Kostenloser Nahverkehr und Fahrverbote: Schöne Idee, schwierige Umsetzung
Fünf von der Bundesregierung ausgewählte Modellkommunen könnten den kostenlosen ÖPNV testen. Sie wollen aber nicht.
Zu dem Treffen geladen waren Vertreter aus Bonn, Essen, Mannheim, Reutlingen und Herrenberg. Dort sollten verschiedene Ideen wie etwa ein stärkerer Ausbau von E-Bus-Verkehr oder die Verkehrslenkung beraten werden, um die Luftbelastung zu verringern.
Der Oberbürgermeister der Gastgeberstadt Bonn, Ashok Sridharan (CDU), hatte sich bereits im Vorfeld skeptisch gezeigt. „Also, vollumfänglich zu 100 Prozent öffentlicher Personennahverkehr, glaube ich nicht, dass wir da so schnell den Schalter umlegen können“, sagte Sridharan dem Radiosender WDR 5. Gezielte Projekte wie eine kostenlose Fahrkarte für Autofahrer, die ihren Wagen stehen lassen, ließen sich eventuell realisieren, weil es nicht die Masse der Menschen betreffe. Das hätte dann aber nicht den gewollten Effekt, die Luftreinhaltung nachhaltig zu verbessern.
Einen kostenlosen ÖPNV umzusetzen ist alles andere als trivial: Dafür müssen nicht nur die Einnahmeausfälle durch das Wegfallen des Fahrkartenverkaufs ersetzt werden, sondern es müssen auch neue Busse und Bahnen angeschafft sowie FahrerInnen ausgebildet werden, weil deutlich mehr Menschen den ÖPNV nutzen würden.
Unkonkrete Fahrverbote
Die baden-württembergische Universitätsstadt Tübingen ist denn auch die einzige Kommune Deutschlands, die ein fertiges Konzept für einen kostenlosen ÖPNV in der Schublade hat. Weil in Tübingen nur Busse verkehren, lässt sich die nötige Angebotsausweitung um ein Drittel nach Ansicht von Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) leicht realisieren. Samstags ist im Moment der Tübinger Busverkehr bereits umsonst. 200.000 Euro lässt sich die Stadt diese ÖPNV-Förderung kosten.
Wenig konkret bleiben bislang die am Wochenende bekannt gewordenen Pläne des Bundesverkehrsministeriums, die rechtlichen Voraussetzungen für streckenbezogene Fahrverbote zu schaffen. Ein Ministeriumssprecher bestätigte am Montag zwar, dass noch in diesem Jahr im Rahmen einer Novelle der Straßenverkehrsordnung geplant sei, „den Rechtsrahmen zu präzisieren“, damit Maßnahmen zur Verkehrslenkung „nach einheitlichen Kriterien streckenbezogen in hoch belasteten Straßen“ umgesetzt werden können. In welcher Form dies geschehen soll, sei aber offen.
Unklar ist, wie örtliche Fahrverbote für Dieselfahrzeuge mit hohem Stickoxidausstoß kontrolliert werden können. Denn eine „Blaue Plakette“ lehnt die Bundesregierung weiterhin ab. Daran ändere sich durch die neuen Pläne nichts, sagte der Sprecher. Auf die Frage, wie Fahrverbote dann kontrolliert werden sollen, gab es keine Antwort.
Die geplante Regelung steht laut Verkehrsministerium in keinem Zusammenhang mit dem für diesen Dienstag angekündigten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts über Fahrverbote. Diese Aussage überrascht – denn das Gericht beschäftigt sich explizit mit der Frage, ob der Bund die rechtlichen Voraussetzungen für Diesel-Fahrverbote schaffen muss oder ob die Länder eigenständig tätig werden dürfen.
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