Kritik an Bundestrainerin: Egotrip vor Zahnärzten

Martina Voss-Tecklenburgs Vortragsreisen sorgen für Ärger im DFB-Team. Interimscoach Horst Hrubesch hatte noch keinerlei Kontakt zur Bundestrainerin.

Martiona Voss-Teckenburg im Profil

Schleichender Abgang: Martina Voss-Tecklenburg ist als Bundestrainerin wohl untragbar geworden Foto: Eibner/imago

Der Hustenanfall kam ganz plötzlich. Gerade hatte sich Lena Oberdorf vor der Glasfront des Melia Frankfurt City aufgestellt und die erste Frage gehört, als die junge Führungskraft der deutschen Fußballerinnen sich kräftig verschluckte: Die überraschenden öffentlichen Auftritte von Martina Voss-Tecklenburg verursachen bei den DFB-Frauen zum Neuanfang unter Horst Hrubesch vor den Nations-League-Spielen gegen Wales in Sinsheim (Freitag 17.45 Uhr/ARD) und gegen Island in Reykjavik (31. Oktober/ 20 Uhr) eine gewaltige Verstimmung.

„Es gibt mir ein paar Fragezeichen natürlich. Ich hätte mir da durchaus was anderes gewünscht. Dass man sagt: Okay, wir klären erst mal, was bei der WM passiert ist – und danach in den Erholungsurlaub. Nichtsdestotrotz ist es jetzt so passiert“, sagte die 21-Jährige. Das Mienenspiel der Mittelfeldspielerin vom VfL Wolfsburg vor dem Messeturm zu allen ungeklärten Zukunftsfragen sprach Bände.

Das Team hat inzwischen größtmögliche Distanz zu der eigenwilligen Bundestrainerin entwickelt, die sich ihre Zukunft im Verband dem Vernehmen nach selbst verbaut. Hinter den Kulissen wird vermutlich mit ihrem Anwalt Christoph Schickhardt die Auflösung des bis 2025 laufenden Vertrags verhandelt – anders sind solche Egotrips nicht zu erklären.

Die 55-Jährige hatte mit Billigung des DFB bereits vor zwei Wochen beim „Forum Intelligentes Bauen“ in Bremen über „Teambuilding und Coaching aus der Welt des Sports“ gesprochen, dann am vergangenen Donnerstag beim Bayerischen Zahnärztetag einen Vortrag über „Change Management im Frauenfußball“ gehalten.

Fassungslose Nationalspielerinnen

Dass eine nach der WM zunächst krankgeschriebene Cheftrainerin zuerst auf solchen Bühnen spricht, hat mehrere Nationalspielerinnen fassungslos gemacht. Wer nach der von ihrem Ehemann Hermann Tecklenburg öffentlich gemachten „mentalen und körperlichen Erschöpfung“ sofort wieder öffentlich solches Rampenlicht sucht, sollte eigentlich auch den Mut aufbringen, sich mit Akteurinnen auszusprechen, die viereinhalb Jahre mit ihrer Cheftrainerin durch Höhen und Tiefen gegangen sind.

Die Spielerinnen wollten nach dem verpatzten Nations-League-Auftakt gegen Dänemark (0:2) und dem überzeugenden zweiten Auftritt gegen Island (4:0) auf dem Weg zur angestrebten Olympiaqualifikation solche Knüppel zwischen den Beinen eigentlich loswerden, die nun ausgerechnet vor der ersten Länderspielmaßnahme des Interimstrainer Hrubesch wieder auftauchen. „Das ist nicht mein Thema. Ich habe ja gesagt, ich mache es eigentlich interimsmäßig“, erklärte der 72-Jährige am Montag.

Nur Kontakt zu Voss-Tecklenburg, der er zum Jahresende 2018 eine intakte, letztlich noch souverän für die WM 2019 in Frankreich qualifizierte Gemeinschaft übergab, hat auch Hrubesch nicht mehr. „Brita Carlson ist auch da, die die Spiele vorher gemacht hat. Und ich denke: Wie das jetzt geregelt ist, das muss der DFB dann entscheiden. Das ist jetzt nicht mein Bier. Ich hoffe, dass es letztendlich vier Spiele werden.“ Er möchte also auch das entscheidende Rückspiel gegen Dänemark in Rostock (1. Dezember) noch verantworten, um im Optimalfall im Februar 2024 als Gruppensieger das Endturnier um einen Olympiastartplatz zu spielen.

Von der gestörten Kommunikation mit seiner Vorgängerin hat Hrubesch zwar in etlichen Gesprächen teils schon aus Australien erfahren, doch ihm ist das als Erklärung fürs kollektive WM-Versagen zu wenig. „Ich habe immer versucht, den Mädels auf den Weg zu geben: Sie haben eine Eigenverantwortung.“

Ihm geht’s darum, rasch eine Spiel­idee zu übermitteln, die nach der Verunsicherung wieder Halt vermittelt. Weil der Frauenfußball „wesentlich schneller, agiler, tempogeladener“ geworden sei, will Hrubesch „ein höheres Tempo“ sehen. Der zu langsame Spielaufbau soll der Vergangenheit angehören, lange Bälle sind beim früheren Kopfball-Ungeheuer nicht verboten. Gegen Wales und auf Island soll seine Mannschaft „voll auf Tore spielen“. Siege setzt er gegen die Gegner der zweiten Kategorie voraus.

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