Krieg in der Ukraine: Anschlag auf Kreml-Vertreter

Im russisch besetzten Melitopol wird ein Kreml-Vertreter bei einem Anschlag verletzt. Unterdessen geht der Konflikt um das AKW Saporischschja weiter.

Zivilisten stehen mit russischen Soldaten an einer Promenade in Melitopol

Die neuen (temporären) Herrscher Melitopols: Russland und seine Soldaten Foto: ap

BERLIN taz | Die südukrainische, von russischen Truppen besetzte Stadt Melitopol ist am Freitagmorgen erneut von einer Explosion erschüttert worden. Angaben des rechtmäßig gewählten ukrainischen Bürgermeisters Iwan Fjodorow zufolge sei ein selbstgebastelter Sprengsatz explodiert und eine Person verletzt worden. Dabei soll es sich um Oleg Schostak handeln. Dieser werde jetzt in einem Krankenhaus behandelt.

Schostak leitet die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit in der russischen „militärisch-zivilen Verwaltung“ der Region Saporischschja. Dessen Chef, Jewgeni Balitzki, ist ein enger Verbündeter. Einem Bericht des ukrainischen Internetportals Glawred zufolge soll sich Schostak stets in Begleitung eines Konvois in der Stadt bewegt haben. Vor dem Krieg war Schostak Chef des lokalen TV-Senders MTW-Plus, der vor allem die Sichtweisen des Kremls verbreitete.

Bereits am vergangenen Mittwoch was es in Melitopol in der Nähe des Büros der Kremlpartei „Einiges Russland“ zu einer Explosion gekommen. In ukrainischen Medien waren sogenannte Partisanen als Verantwortliche für den Anschlag genannt worden. Derzeit laufen in den Gebieten Saporischschja und Cherson Vorbereitungen für einen Volksentscheid über einen Beitritt zur Russischen Föderation. Ein genaues Datum ist derzeit noch nicht bekannt.

„Die Jagd auf die Beteiligten an dem sogenannten Pseudo-Referendum in einem Teil des Gebiets Saporischschja ist eröffnet. Die Kräfte des Widerstands werden handeln, damit kein Referendum stattfindet“, zitiert das ukrainische Nachrichtenportal Focus.ua Bürgermeister Fjodorow.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Unterdessen geht der Streit zwischen der Ukraine und Russland über das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja weiter. Mehrmals war das Gelände des Kraftwerkes in den vergangenen Tagen unter Beschuss geraten. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, dafür verantwortlich zu sein. Russische Truppen halten das Werk seit Anfang März besetzt, es wird jedoch von ukrainischem technischen Personal betrieben.

Das Thema war auch Gegenstand einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats am Donnerstag in New York. UN-Generalsekretär António Guterres forderte Kiew und Moskau dazu auf, die Kampfhandlungen in dem Gebiet einzustellen und Vertretern der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) einen sofortigen, sicheren und ungehinderten Zugang zum Atomkraftwerk zu ermöglichen.

Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen (UN), Wasili Nebensja, sagte, er hoffe, dass ein Besuch von Inspekteuren der IAEA möglicherweise sogar noch vor Ende August erfolgen könne. Russland wolle dabei größtmögliche Unterstützung leisten.

Westliche Gönner

Der Ständige Vertreter der Ukraine bei den UN, Serhij Kislitsa, begrüßte die Bereitschaft der Russischen Föderation, die IAEA-Mission zu unterstützen. Gleichzeitig müsse Russland jedoch den Beschuss von Nikopol und Marganets einstellen. Die beiden Städte liegen am Ufer des Dnjeprs gegenüber der Kernkraftwerksangestellten-Stadt Enerhodar.

Auch der Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, äußerte sich zu den jüngsten Kampfhandlungen rund um das Kernkraftwerk Saporischschja. „Die Drecksäcke in Kiew und ihre westlichen Gönner scheinen bereit zu sein, ein neues Tschernobyl ins Werk zu setzen. Sie sagen, Russland sei schuld. Dies ist selbst für die dumme russophobe Öffentlichkeit ein offensichtlicher, 100-prozentiger Unsinn. Auch die UNO glauben das nicht“, schreibt er auf seinem Telegram-Kanal. „Wir sollten nicht vergessen, dass die Europäische Union auch Atomkraftwerke hat. Und auch da könnte etwas passieren …“

Seit Kriegsbeginn macht Medwedew durch seine verbalen Amokläufe gegen die Ukraine und den Westen auf sich aufmerksam. In russischen Medien wird darüber spekuliert, ob er sich damit für die Nachfolge von Wladimir Putin empfehlen will. Den Posten des Staatspräsidenten hatte er bereits von 2008 bis 2012 inne.

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