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Kritik an GeheimdienstBND-Chef könnte Absetzung drohen

Erst spät informierte der Auslandsnachrichtendienst über den Wagner-Aufstand in Russland. Am Mittwoch muss sich der BND im Bundestag rechtfertigen.

Der BND ist schlecht informiert, vielleicht wartet er bis es in der Zeitung steht Foto: Gertrud Poss/picture-alliance

Berlin taz | Für BND-Präsident Bruno Kahl dürfte es am Mittwoch ungemütlich werden. Hinter abhörsicheren Türen im Bundestag wird das Parlamentarische Kontrollgremium tagen – und es wird auch um die Performance des Auslandsgeheimdiensts gehen. Auch der Auswärtige Ausschuss will sich am selben Tag damit beschäftigen. Und an Kritik am BND mangelt es derzeit nicht, im Raum steht gar eine Absetzung von Kahl.

„Es muss ein Ende haben, dass der BND immer wieder von Ereignissen überrascht wird“, sagte der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner, Teil des Kontrollgremiums, am Montag der taz. „Zu klären sind die zentralen Fragen, ob der BND in der gleichen Liga mit den Diensten unserer engsten Verbündeten mitspielt, ob er mit diesen kooperiert und ob er von ihnen die wesentlichen Dinge erfährt.“ Von einem Rücktritt Kahls spricht Stegner nicht. Aber: „Wenn es Defizite gibt, muss geklärt werden, woran das liegt und dazu gehört auch die Führung des Dienstes.“

Kritisierte Defizite gab es zuletzt einige. Als in Russland jüngst die Wagner-Söldner um Jewgeni Prigoschin gegen Putin rebellierten, soll der BND das Kanzleramt erst informiert haben, als der Aufstand schon lief – die US-Dienste sollen weit vorher Bescheid gewusst haben. Auch vom Ausbruch des Ukraine-Kriegs vor anderthalb Jahren wirkte Präsident Kahl überrascht, er weilte damals in Kiew. Die Machtübernahme der Taliban 2021 in Afghanistan hatte sein Dienst so schnell ebenso wenig vorhergesehen. Und zuletzt kam auch noch ein mutmaßlicher Doppelspion in den eigenen Reihen dazu.

Zum Wagner-Aufstand hatte zuletzt auch Kanzler Olaf Scholz in der ARD erklärt, er habe davon im Vorfeld nichts gewusst. Man müsse über den Informationsfluss zwischen den Verbündeten nochmal sprechen. Am Montag gab sich sein Sprecher zurückhaltend: Der Kanzler arbeite mit allen Chefs der obersten Bundesbehörden eng und vertrauensvoll zusammen, erklärte er auf Nachfrage.

Der BND schweigt zu der Kritik

Aber auch andere in der Ampel üben Kritik. So erklärt zwar Konstantin von Notz (Grüne), Vorsitzender des Kontrollgremiums, er sehe „derzeit keinen Anlass“ für eine Rücktrittsdebatte um Kahl. Aber: Das Kontrollgremium habe die Erkenntnislage des BND in Bezug auf den Ukrainekrieg „von Beginn an sehr genau im Blick“. Der Dienst habe in der Vergangenheit immer wieder vor den Gefahren aus Russland und China gewarnt, mit dem Ukrainekrieg müsse die Zeitenwende aber auch beim BND Veränderungen zeigen. Weil dieser „ohne Zweifel gerade in diesen Zeiten ein relevanter Pfeiler unserer wehrhaften Demokratie“ sei, seien „funktionierende und effektive Strukturen umso wichtiger“, so von Notz zur taz. Daher werde sich das Kontrollgremium mit den Fragen der BND-Informationslagen und Kooperationen mit den Partnerdiensten „intensiv befassen“.

Der BND selbst äußert sich zu der Kritik auf Nachfrage bisher nicht. Kahl war 2016 ins Amt gekommen, damals eingesetzt von CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Sein im Nachgang der NSA-Affäre gechasster Vorgänger Gerhard Schindler kritisierte dieser Tage, der BND sei zuletzt juristisch so eingeengt worden, dass die mangelhafte Informationsbeschaffung nicht erstaune. SPD-Mann Stegner weist das zurück: „Das ist Quatsch. Es gibt Recht und Gesetz – und damit muss und kann der BND arbeiten.“ Es dürften muntere Sitzungen am Mittwoch im Bundestag werden.

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2 Kommentare

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  • Ralf Stegner könnte vielleicht auch alte Parteigenoss*innen und Herrn Prof. Sönke Neitzel befragen, warum die Entwicklung nicht besser lief. Der Historiker hat zahlreiche Ansätze für stichhaltige Erklärungen parat.



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    "Neitzel: Die heutigen Geheimdienste, auch der BND, ruhen auf beiden Säulen, der diplomatischen und der militärischen. Ein Drittel der BND-Mitarbeiter sind Soldaten. Noch in der Nachkriegszeit ging es bei der Auslandsaufklärung vor allem um Fragen von Rüstung und Truppenbewegungen. Inzwischen aber steht die politische Informationsbeschaffung im Vordergrund, und damit bekommen die Dienste wieder eine große Nähe zur Diplomatie. Viele BND-Mitarbeiter sagen, die beste Zeit hätten sie unter den Außenministern Joschka Fischer und Frank-Walter Steinmeier gehabt, weil die ihre Expertise sehr stark nachgefragt hätten."



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    www.spiegel.de/kul...-0000-000166081016



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    Dass früher beim BND alles besser war, wird durch zahlreiche Fakten widerlegt. Wenn der Kanzler nicht ausreichend informiert wird durch Verbündete, wäre das auch interessant. Ich erinnere mich an eine Geschichte mit Abhören und Ausspionieren unter Freunden, die die Bundeskanzlerin als Betroffene erzürnte. Hatte das Konsequenzen?

    • @Martin Rees:

      In diesem Zusammenhang wurde dem BND attestiert, dass er sich "an Recht und Gesetz hält"!



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      "Der Satz ist legendär, obwohl er zunehmend naiv erscheint. „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“, sagte Angela Merkel im Oktober 2013. Die Kanzlerin war empört, als sie erfuhr, der US-Nachrichtendienst National Security Agency (NSA) habe ihr Handy abgehört. Die Aufregung war groß, der damalige Generalbundesanwalt Harald Range leitete sogar 2014 ein Verfahren ein, das allerdings ein Jahr später eingestellt wurde. Doch jetzt gibt es wieder Empörung. Am Wochenende wurde bekannt, dass der dänische Militärgeheimdienst Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) der NSA von 2012 bis 2014 beim Abhören von Merkel und weiteren Politikern half. Betroffen waren auch der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, damals Außenminister, und sein Parteifreund Peer Steinbrück, Kanzlerkandidat der SPD bei der Wahl 2013. Steinbrück spricht von einem Skandal."



      Quelle:



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      www.tagesspiegel.d...chuld-5399653.html