Krise der deutschen Photovoltaik: Gnadenfrist für Solarworld
Ein Investor aus Katar könnten den letzten Solaranlagenbauer Deutschlands retten. Der Preis wäre ein drastischer Personalabbau.
Nach verlässlichen Informationen aus der Belegschaft soll es sich dabei um Unternehmer aus Katar handeln, die bislang schon Anteile an Solarworld hielten. Die Investoren wollen die Belegschaft noch bis Mitte August finanzieren, dann allerdings nur 450 der zuletzt noch 1.850 Beschäftigten übernehmen.
Der letzte verbliebene große Hersteller von Solaranlagen in Europa hatte im Mai seine Zahlungsunfähigkeit anmelden müssen. Am 1. August müsste das offizielle Insolvenzverfahren beginnen, verbunden mit Massenentlassungen. Als Grund für die Schwierigkeiten des Konzerns wird die subventionierte Billigkonkurrenz aus China angegeben. „Unsere Herstellungskosten sind aber gar nicht so viel höher als die der Chinesen“, entgegnet Arbeitnehmervertreter Alexander Richter. In Fernost lägen aber die Gewinnmargen nur bei 3 Prozent, während hier weit mehr erwartet werde.
Kritik gab es auch am Konzept, das zu wenig auf Komplett- und Verbundlösungen mit Speichertechnik setzte. Noch vor der Insolvenz hatte Solarworld das Betriebsprogramm gestrafft und sich auf sieben Standardprodukte konzentriert.
Kompetenzverlust in einer Schlüsselindustrie
Bereits Ende Mai hatte der Sächsische Landtag leidenschaftlich, aber fruchtlos über das Schicksal von Solarworld debattiert. Insbesondere der Grünen-Abgeordnete Gerd Lippold wies eindringlich darauf hin, dass hier der „endgültige Verlust europäischer Kompetenz in einer Schlüsselindustrie droht“. Solarworld sei das letzte Unternehmen, das noch über Kompetenzen in der gesamten Wertschöpfungskette „vom Rohstoff bis zum Solarkraftwerk“ verfüge. Die sächsische Staatsregierung, aber auch die EU stünden deshalb in besonderer Verantwortung.
In ähnlicher Intention, aber vor allem besorgt um mehr als tausend Arbeitsplätze, hatte die Linke für den gestrigen Donnerstag eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag beantragt. Die brachte außer einer Bürgschaftszusage für ein Nachfolgeunternehmen durch Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) nichts Konkretes. Für die CDU, die noch in den 1990er Jahren mit hohen Subventionen Hochtechnologie-Investoren nach Sachsen lockte, wandte sich Wirtschaftspolitiker Frank Heidan gegen die Illusion, der Staat könne angeschlagene Unternehmen retten.
Auf Einladung der Linken-Abgeordneten Jana Pinka gab es am Rande der Ausschusssitzung Gespräche mit Betriebsrat und Mitarbeitern. Betriebsratsvorsitzende Anke Martin-Heede gibt sich verhalten optimistisch für die Zeit nach dem 15. August. Die Anteilseigner aus Katar genießen in Freiberg einen guten Ruf.
Große Hoffnung setzen alle auf eine Transfergesellschaft für die zu entlassenden 1.200 Mitarbeiter in Bonn, Freiberg und Arnstadt, an der sich der Freistaat aber nicht beteiligen wird. Da intern nicht mit einer Fortführung, sondern einer formalen Neugründung gerechnet wird, könnten die Experten im Erfolgsfall nach und nach wieder eingestellt werden.
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