressestatement ab Foto: Carsten Koall/dpa

Plötzlich geht alles ganz schnell. Am Freitag stellt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen seine Kampagne für die Landtagswahl in Thüringen vor, und zwar in der Landeshauptstadt Erfurt. Nur einen Tag später, am Samstag, gründet sich in Sachsen der erste Landesverband. Er wird in der von Erfurt knapp 150 Kilometer entfernten sächsischen Stadt Chemnitz aus der Taufe gehoben.

In Thüringen lädt Sahra Wagenknecht in die Arena Erfurt, genauer gesagt, in das Tagungszentrum am Steigerwaldstadion, der Heimspielstätte des Regionalligisten FC Rot-Weiß Erfurt. Bei der Pressekonferenz sind neben ihr selbst als Parteivorsitzende und Namensgeberin ihr Neuzugang, die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf, sowie der Unternehmer Steffen Schütz angekündigt.

Wolfs Wechsel von der Linkspartei, der sie lange Jahre angehörte, zu Wagenknechts Start-up hat in Thüringen für Aufsehen gesorgt. Schütz ist Geschäftsführer einer Agentur für Marken- und Pharmakommunikation.

In Sachsen wird am Samstag dann der Landesverband am Samstag im Chemnitzer „Wirkbau“ ausgerufen, einem ehemaligen Fa­brik­areal in der Innenstadt, das Unternehmen, Vereine und Bildungseinrichtungen, Künstler und Kreative beherbergt. Dem Landesverband Sachsen gehören nach Angaben des BSW rund 60 ausgewählte Mitglieder an.

BSW-Sachsen startet in Chemnitz

Die ehemalige Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann koordiniert den Aufbau der BSW-Strukturen in Sachsen. Neben ihr soll bei der Pressekonferenz in Chemnitz der Unternehmer Jörg Scheibe auftreten, der bereits dem neuen sächsischen Landesverband angehören soll. Angekündigt ist auch Amira Mohamed Ali, eine der beiden Vorsitzenden des Bündnisses. Sahra Wagenknecht, die andere Vorsitzende, wird in Chemnitz nicht dabei sein

Der sächsische Landesverband soll bei den Landtagswahlen in Sachsen am 1. September antreten, der thüringische Ableger am gleichen Tag in Thüringen. Dessen Gründung steht noch bevor. Ein Landesverband in Brandenburg soll bald folgen: Dort wird am 22. September gewählt. Glaubt man den Umfragen, könnte das Wagenknecht-Bündnis sowohl in Sachsen als auch in Thüringen den Sprung in den Landtag schaffen.

„Gerade im Osten ist der Wunsch nach Veränderung besonders stark“, sagt Wagenknecht. Sie will mit den Themen Rente, Reallohnverluste und hohe Preise für Energie- und Lebensmittel punkten. Damit macht sie ihrer ehemaligen Partei Konkurrenz. Deren neue Führung der Linken im Bundestag hat gerade angekündigt, sich besonders für Ostdeutschland einzusetzen und auf die Themen Löhne und Renten zu setzen. „Der Osten ist für uns die Herzkammer dieser Partei“, sagte der neue Vorsitzende der linken Parlamentariergruppe im Bundestag, Sören Pellmann, am Dienstag in Berlin. Die Co-Vorsitzende Heidi Reichinnek betonte, die Linke sei die „Stimme des Ostens“, auch wenn sie keine reine Ostpartei sein wolle.

Wer ist die bessere Ostpartei?

Beide kündigten ein Strategiepapier mit Perspektiven für den Osten 2030 an. Der 47-jährige Pellmann stammt aus Sachsen, die 35-jährige Reichinnek wuchs in Sachsen-Anhalt auf. Beide wurden am Montag nach Kampfabstimmungen zu den neuen Vorsitzenden der 28 Linken-Abgeordneten im Bundestag gewählt. Sie wollen bald ein Strategiepapier mit Perspektiven für den Osten 2030 vorlegen. Dem Bündnis Sahra Wagenknecht werfen sie vor, ihre Konzepte zu kopieren. Im Gegensatz zu Wagenknecht sei ihr Rentenkonzept „ausfinanziert“, sagt Pellmann.

