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Krise bei US-DemokratenDruck auf Biden wächst

Der amtierende US-Präsident muss sich mit einer Coronainfektion schonen. Und deutet an, was ihn zum Rückzug bewegen könnte.

Us-Präsident Joe Biden Mitte Juli in Las Vegas Foto: Tom Brenner/reuters

Washington taz | Während die Republikaner auf dem Nominierungsparteitag in Milwaukee ihren Präsidentschaftskandidaten, den früheren Präsidenten Donald Trump, wie einen Helden feiern, wächst in der demokratischen Partei der Druck auf Präsident Joe Biden stetig weiter. Mit dem kalifornischen Abgeordneten Adam Schiff forderte am Mittwoch ein weiterer namhafter Politiker den 81 Jahre alten Biden dazu auf, seine Kandidatur für das Präsidentenamt niederzulegen.

„Unsere Nation steht an einem Scheideweg. Eine zweite Trump-Präsidentschaft würde die Grundsätze unserer Demokratie untergraben, und ich habe ernsthafte Bedenken, ob der Präsident Donald Trump im November besiegen kann. Obwohl die Entscheidung, sich aus dem Wahlkampf zurückzuziehen, allein bei Präsident Biden liegt, glaube ich, dass es für ihn an der Zeit ist, das Zepter weiterzureichen“, erklärte Schiff, der aktuell für den Senat kandidiert.

Innerhalb der demokratischen Partei herrscht derzeit eine große Unruhe, da im Moment alle Anzeichen dafür sprechen, dass die Demokraten bei der Wahl im November eine deftige Klatsche kassieren könnten. Ausgelöst wurde die aktuelle Krise durch Bidens katastrophale Performance in der ersten TV-Debatte gegen Trump im vergangenen Monat. Bislang haben knapp 20 demokratische Abgeordnete Joe Biden öffentlich dazu aufgefordert, nicht bei der Wahl anzutreten.

Nur Gott entscheidet

Biden hat bislang alle Versuche, seine erneute Kandidatur zu vereiteln, energisch zurückgewiesen. In seinem ersten TV-Interview nach dem Debakel in der Debatte erklärte er, dass nur der „liebe Gott persönlich“ dafür sorgen könne, dass er sich aus dem Rennen zurückziehen würde. Während des Nato-Gipfels vergangene Woche fügte er dann hinzu, dass er seine Kandidatur auch dann überdenken würde, falls ihm seine Berater deutlichen machen würden, dass er absolut keine Chance habe, Trump zu besiegen.

Wie eine der jüngsten Umfragen zeigt, sind fast zwei Drittel der demokratischen Wähler im Land der Ansicht, dass Biden den Platz räumen und es der Partei erlauben sollte, jemand anderen für das Präsidentenamt zu nominieren.

Krankheit als Rückzugsgrund

In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview-Auszug erklärte Biden nun, dass er einen Verzicht auch dann in Betracht ziehen würde, falls ein Arzt ihm dies aus medizinischen Gründen raten würde.

„Wenn bei mir eine Krankheit aufträte und jemand, ein Arzt, zu mir käme und sagen würde, ich habe dieses und jenes Problem“, sagte Biden auf die Frage, was ihm am Ende doch noch umstimmen könnte. Die Antwort war Teil eines aufgezeichneten Interviews mit dem amerikanischen TV-Sender BET, der vor allem ein afroamerikanisches Publikum anspricht.

In dem Interview räumte er auch ein, dass er während der Debatte mit Trump „große Fehler gemacht habe“. Außerdem erklärte er, warum er trotz seines fortgeschrittenen Alters und seinen früheren Aussagen, nur ein Übergangskandidat sein zu wollen, weitere vier Jahre im Amt bleiben wolle.

„Ich sagte, ich würde ein nur Übergangskandidat sein und ich dachte, ich könnte es hinter mir lassen und es an jemand anderen weitergeben. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass die Spaltung im Land so, so, so zunehmen werde. Und ganz ehrlich, ich glaube, das Einzige, was das Alter mit sich bringt, ist ein bisschen Weisheit“, sagte er im Gespräch mit Moderator Ed Gordon.

Positiv auf Covid getestet

Bislang haben Biden und sein Team immer wieder betont, dass kein Arzt eine schwerwiegende Erkrankung beim ihm festgestellt hätte. Sein Hausarzt im Weißen Haus, Kevin O’Connor, erklärte im Februar, dass der Präsident „ein gesunder, aktiver, robuster 81-jähriger Mann sei, der weiterhin fit ist, die Pflichten des Präsidenten erfolgreich zu erfüllen“.

Das war im Februar. Ob sich der Präsident vor der Wahl eines kognitiven Tests oder anderer medizinischer Untersuchungen unterziehen werde, um mögliche Bedenken über seinen Gesundheitszustand zu beseitigen, lies er bislang offen.

Das Weiße Haus gab am Mittwoch außerdem bekannt, dass Biden positiv auf Covid getestet wurde. Seine Symptome seien allerdings milde. Als Vorsichtmaßnahme werde er sich in seinem Haus in Delaware selbst isolieren. Er werde seine Tätigkeiten als Präsident weiter ausüben und das Weiße Hause werde die Öffentlichkeit regelmäßig über Bidens Gesundheitszustand informieren.

