Landtagswahlen in Hessen und Bayern: Grüne verfehlen ihre Wahlziele
Die Grünen wollten in Hessen den Ministerpräsidenten stellen und in Bayern in die Regierung kommen. Daraus wird angesichts deutlicher Verluste nichts.
Demnach liegen die Grünen in Bayern und Hessen ungefähr bei bei gut 15 Prozent. Im Vergleich zur letzten Landtagswahl wären das in Bayern (2018: 17,5 Prozent) leichte, in Hessen (2018: 19,8 Prozent) deutliche Verluste. Die beiden Parteivorsitzenden, Omid Nouripour und Ricarda Lang, sprachen in ersten Reaktionen dennoch übereinstimmend von „stabilen Ergebnissen“. Im Vergleich zu SPD und FDP, den beiden Ampelkoalitionspartnern in Berlin, scheinen die Grünen auch noch etwas glimpflicher davongekommen zu sein. Auf ihre Kernwählerschaft können sich die Grünen anscheinend verlassen.
Grüne und SPD stehen in Hessen bereit
Zwei Wahlziele aber können sie wohl abhaken: in Bayern in die Regierung einzuziehen, und in Hessen mit Tarek Al-Wazir erstmals selbst den Ministerpräsidenten zu stellen. Dazu bräuchte es eine Mehrheit für eine Ampelkoalition, die aber gibt es nicht. Wenn es schlecht läuft, könnten die Grünen in Wiesbaden sogar aus der Regierung fliegen. CDU-Ministerpräsident Boris Rhein hat nun die Wahl, ob er mit ihnen oder mit der SPD weitermacht. Gänzlich unwahrscheinlich ist die zweite Variante nicht: Inhaltlich steht die CDU den Sozialdemokrat*innen bei zahlreichen Themen, etwa der inneren Sicherheit, näher als den Grünen. „Der Ball liegt bei Boris Rhein“, sagte Nouripour am Abend. Die Grünen stünden für Verantwortung.
Ob es nun hilft, dass CDU und Grüne in den vergangenen zehn Jahren recht vertrauensvoll – oder, wie Al-Wazir zuletzt nicht oft genug betonen konnte: „geräuschlos“ – zusammengearbeitet haben, ist schwer zu sagen. Die Grünen jedenfalls haben mit Al-Wazir im Wahlkampf auf einen staatstragenden Ton gesetzt. Man könnte auch sagen: auf eine kreuzbrave Kampagne.
Dabei mussten sie in der Koalition mit der CDU herbe Kompromisse schlucken: Der Dannenröder Forst wurde gerodet, der Frankfurter Flughafen bekam ein drittes Terminal, die NSU-Akten blieben unter Verschluss. Im Wahlkampf allerdings wurden die hessischen Themen von der Bundespolitik überlagert. Erst mussten die Grünen den Streit um das Gebäudeenergiegesetz erklären, dann schwappte die Migrationsdebatte mit voller Wucht ins Land. Al-Wazir sagte am Abend denn auch, es habe „keinen Rückenwind“ aus Berlin gegeben: „Wir mussten bergauf kämpfen.“
Im Vergleich zu ihren bayerischen Parteifreund*innen aber hatten die hessischen Grünen fast leichtes Spiel. In Bayern war der Wahlkampf sehr polarisiert, neben der AfD schossen sich rhetorisch auch CSU und Freie Wähler auf die Grünen ein. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schloss eine Koalition mit ihnen nicht nur kategorisch aus, sondern sprach ihnen das „Bayern-Gen“ ab – und bürgerte sie und ihre Wähler*innen damit verbal aus.
Die Spitzenkandidat*innen Ludwig Hartmann und Katharina Schulze versuchten am Ende, die Wahl zu einer Abstimmung über Klimaschutz und über Demokratie und politischen Anstand zu deklarieren. Schulze sagte bei ihrer Stimmenabgabe, sie sei überzeugt, die Politik brauche wieder mehr Gemeinsamkeit. Dafür wird sie sich nun weiter in der Opposition einsetzen müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen