Künftige US-Regierung: Donald Trumps Gruselkabinett
Immer klarer zeichnet sich ab, mit wem der nächste US-Präsident regieren will. Das gemeinsame Ziel: den Staat um- und abbauen.
„Ich halte sie für gefährlich. Ich glaube, dass viele dieser Leute den Präsidenten an die erste Stelle stellen und nicht die amerikanische Bevölkerung, wenn es um Politik, Wirtschaft und Strafverfolgung geht“, sagte Ben Olinsky vom Center for American Progress der taz.
Auf nichts legt Donald Trump mehr Wert als auf Loyalität. Doch wer bei seinen bisherigen Nominierungen etwas genauer hinschaut, erkennt Menschen mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten, Erfahrungen und Ideologien. Was sie alle verbindet: Washington als politisches System soll weg.
Die am klarsten ausgearbeiteten Ideen, wie das gehen soll, stehen im „Project 2025“. Der von der rechtskonservativen Heritage Foundation veröffentlichte 900 Seiten starke Entwurf für Trumps zweite Amtszeit würde, wenn umgesetzt, die US-amerikanische Demokratie grundlegend verändern.
Gewaltenteilung ade
Das „Project 2025“ versammelt Punkte, die die Republikaner anders sehen als die Demokraten – etwa in Bezug auf Abtreibungsrechte und die Migrations- und Klimapolitik. Darüber hinaus will es die politischen Institutionen über viele Jahre hinweg umbauen und das System der sogenannten checks and balances zerstören, das sicherstellt, stets den Kompromiss suchen zu müssen. Gewaltenteilung, ade.
Noch während des Wahlkampfs behauptete Donald Trump, er kenne das „Project 2025“ gar nicht, habe es nicht gelesen, nichts damit zu tun und wisse auch nicht, welche Leute dahintersteckten. Nur: Einige der wichtigsten Autoren des Entwurfs hat er jetzt für seine Regierung nominiert.
Russell Vought und Stephen Miller etwa. Beide waren bereits Teil des ersten Trump-Kabinetts. Diese Erfahrung könnte ihnen dabei helfen, ihre Pläne für verschiedene Politikfelder in den kommenden vier Jahren noch besser umzusetzen.
Stephen Miller gilt als Hardliner. Er war maßgeblich für Trumps umstrittenen „Muslim Ban“ von 2017 verantwortlich, das Einreiseverbot für Bürger bestimmter muslimisch geprägter Staaten. In der nächsten Regierung soll Miller als stellvertretender Stabschef agieren. Er will die Einwanderung sowie das Asylrecht so weit wie möglich beschränken. Die Massenabschiebung von „illegalen Einwanderern“, wie sie von Trump während des Wahlkampfs oft genannt wurde, steht ganz oben auf Millers Agenda.
Trump will eine Million Menschen abschieben
Wirtschaftsexperten haben immer wieder vor Massenabschiebungen gewarnt, weil damit zum Beispiel die US-amerikanische Landwirtschaft und Servicebranche stark in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. In beiden Sektoren arbeiten besonders viele zugewanderte Menschen. Die neue Trump-Regierung will mehr als eine Million von ihnen im Jahr abschieben.
Auch bei der Wahl eines neuen Grenzschutzbeauftragten setzt Trump auf einen Ultrakonservativen. Tom Homan ist der ehemalige Direktor der Sicherheitsbehörde für Einwanderungsvergehen (ICE). Auch er hat am „Project 2025“ mitgearbeitet.
„Ich habe eine Botschaft an die Millionen illegaler Einwanderer, die Joe Biden unter Verletzung des Bundesgesetzes in unser Land gelassen hat: Fangt jetzt besser an, eure Sachen zu packen“, sagte Homan im Juli beim Nominierungsparteitag der Republikaner.
Einwanderung war eines der wichtigsten Themen im US-Wahlkampf. Laut offiziellen Regierungszahlen sollen 2022 knapp 11 Millionen Einwanderer ohne Papiere in den USA gelebt haben. Es ist wahrscheinlich, dass diese Zahl in den vergangenen Jahren weiter zugenommen hat.
Die Mär vom „Deep State“
Die vom „Project 2025“ beschriebene Umstrukturierung der US-Regierung zielt auf mehr als das Thema Migration. Nach Trumps Vorstellungen soll Russell Vought die Position des Direktors für Budget und Management (OMB) bekleiden. Schon am Ende von Trumps erster Amtszeit war Vought OMB-Direktor.
Dieser weniger bekannte Regierungsposten ist vor allem dafür zuständig, den vom Präsidenten vorgeschlagenen Haushaltsplan zu erstellen und dafür zu sorgen, dass dessen Agenda in den verschiedenen Behörden auch wirklich umgesetzt wird.
Vought hat vor, die Macht des Präsidenten und dadurch auch die Macht des OMB-Direktors in der nächsten Amtszeit deutlich auszuweiten. Unter anderem soll der Präsident das Recht haben, durch den US-Kongress verabschiedete Regierungsprogramme und -ausgaben zu kürzen oder ganz zu streichen. Aktuell kann das nur der Kongress. Um diese Pläne umzusetzen, bräuchte es laut Vought loyale Mitarbeiter innerhalb des gesamten Regierungsapparats, die den Anweisungen aus dem Weißen Haus ohne Widerstand Folge leisten.
Unter Republikanern gibt es zudem den verschwörungstheoretischen Glauben, dass ein sogenannter „Deep State“, ein Staat hinter dem Staat, innerhalb der Regierungsorgane existiert. Dieser angebliche Zusammenschluss aus Bürokraten soll versuchen, die Umsetzung konservativer beziehungsweise rechter Politik zu vereiteln. Auch deshalb will Vought so viele Regierungsmitarbeiter wie möglich ersetzen. „Ohne kleine Konfrontationen werden wir unser Land nicht retten“, sagte er im Juni.
Bloß keine Fachkompetenz
Die Verschwörungstheorie eines „Deep State“ wird auch von Trump selbst geteilt. Seine Kandidaten für die Posten des FBI-Direktors, des Justiz-, Außen- und Verteidigungsministers sowie der Geheimdienstdirektorin sind ebenfalls davon überzeugt. Sollten sie vom Senat in ihren Ämtern bestätigt werden, werden sie versuchen, den angeblichen „Deep State“ zu zerlegen. Im Gegensatz zu Vought, Homan und Miller hat keiner von ihnen direkt an „Project 2025“ mitgearbeitet.
Der frühere Kongressabgeordnete Matt Gaetz war Trumps erste Wahl für den Posten des Justizministers. Gaetz, der bis vor Kurzem selbst von dem Ministerium beobachtet wurde, das er nun leiten soll, hatte noch nie eine leitende Führungsposition inne. Auch der Ethikausschuss des Repräsentantenhauses untersuchte Gaetz aufgrund von Vorwürfen, dass er für Sex mit einer Minderjährigen bezahlt hätte. Ein Bericht über das angebliche Vergehen wurde bislang noch nicht veröffentlicht. Nachdem klar wurde, dass seine Chancen auf eine Bestätigung durch den Senat verschwindend gering sind, zog Gaetz seine Nominierung zurück.
Ähnlich liegt der Fall von Pete Hegseth. Der ehemalige Moderator des rechten Fernsehsenders Fox soll neuer Verteidigungsminister werden und damit das größte Ministerium innerhalb der US-Regierung leiten. Erfahrung hat er in diesem Bereich keine. Außerdem wurde Hegseth im Jahr 2017 der sexuellen Nötigung bezichtigt. Es kam nie zu einer Anklage, aber Hegseth gab später zu, dass er das mutmaßliche Opfer fürs Schweigen bezahlt hat. Jüngst machte der Verteidigungsminister in spe zudem Schlagzeilen, weil er schwule US-Soldaten als Teil einer „marxistischen“ Agenda bezeichnete.
Auch die frühere Kongressabgeordnete Tulsi Gabbard, die in der Vergangenheit russische und syrische Propaganda verbreitet hatte und nun die US-Geheimdienste leiten soll, verfügt auf den ersten Blick nicht über die nötigen Qualifikationen für das Amt. Gleiches gilt für Robert Kennedy Jr. Der ausgesprochene Impfgegner soll unter Trump das Gesundheitsministerium leiten.
„Normalos“ und Superreiche
Für Experten zeigen diese Nominierungen, dass Trumps Team nicht genug Zeit investiert hat, um die Kandidaten wirklich auf ihre Qualifikationen und mögliche Charakterschwächen zu untersuchen. „Ein Präsident wird immer Leute auswählen, die ähnliche Werte vertreten. Das ist hier jedoch anders. Es ist ein Streben nach absoluter Loyalität, gepaart mit dem, was ‚Project 2025‘ und der designierte Präsident Trump darüber dargelegt haben, wie sie die Arbeitsweise der Regierung verändern wollen“, sagt Olinsky.
Neben fragwürdigen Charakteren hat Trump aber auch vermeintlich „normale“ Kandidaten für wichtige Regierungspositionen nominiert. Der als Finanzminister gehandelte Scott Bessent oder Lori Chavez-DeRemer, die als Arbeitsministerin fungieren soll, werden als vernünftig und solide beschrieben.
„Diese Beispiele zeigen, dass Trump eine rationale Seite hat“, sagt zum Beispiel Yale-Professor Jeffrey Sonnenfeld. „Aber dann gibt es eben noch die andere, kapriziöse, emotionale, rachsüchtige, nachtragende Seite. Und mit dieser hat Trump einige der verheerendsten Kandidaten ausgewählt.“
Die große Unbekannte bleibt derweil weiter Elon Musk. Der reichste Mann der Welt hat es in kurzer Zeit mit seiner finanziellen Wahlkampfunterstützung in Trumps engsten Kreis der Vertrauten geschafft. Musk und der Geschäftsmann Vivek Ramaswamy sollen in der Trump-Regierung eine neue Behörde „für effizientes Regieren“ leiten. Am vergangenen Donnerstag hat Musk Kongressabgeordnete getroffen, um über einen drastischen Personalabbau im Regierungsapparat zu sprechen.
Diese erfolgreiche politische Einflussnahme scheint auch andere Tech-Milliardäre zu beeindrucken: Nachdem Meta-Chef Mark Zuckerberg an Donald Trump vor vier Jahren noch kaum Interesse zeigte, spendete er jetzt eine Million Dollar für dessen Amtseinführung.
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