Wagenknecht hatte im Januar ihre eigene Partei gegründet und kurz darauf in Berlin ihren ersten Bundesparteitag abgehalten. Erstmals treten beide Parteien bei der Europawahl am 9. Juni gegeneinander an: Es wird ein Testlauf für die drei Landtagswahlen im Osten.

In einer früheren Fassung des Textes hieß es, in Erfurt werde das BSW bereits einen Landesverband gründen. Dort stellt es am Freitag aber erst einmal seine Kampagne zur Landtagswahl vor. Die Gründung eines Landtagsverbands in Thüringen steht erst noch bevor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • Ja es ist schon merkwürdig, wie manche aus Politik ,Presse und den Kommentarforen aus dem Programm der BSW einige Punkte heraus picken, um darüber herzufallen. Aber die Kernthemen der sozialen Frage von Gerechtigkeit vernachlässigen. Hat das etwa System?

    • @KielerSprotte:

      "Hat das etwa System?"

      Natürlich. So läuft Politik.

  • Es ist alles ingesamt sehr bitter und ich habe eine große Skepsis gegen eine Partei, die einen Personenkult betreibt. Jedenfalls ist Sarah Wagenknecht ein großer Teil des Markenkerns dieser neuen Gruppe, die offenbar in Thüringen, die Linke zerschmelzen könnte, aber das Wahlergebnis nicht so gestalten kann, dass dort nicht eine AfD-Regierung verhindert werden kann. Und ist diese Partei nicht doch irgendwie klar Links?



    Sarah Wagenknecht drückt linken Wähler schon eine Pistole an den Verstand, stimmt für mich oder wartet mal ab. Sollte die Linke nämlich verschwinden, fallen diese Stimmen immer der stärksten Partei in den Schoß, sprich, jeder, der eine Partei wählt, die es nicht schafft, unterstützt die Partei mit den meisten Stimmen, in diesem Wahl könnte das die AfD sein. Und es ist damit nicht vorbei: SPD, Grüne und FDP kämpfen mit der 5-Prozent-Hürde. Bei der Unzufriedenheit werden die damit Kämpfen, ihre Milieus zu mobilisieren.

  • Sehr gut. Viel Erfolg!



    Wenn sie hält, was sie verspricht, hat sie unsere Stimmen in der Familie.

  • vorsicht, vorsicht.



    sw ist keine linke.

    das sollten auch die medien kommunizieren, tun sie aber nicht. wen wunderts.



    denn: sw wird z.b. hier als "gestalt2: sahrah wagenknecht" bezeichnet.



    das wird fundiert nachgewiesen von wolfgang veiglhuber, klaus weber (hg.) 2022. wagenknecht - nationale sitten&schicksalsgemeinschaft.

  • Das rotbunte Krönungskomitee der Talkkönigin inszeniert sich als nationale sozialistische Alternative fürs gemeine Volk. Was für ein Stoff für eine Daily Soap.

  • "Schütz ist Geschäftsführer einer Agentur für Marken- und Pharmakommunikation."

    "Die ehemalige Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann"



    die "ehemalig" ist, weil sie weder im Guten wie im Schlechten *irgendwie* aufgefallen ist.

    "Unternehmer Jörg Scheib"



    Vermutlich nicht der Jörg Scheib von Bosch, sondern der "mittelständische" (und das heißt: Multimillionär) IT-Unternehmer. Wagenknechts Ballweg quasi.

    Katja Wolf ist viel zu anständig für diese Kapitalistentruppe. Den Anteil an Einkommens- und Vermögensmillionären in der Führung bei Bund und Landesverbänden würde ich gern mal wissen. Soweit ich sagen kann, ist BSW vom Spitzenpersonal her nämlich eine dezidiertere Superreichen-Partei als CDU und FDP.

    "Im Gegensatz zu Wagenknecht sei ihr Rentenkonzept „ausfinanziert“, sagt Pellmann."

    Pellmann ist mir soweit als ein authentischer Linker aufgefallen, der lieber handelt statt zu schwätzen. Gute Wahl.

    • @Ajuga:

      "Soweit ich sagen kann, ist BSW vom Spitzenpersonal her nämlich eine dezidiertere Superreichen-Partei als CDU und FDP."