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16 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wen hätten die Demokraten denn als wirkliche Alternative? (Zu Biden, zu Trump, zu ihrer eigenen festgefahrenen ermüdenden energielosen Drögheit? Kamala Harris vielleicht, denn Michele Obama macht es sicher nicht.) Alessandra Casio Cortez ist leider noch zwei Jahre zu jung. Sie wäre, wie auch der Sandersflügel insgesamt wirklich eine Alternative für Wählerïnnen, ökonomisch, sozial, ökologisch etc.

  • Biden war als Kandidaten schon bei der letzten Wahl eine schwache Option. Zähneknirschend gewählt, weil das noch größere Übel Trump lautete. Seit dem katastrophalen TV-Duell lässt sich das offenkundige nicht mehr leugnen, Biden ist mental offenkundig nicht in der Lage das Land zu führen und es stellt sich die Frage wer lenkt es stattdessen.

    Die Demokraten wären gut beraten schleunigst einen kompetenten Kandidaten, und die gibt es, zu nominieren. Der oder die macht dann freilich nicht, was die Hintermänner gerne hätten. Ein starker Kandidat hat nämlich seinen eigenen Kopf!

    Die Reaktionen der Börsen auf Trumps Verlautbarungen, zum Beispiel zu Taiwan, zeigen ganz klar, aktuell ist Trump als nächster Präsident gesetzt. Biden hat schon verloren.

  • Was macht eigentlich Bernie Sanders gerade?

    • @B. Iotox:

      Keine Ahnung, was der macht. Aber er wird aus Altersgründen wohl kaum eine Alternative zu Joe Biden sein, denn Sanders ist 14 Monate älter als Biden.

  • Ob jetzt Biden gegen Trump verliert oder… äh… wer soll ihn ersetzen? Kamela Harris? Chuck Schumer? George Clooney?

    • @B. Iotox:

      Vielleicht Taylor Swift fragen?🤔



      Die gastiert "um die Ecke".



      www.derwesten.de/s...e-id301057487.html



      /



      Es muss schon jemand sein, die / der sich berufen fühlt und mit besonderen Mächten oder Fähigkeiten ausgestattet weiß, denn Trump hat soeben ❗seine "celestiale" Unterstützung annonciert.



      Das war zu erwarten nach diesem preludialen DramaAuftakt mit 'Paukenschlag' und bei der Suggestibilitat der WählerInnenschaft in ... Own Country.

    • @B. Iotox:

      Corey Booker !

  • Gott, ich weiß, ich bin nicht deine beste Arbeit, aber bitte, bitte, sag dem alten Mann, dass er es lassen soll.

  • Wer Trump will muss an Biden festhalten.



    Ich verstehe nicht wie die Demokraten dabei nur zuschauen wie sie wegen Biden die Wahl verlieren werden.

    • @Rudi Hamm:

      Sie werden die Wahl auf jeden Fall verlieren, auch wenn Biden zurücktritt. Sie hätten schon letztes Jahr anfangen müssen, einen anderen Kandidaten aufzubauen. Jetzt ist es zu spät.

      • @B. Iotox:

        in der tat

  • Jetzt haben sie ihm alle Brücken gebaut. Hoffentlich hilft ihm die Weisheit des Alters, das auch zu erkennen. Und hoffentlich kann sich die Partei dann schnell auf eine Kandidat*in einigen. Die Frage des Zeitpunkts der Verkündung dürfte das Momentum nicht unwesentlich beeinflussen.

    • @Der Leser:

      "Hoffentlich hilft ihm die Weisheit des Alters..."



      Ja mein Gott, dann wählt/nominiert ihn halt nicht!



      Wie kann es sein, dass in einer demokratischen Partei der Kandidat ausschließlich vom Willen dieses Kandidaten abhängt?!

  • Das Problem vieler die so lange in Amt und Würden sind: sie halten sich für unverzichtbar, was sie natürlich nicht sind, konnte man auch am Ende der Ära Merkel hierzulande beobachten. Diese Selbstgewissheit bei gleichzeitig immer stärker zu Tage tretenden objektiven Gründen für einen Rückzug machen das ganze so quälend und unwürdig.

    • @Bambus05:

      "Diese Selbstgewissheit bei gleichzeitig immer stärker zu Tage tretenden objektiven Gründen für einen Rückzug machen das ganze so quälend und unwürdig."



      Unwürdig ist es, diese Altkandidaten weiterhin zu stützen, zu wählen und in ihrem Selbstbild zu bestärken. Ist mir unbegreiflich.

  • Na, hat die Vorsehung wohl Corona geliefert, um eine Begründung für den Rückzug zu haben. Allerdings, mit seiner Vizepräsidentin als Kandidatin geht das Rennen ebenso desaströs aus. Hoffen wir, dass die Demokraten noch einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus dem Hut zaubern, der oder die realistische Chancen gegen Trump hat. Ehrlich gesagt, dass wird selbst verschuldet schwierig.