piwik no script img

Kurdische Gebiete unter BeschussStoppt die Angriffe Erdoğans auf die Kurden in Syrien!

Kommentar von Amed Mardin

Die Besetzung und damit verbundenen Militäroperationen sind Teil einer tief verwurzelten antikurdischen Politik. Sie verletzt internationales Recht.

Waren maßgeblich am Erfolg des Widerstands gegen den IS beteiligt: kurdische Kämpferinnen (YPG) in Syrien im Juni 2017 Foto: Goran Tomasevic/reuters

O bwohl die 61-jährige Diktatur in Syrien offiziell beendet wurde, wirkt der Bürgerkrieg, der das Regime stürzte, noch nach. Mehr als 13 Jahre Konflikt haben hunderttausende Tote, massive Zerstörungen und eine globale Flüchtlingskrise verursacht.

Die westlichen Staaten und die Vereinten Nationen müssen sich ihrer moralischen Verantwortung stellen, Minderheiten zu schützen und ein inklusives politisches System zu schaffen.

Ein Modell wie im Libanon, das ethnische und religiöse Diversität berücksichtigt, wäre richtungsweisend.

Die Türkei hat begonnen, kurdische Gebiete im Norden Syriens zu besetzen. Die damit verbundenen Militäroperationen sind Teil einer tief verwurzelten antikurdischen Politik. Sie verletzten internationales Recht.

Türkische Aggressionen und die Vertreibung der Kurden

Seit 2016 hat die Türkei, mit Unterstützung von islamistischen Söldnern und ehemaligen IS-Kämpfern, drei große Militäroperationen im Norden Syriens durchgeführt:

Firat Kalkanı (Euphrat-Schild), Zeytin Dalı (Olivenzweig) und Barış Pınarı (Friedensquelle). Dabei wurde internationales Recht missachtet, tausende kurdische Kämpfer der YPG und hunderte Zivilisten wurden getötet sowie mehr als 450.000 Kurden aus ihren Heimatgebieten vertrieben.

Diese Angriffe auf kurdische Selbstverwaltungsgebiete reißen bis heute nicht ab. Erdoğan nutzt zunehmend antisemitische Rhetorik, um die Kurden als Handlanger Israels darzustellen.

So will er weitere Unterstützung zu mobilisieren. Jüngst vertrieben türkische Truppen und ihre Milizen erneut 150.000 Kurden aus dem Norden und Osten Aleppos. Das Ziel: eine Dauerbesetzung erzwingen und die Staatenlosigkeit der Kurden aufrechterhalten.

Die moralische Pflicht des Westens

Die Nato muss sich klar und entschieden gegen diese Angriffe der Türkei stellen. Die neoosmanischen Angriffe Erdoğans bedrohen die Stabilität Syriens sowie die Werte, die der Westen zu verteidigen vorgibt.

Die Kurden haben im Kampf gegen den IS zehntausende Leben geopfert. Ihr Widerstand beendete das barbarische Kalifat, ein Erfolg, der international – besonders durch den heldenhaften Einsatz kurdischer Frauen – anerkannt wurde. Trotz alledem werden die Kurden nun von ihren ehemaligen Verbündeten alleingelassen.

Im Norden Syriens zeugen Gräber der Gefallenen von ihrem Opfer und ihrem Kampf gegen die Barbarei. Es ist eine moralische, humanitäre und politische Pflicht, diese Unterdrückung nicht weiter zu ignorieren.

Der Westen muss die Türkei klar zurückweisen und das kurdische Volk vor weiteren Angriffen schützen. Die internationale Gemeinschaft darf nicht zusehen, wie die Kurden ein weiteres Mal Opfer von Vertreibung und Gewalt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Brüssel hat den Schlüssel, wenn die USA wegblickt - was sie letztendlich trotz Trump nicht tun werden. Aber die EU muss aktiv am Aufbau eines pluralistischen Syrischen Staates mit wirken, das wird die demokratischen Kurdischen Fraktionen (sie sind ja lange nicht auf EINER Linie) stützen und dann auch Erdogan im Zaum halten. Man darf nicht vergessen die verschieden entwickelten kurdischen Kulturen sind ja auf vier Staaten verteilt.

  • Absolut! Danke für diesen Beitrag!

  • Der NATO-Vertrag muss erweitert werden:

    "Die NATO schützt ihre Mitgliedsländer vor militärischen Angriffen, UND andere Länder vor militärischen Übergriffen ihrer Mitgliedsländer!"

    Dass YPG und PKK unter einer Decke stecken war schon immer ein "Narrativ" Erdogans. Die YPG hat bewiesen, dass sie Willens gegen Terrorismus kämpft, d.h. z.B. gegen den IS, und dieser Kampf gegen den IS gehört zu den großen Kämpfen zum Wohle der Menschheit!

    Wer die YPG so mörderisch bekämpft wie Erdogan, ist also wohl gegen das Wohl der Menschheit und für den IS. Es ist eine Schande für die NATO, das zu dulden.

  • Wer sind "die Kurden"?



    Ein nationalistisches Konstrukt?



    Eine sich völkisch definierende Gemeinschaft?



    Eine sich durch Abstammung definierende Ethnie?



    Eine Rasse?

    Ich habe es nie verstanden. Würde mich mal interessieren.

  • Kollektives Wegschauen bei NATO und EU. Schade, so wird das nichts wenn man die moralisch überlegene Seite repräsentieren will.

  • Danke, Herr Mardin, für diesen sehr guten und unbedingt notwendigen Artikel. Mehr davon!

    Die Kurden waren es, die den Westen gerettet haben, als alle dumm dastanden, während der IS sich rasend schnell ausbreitete. Die Kurden haben Bodentruppen eingesetzt, alle anderen haben jämmerlich gezaudert und gezaudert.

    Danke an die Kurden. Sie haben sich ihren kurdischen Staat wohl verdient.

    Und der Westen kuscht vor Erdogan. Der im übrigen den IS unterstützt hat. Der Journalist Can Dündar, der dies aufdeckte, musste anschließend aus der Türkei fliehen. Die ZEIT war solidarisch und gab Dündar eine feste Kolumne, absolut lesenswert. Respekt vor der ZEIT.

    de.wikipedia.org/wiki/Can_D%C3%BCndar

    www.zeit.de/autoren/D/Can_Duendar/index

  • Das Modell Libanon als richtungsweisend zu bezeichnen ist schon ein bisschen gewagt.



    Mit dem Rest voll einverstanden!!