Krise der Photovoltaik-Produzenten: Solarstrom boomt, Hersteller leiden
Billige Photovoltaikmodule aus China drohen EU-Produkte zu verdrängen. Zugleich werden in Deutschland so viele Solaranlagen wie noch nie aufgestellt.
Die europäische Solarbranche hatte kürzlich in einem Brief an die EU-Kommission gewarnt: „Wenn jetzt nichts passiert, ist das Risiko groß, dass europäische Solarproduzenten in den nächsten Monaten massive Probleme bekommen werden, manche sogar insolvent gehen“. Subventionen seien nötig.
Nach Auflösung der Lieferengpässe aus der Corona-Zeit und mit dem starken Ausbau der Solarfabriken insbesondere in Asien sei der harte internationale Wettbewerb im Bereich der Photovoltaik (PV) in den letzten Monaten neu entfacht worden, heißt es in der Solarbranche. Es gebe große Mengen an Lagerware im Handel und in den Häfen. Der Preisverfall der Module habe innerhalb der vergangenen sechs Monate bei 35 Prozent gelegen. Chinesische Module werden in der EU bereits für 15 Cent pro Watt angeboten, was Branchenkenner selbst in China nicht für kostendeckend halten.
China verfügt längst über die mit Abstand größten PV-Produktionskapazitäten weltweit. Gegenüber Deutschland erziele das Land „Kostenvorteile bis hoch in den mittleren zweistelligen Prozentbereich“, erklärt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) begründet die Preise der Ware aus Fernost auch damit, dass die Module „in China unter Zwangsarbeit hergestellt werden“ – was China allerdings bestreitet.
USA und Indien schotten ihre Märkte ab
Die Flutung des europäischen Markts mit chinesischen Modulen resultiert auch daraus, dass diese Ware in den USA nicht mehr verkauft werden darf, wie das BMWK in einer Antwort auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Christian Leye schreibt. Das ist Folge des Inflation Reduction Act, der ein riesiges Subventionspaket und Importbeschränkungen umfasst und den USA helfen soll, Solarindustrie ins eigene Land zu locken. Auch Indien habe inzwischen seinen Markt gegenüber chinesischen PV-Modulen abgeschottet, so das BMWK.
Somit drängen die asiatischen Module nun in großem Stil nach Europa – weshalb die hiesigen Hersteller im Preiskrieg Unterstützung von der EU fordern. Schließlich haben sich die europäischen Staaten zum Ziel gesetzt, künftig 40 Prozent des Photovoltaik-Bedarfs aus heimischer Produktion zu decken.
Erreichbar wäre das auf verschiedenen Wegen – einerseits durch Importzölle. Solche lehnt der BSW allerdings ab, was damit zusammenhängt, dass der Verband nicht nur Hersteller vertritt, sondern auch Projektierer, die ihre Module möglichst billig einkaufen wollen. Statt dessen schlägt der BSW Boni bei der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vor für jene Projekte, die Komponenten aus europäischer Fertigung nutzen.
Die Probleme der europäischen Solarhersteller fallen in eine Zeit, in der die Photovoltaik hierzulande boomt, wie nie zuvor. Der Zubau in Deutschland lag von Januar bis August bereits bei rund 9 Gigawatt, nach 7 Gigawatt im ganzen Jahr 2022. Auch der historische Spitzenwert von 2011, der bei 7,9 Gigawatt lag, ist damit übertroffen. In der EU wird der Zubau 2023 auf 70 bis 100 Gigawatt geschätzt – nach 46 Gigawatt im Vorjahr. In dieser Hinsicht zeigt sich auch der BSW optimistisch: Der Photovoltaik-Weltmarkt werde „perspektivisch die Umsatzvolumen der Automobilindustrie erreichen“.
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