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Kreuzfahrten vor dem NeustartPest der Meere

Nach der Corona-Zwangspause hofft die oft kritisierte Kreuzfahrtbranche, an ihr Wachstum anknüpfen zu können. Die Schiffe sind eine Welt für sich.

Fragwürdiges Freizeitvergnügen: Die „Aidasol“ läuft zu Beginn der Saison in der Kieler Förde ein Foto: Petra Nowack/imago

Bremen taz | Viele Jahre konnte sich die Kreuzfahrtbranche jedes Jahr über neue Passagier­rekordzahlen freuen: Die bisherige Höchstmarke von weltweit 27,8 Millionen wurde im Jahr 2019 erreicht. Dann kam Corona. Ganze Schiffe wurden unter Quarantäne gestellt, Reisen abgesagt, das Geschäft brach ein.

Mittlerweile sind die Reedereien wieder optimistisch: Mit über 31 Millionen Passagieren rechnet das Branchenblatt Cruise Industry News für das Jahr 2022. Dazu passt die Nachricht, dass Bremerhaven die „Columbuskaje“, das Herzstück des dortigen Kreuzfahrtterminals, neu bauen will.

Bereits Ende Oktober sollen die Ramm­arbeiten für die neue Spundwand losgehen. Der Grund für den Bau sei nicht etwa eine Steigerung der Passagierzahlen, „sondern der Zustand der Kaje, die bekanntermaßen nicht mehr standsicher ist und bei besonders ausgeprägtem Niedrigwasser gesperrt werden muss“, sagt Holger Bruns, Sprecher der Hafenmanagementgesellschaft Bremenports.

Wegen der Probleme mit dem Niedrigwasser kann die Spundwand auch nicht auf der Landseite in den Boden gerammt werden; die neue Kaje werde 20 Meter vor der alten in der Weser entstehen, erklärt Rainer Kahrs, Sprecher der Häfensenatorin. Die rund 1.000 Meter Kaje werden in drei Abschnitten neu gebaut; vor der Saison 2025 soll sie fertig sein. „Während der Bauzeit soll das Kreuzfahrtgeschehen so wenig wie möglich behindert werden“, sagt Kahrs. 80 Millionen Euro Baukosten seien veranschlagt.

Emotionale Bedeutung für Bremerhaven

Für 1,27 Millionen Euro soll zudem ein neues, „multifunktionales Empfangsgebäude“ entstehen, so hat es der Hafenausschuss Anfang des Jahres beschlossen, mit Parkhaus und Büroetagen. Was Senatorin Schilling im Februar dazu gesagt hat, klingt dann doch ein wenig nach Ausbauplänen: „Ziel dieser Investition ist es, diese wirtschaftlichen Potenziale für den Hafen und die Stadt noch besser nutzen zu können.“ Kreuzfahrt habe in Bremerhaven eine große „wirtschaftliche und emotionale Bedeutung“.

Dabei ist Bremerhaven mit 250.000 Passagieren im Jahr 2019 noch nicht einmal der größte Kreuzfahrtstandort im Norden. In Hamburg und in Kiel gingen im selben Jahr jeweils knapp über 800.000 Menschen von oder an Bord, in Warnemünde waren es sogar 900.000.

Das ist gut für den Tourismus, aber weniger fürs Klima: Neben Flugzeugen sind Kreuzfahrtschiffe die klimaschädlichsten Verkehrsmittel pro Person und zurückgelegtem Kilometer. Bei einer einwöchigen Mittelmeerkreuzfahrt fallen laut Umweltbundesamt etwa 1,9 Tonnen CO2-Äquivalente an – das ist mehr, als ein*e Deut­sche*r pro Jahr durch die Nutzung von Auto, Bus und Bahn verursacht. Und der Flug kommt in dem Fall oben drauf. Es sei denn, man startet eben aus Bremerhaven.

Doch in der Branche tut sich was, zumindest ein wenig: So hat die Reederei Aida Cruises Anfang September angekündigt, sie wolle bereits 2040 emissionsneutral fahren. Damit ist sie einigen Kon­kur­ren­t*in­nen voraus. „Kaum eine Kreuzfahrtreederei hat derzeit eine konkrete Strategie, um den konsequenten Umbau der Flotte in Richtung emissionsfreiem Betrieb voranzutreiben“, konstatierte der Naturschutzbund (Nabu) bei seinem Kreuzfahrtranking vor einem Jahr.

Die Latte hängt niedrig

Gelobt wird hier, wer überhaupt etwas macht. Die Ansprüche sind notgedrungen gering: Die internationale Schifffahrt steht seit Jahren für ihre fehlenden oder wenig ambitionierten Klimaziele in der Kritik.