      Das ist schon in Bezug auf CDU und FDP belegloser Unsinn. Das en Ableger der Linkspartei nun Superreichenpartei sei, solch ein populistischer Fake kann man sich eigentlich nur von den Rechtspopulistischen vorstellen. Aber man lernt nie aus.

    • @Ajuga:

      Gibt es ein Höchsteinkommen für Politiker, die sich für Arme einsetzen?

      Wichtig ist das Programm von Politikern, nicht ihr Kontostand.

  • Wenn man sich die Kommentare zum "Bündnis Sarah Wagenknecht" zu Gemüte führt, so wird deutlich, dass diese neue "soziale" Partei unter liberalen Parteien wie der FDP und den Grünen keinen Blumentopf gewinnen wird. Aber ich denke, damit kann das Bündnis sehr gut leben!

  • Die Linke geht mit ihrem Internationalismus baden. Und Wagenknecht wird der AfD reichlich Stimmen kosten. Klar nicht ideal - aber was ist schon Ideal?

  • Betrachte ich das politische Berlin, so unterscheiden sich die etablierten Parteien nur marginal. Zumindest bei ihren neoliberal geprägten Grundeinstellungen. Und hinsichtlich der Migrationsfrage sind die etablierten Parteien der AfD schon weit entgegen gekommen. Auch gegen die sich permanent öffnende Schere zwischen Armen und Reichen gibt es keine Hoffnung, dass sich etwas ändern könnte. Schon deshalb wäre das BSW für die Etablierten eine Horrorvorstellung. Für mich nicht.

    • @Rolf B.:

      "Auch gegen die sich permanent öffnende Schere zwischen Armen und Reichen gibt es keine Hoffnung, dass sich etwas ändern könnte. Schon deshalb wäre das BSW für die Etablierten eine Horrorvorstellung. "

      Sie glauben ernsthaft, dass Soziales bei der Wagenknecht-Truppe eine relevante Rolle spielen wird, nachdem man in den letzten 10 Jahren so gut wie nichts zu dem Thema von Wagenknecht gehört hat, und sie sich aktuell an einer hübschen Auswahl von rechtspopulistischen Themen von Klimawandel über Einwanderung bis hin zu Entwicklungshilfe abarbeitet?



      Ja dann ...

  • Für eine Wahlzulassung brauchts eine Landesliste und darauf dann 1000 beglaubigte (!) Unterstützerunterschriften. Stichtag in Thüringen ist 27.06, Sachsen vermutlich früher.



    Aufstellungsversammlung hat Vorlaufzeit…

    Das klingt nach einem sportlichen Zeitplan.

    • @metalhead86:

      Das stimmt so nicht, für Thüringen sind es genau 442 beglaubigte Unterschriften.



      Siehe hierzu folgende Auflistung der Bundeswahlleiterin



      www.bundeswahlleit...chriften.html#id-0

      Dies gilt allerdings nur für "nicht etablierte" Parteien. Ich glaube nicht das BSW darunter fällt, dafür ist die Präsenz zu groß, man ist als Gruppe im Bundestag vertreten und hat bekannte Persönlichkeiten. Dazu ist vorher bereits die Europawahl, wo man mit bereits einem Sitz (0,5%) der Stimmen als etablierte Partei durchgeht.

      Ansonsten steht BSW in Umfragen bei 5-7% und in Thüringen sogar bei 17%.

      Die Hürde der Wahlzulassung ist hier nicht gegeben. BSW ist dahingehend keine Partei die darum auch nur ansatzweise fürchten muss.

  • Niemals werde ich eine Partei wählen durch Öl- und Gaskäufe den Kriegstreiber und Nawalny Mörder Putin auch noch finanzieren will, niemals!



    Diesbezüglich setze ich die WSG auf die gleiche Stufe wie die AfD.

  • Ich finde ja, jeder Promi sollte seinen Fan-Club zur Partei aufwerten und bei Wahlen antreten. Gut das es die 5% Hürde gibt.



    Wobei, eine Regierung mit Zufallsmehrheiten hätte auch seinen Reiz. Es könnte auch mal was gutes daraus werden.