Krise im norwegischen Königshaus: „Bonus-Prinz“ wegen Sexualdelikt in Untersuchungshaft
Marius Borg Høiby, der Sohn von Norwegens Prinzessin Mette-Marit, wurde diese Woche festgenommen. Das Königshaus hält sich bislang mit Stellungnahmen zurück.
Der Vorwurf diesmal ist bisher der Gravierendste: Er soll sexuelle Handlungen an einer wehrlosen Frau vorgenommen haben. Es wird auch ohne einen sogenannten vollzogenen Geschlechtsakt wegen Vergewaltigung ermittelt. Am Mittwochnachmittag gab der zuständige Staatsanwalt zudem bekannt, es handele sich nicht mehr nur um einen, sondern um zwei Fälle. Er beantragte zwei Wochen Untersuchungshaft für den 27-Jährigen, Grund sei die Gefahr von Beweisvereitelung. Es wurde schließlich Untersuchungshaft für eine Woche angeordnet.
Körperverletzung, Sachbeschädigung, Drogen
Anfang August war Høiby das erste Mal festgenommen worden. Ihm wurde zunächst Körperverletzung, Sachbeschädigung und später auch Bedrohung vorgeworfen, nachdem er unter Drogeneinfluss in der Wohnung seiner Freundin randaliert haben und sie angegriffen haben soll.
Der auch „Bonus-Prinz“ genannte Høiby, der offiziell kein Mitglied der Königsfamilie ist, räumte ein, die ihm vorgeworfenen Taten im Alkohol- und Kokainrausch begangen zu haben. Er wolle die Verantwortung dafür übernehmen und bat die betroffene Frau, die er als seine Freundin bezeichnete, um Entschuldigung. Doch damit fing die Aufregung erst richtig an.
Zwei Ex-Freundinnen beschuldigten ihn im Anschluss an seine Erklärung öffentlich, auch gegen sie gewalttätig geworden zu sein. Auch in diesem Fällen wurden Ermittlungen eingeleitet. Anfang September wurde gegen Høiby ein Besuchsverbot für die Frau, in deren Wohnung er randaliert hatte, ausgesprochen. Mitte September soll er dagegen verstoßen haben, er wurde festgenommen, aber nach einem Tag wieder freigelassen.
Vorwurf häusliche Gewalt und Todesdrohung
Der Vorwurf in diesem ersten Fall, der alles ins Rollen brachte, wurde inzwischen auf häusliche Gewalt – im Norwegischen „Gewalt in einer nahen Beziehung“ – erweitert, dasselbe gilt im Fall der beiden als Models und Influencerinnen bekannten Ex-Freundinnen. Außerdem soll Høiby einen Mann mit dem Tode bedroht haben, was er auch einräumt. Die jüngsten Vorwürfe weist er hingegen ebenso wie die der häuslichen Gewalt von sich. Sein Anwalt nannte die Vergewaltigungsvorwürfe „katastrophale Fehleinschätzungen“, wie die Zeitung VG berichtet.
Als Høiby am Montagabend verhaftet wurde, saß er dem norwegischen Rundfunk NRK zufolge in einem Auto mit der Frau, für die eigentlich das Besuchsverbot gilt. Ihre Anwältin ließ wissen, dass dies ein freiwillige Begegnung war und ihre Mandantin Høibys Auto habe leihen wollen – ein weiteres Detail im Meer von Geschichten, die seit dem Sommer die norwegischen Medien, und nicht nur die Boulevardblätter, beschäftigen.
Königsfamilie hält sich mit Äußerungen zurück
Der Umgang des Königshauses mit der Situation steht dabei immer wieder im Fokus – so wurde natürlich bemerkt, dass der Sohn von Mette-Marit zur Hochzeit seiner Bonus-Tante, Prinzessin Märtha-Louise, im August nicht erschien. Høiby wird seit seiner Jugend vom Boulevard verfolgt, mit viel Rich-Kid-Party-Posing gab er ihnen immer wieder neuen Stoff.
Kronprinz Haakon hatte im August nach der ersten Festnahme kommentiert, dass es natürlich ernst sei, wenn die Polizei eingeschaltet würde. Mehr zu den Vorwürfen zu sagen, fände er nicht richtig, er verwies auf die Zuständigkeit der Polizei.
Seitdem hielt die Familie sich betont zurück mit Äußerungen – aber angesichts der erneuten Festnahme nahm der Kronprinz nun doch Stellung. „Das sind ernste Vorwürfe, mit denen Marius jetzt konfrontiert wird“, sagte er NRK in Jamaica, wo er sich in Vertretung seines kränkelnden Vaters beruflich für einen Termin mit der UN-Entwicklungshilfeorganisation UNDP aufhielt. „Heute denken wir natürlich an alle Betroffenen“, meinte er noch, bevor er eine persönliche Anmerkung machte: Die Geschehnisse beeinflussten natürlich in hohem Grad alle in der Familie, und: „Ich wäre jetzt gerne bei Mette“.
Zustimmung zum Königshaus nimmt ab
Das norwegische Königshaus hat traditionell eine hohe Zustimmung in der Bevölkerung, aber die sinkt – im August sagte mehr als ein Drittel der Befragten in einer Umfrage für NRK, dass sich ihr Bild vom Königshaus verschlechtert habe. König Harald gilt eigentlich als sehr beliebt, auch gegen die Nummer eins und zwei der Thronfolge, Kronprinz Haakon und Høibys Halbschwester, Prinzessin Ingrid, gibt es wenig Einwände.
Das Königshaus soll das Land vertreten, und nur eine Minderheit störte sich bislang daran, es war lange ein unkompliziertes Verhältnis. Aber die Unterstützung für diese Staatsform lässt nun nach: 2017 lag sie noch bei 81 Prozent, im Mai 2024 bei 73 – und im August sank sie auf 68 Prozent. Lange wurde Prinzessin Märtha-Louise und ihren Lebensentscheidungen, wie die umstrittene Hochzeit mit dem selbsternannten Schamanen Durek Verrett dafür ein Großteil der Verantwortung gegeben. Doch gerade hat die Königsfamilie offenkundig ganz andere Sorgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“