Wer den Koalitionsvertrag der rot-grün-roten Bremer Regierung kennt, für den ist der geplante Umbau des Kreuzfahrtterminals trotzdem keine Überraschung. Dort steht: „Weitere Investitionen werden notwendig für die Weiterentwicklung besonders wertschöpfungsintensiver Hafenbereiche“, dahinter in Klammern: „Weiterentwicklung des Kreuzfahrtterminals“.

Wie passt das zu dem Bremer Klimaziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 80 Prozent zu reduzieren? „Wir Grünen erwarten von Kreuzfahrtkonzernen, den CO2-Abdruck von Kreuzfahrten zu reduzieren“, sagt Maurice Müller, Bremer Bürgerschaftsabgeordneter für die Grünen und Vorsitzender des Hafen-Ausschusses. Wichtig sei, „die Seeschifffahrt und damit auch Kreuzfahrtschiffe auf klimafreundliche Antriebskonzepte und Treibstoffe umzustellen“.

Immerhin würden Bremen und Bremerhaven zusammen mit Stade und Hamburg zum „Wasserstoffzentrum Nord“ ausgebaut, sagt Müller. Bis 2023 gebe es dafür 70 Millionen Euro vom Bund. Wasserstoff ist ein Hoffnungsträger für alternative Schiffsantriebe. Die infrage kommenden Technologien stecken allerdings noch in den Kinderschuhen.

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6 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die Schornsteine der Kreuzfahrtschiffe und die Turbinen der Flugzeuge sollen in den nächsten Jahren kräftig weiter "rauchen". Vor Kurzem wurde die Lufthansa mit 9 Milliarden Euro Steuergelder "gerettet" und der weltgrößte Tourismuskonzern TUI bekam 3 Milliarden Euro Staatshilfe, damit diese Unternehmen in der Corona-Krise nicht untergehen und sie das Klima auch in den nächsten Jahren zerstören können, denn der Klimawandel freut sich sicherlich über noch mehr CO2 in der Atmosphäre.

    Falls man den Klimawandel irgendwann aber endlich mal ernst nimmt, dann werden Kreuzfahrschiffe, auf denen ohnehin nur wohlhabende Rentner sinnlos herumfahren, in absehbarer Zeit sowieso verschwinden. Anscheinend hat man immer noch nicht verstanden, dass viele Dinge sich ändern müssen, wenn man als Menschheit überleben möchte. Dass der weltgrößte Tourismuskonzern TUI in der Corona-Krise drei Milliarden Euro Staatshilfe bekam, ändert auch nichts daran, dass TUI in den nächsten Jahren auch verschwinden muss, denn die "CO2-Party" mit Kreuzfahrtschiffen und Billigflügen ist vorbei. Wenn man jetzt nicht endlich mal anfängt das klimaschädliche Wirtschaftssystem vernünftig umzubauen, dann wird das in den nächsten Jahren ein böses Erwachen geben.

  • Ein sehr treffender Name: Pest der Meere!

    Wenn niuur mehr Städte es dem Beispiel Venedigs nachmachen würden!

  • Diese Schiffe sind viel umweltfreundlicher als die Bettenburgen an den Küsten der südlichen Länder. Türkei, Thailand, Bali, Ägypten, wasweißich... da wurden ganze Landschaften für immer ruiniert. Alles nur für den Tourismus.



    Ich bin kein Ingenieur, aber ich denke mal, dass diese Schiffe auf umweltfreundliche Antriebe umgerüstet werden können. Die zerstörten Landschaften dagegen sind unrettbar verloren.

  • Tja, wenn die Grünen in Bremen erwarten, dass die CO2-Emissionen von Kreuzfahrtschiffen reduziert werden, könnte man ja auch auf den Gedanken kommen, entsprechende Maßnahmen der Kreuzfahrtkonzerne zur Voraussetzung für den Umbau des Terminals zu machen, statt mit dem Umbau in Vorleistung zu gehen und dann zu hoffen, dass die Kreuzfahrten ein bisschen umweltverträglicher werden.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Anstatt hier für irgendwelchen zweifelhaften Irrglauben auf die Straße zu gehen, wäre ein Protest direkt am Kai doch wahrscheinlich recht wirksam.

    Die Reedereien müssen gezwungen werden, die Schiffsmotoren auf umweltfreundlichen Wasserstoff umzustellen.



    Warum nicht eine Agenda mit Ziel 2035 für alle Schiffe in deutschen Häfen, besser noch in europäischen Häfen!!!



    Hier sind sie gefragt Frau von der Leyen, anstatt immer Sonntagsreden zu halten! Und mit Schiffen kennen sie sich ja aus!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Umweltfreundlicher Wasserstoff auf Schiffen wäre gut!



      Schiffe könnten ihn vor allem auch gleich dort bunkern, wo er günstig und in großen Mengen produziert und verkauft wird: In Dings, wie hieß das nochmal? Irgendwo im Ausland jedenfalls!