piwik no script img

Korb für die 5-Sterne-Bewegung in ItalienKnapp an der Sensation vorbei

Die Fünf-Sterne-Bewegung wollte Mitglied der liberalen Fraktion des EU-Parlaments werden. Die Liberalen bedankten sich – und lehnten ab.

Beppe Grillos Überzeugungskraft reichte für die Liberalen im EU-Parlament nicht aus Foto: reuters

Rom taz | Es war ein dreifacher Rittberger, mit dem Italiens 5-Sterne-Bewegung seine Allianzen im Europäischen Parlament wechseln wollte, weg von den EU-Feinden der Ukip unter Nigel Farage, hin zu den liberalen Europaenthusiasten unter dem Belgier Guy Verhofstadt. Doch der gewagte Sprung endete mit einer Bauchlandung: Die liberale Fraktion verweigerte sich ihrem Chef Verhofstadt und lehnte die Aufnahme der italienischen Protestbewegung unter dem Komiker Beppe Grillo ab.

Begonnen hatte die Posse am Sonntag. Völlig überraschend rief Grillo die Aktivisten der Bewegung zum gleich noch am Sonntag und Montag durchgeführten Onlinevotum darüber auf, zu welcher Fraktion im Europaparlament das M5S in Zukunft gehören solle. Und das Votum fiel eindeutig aus.

Knapp 80 Prozent der 40.000 Abstimmenden entschieden für die Zugehörigkeit zur liberalen Alde-Fraktion, die bisher 68 Mitglieder zählt und mit den 17 Neuzugängen aus den Reihen des M5S im EU-Parlament zur drittgrößten Fraktion hinter der christdemokratischen EVP und den Sozialisten aufgestiegen wäre. Interessant war das vor allem für Verhofstadt, der gern als Präsident des Europaparlaments die Nachfolge von Martin Schulz antreten würde.

Die „Grillini“ waren im Jahr 2014 erstmals ins EU-Parlament eingezogen; bei den damaligen Europawahlen hatten sie gut 20 Prozent geholt. Seinerzeit überraschte Grillo mit dem Entschluss, eine Fraktionsgemeinschaft mit Farages stramm rechtspopulistischer und fremdenfeindlicher Ukip einzugehen. „Rein technisch“ sei dieses Bündnis, hatte es damals geheißen, ohne Fraktionsstatus genössen die Abgeordneten kaum parlamentarische Rechte.

Die Liberalen trauen dem Braten nicht

Doch in Europa kam die Botschaft an, dass das M5S als europaskeptische Kraft kein Problem damit hatte, sich mit den offenen EU-Gegnern aus Großbritannien zu verbünden. Schließlich forderte das M5S, zumindest bis gestern, dass auch Italiens Bürger per Volksabstimmung über die Zugehörigkeit des Landes zum Euro befinden sollten.

Die liberale Fraktion, der sich nun die M5S-Parlamentarier anschließen wollten, steht für diametral entgegengesetzte Positionen. Sie tritt für weitere europäische Integration ein, sie verteidigte das Handelsabkommen TTIP, sie verkörpert in jeder Hinsicht jenes „Establishment“, gegen das Grillos Truppe bisher zu Felde zog.

Und so schien sich eine kleine Sensation anzubahnen: Die Fünf Sterne einigten sich mit der Alde-Fraktion auf ein gemeinsames Papier mit deutlichen Positionen. Dort hieß es zum Beispiel, dass „der Euro am Leben erhalten werden muss“, auch wenn es „einer neuen Governance bedarf“. „Transparente Strukturen“ seien notwendig, um die Eurozone gegen ökonomische Schicks zu wappnen.

Die Fünf-Sterne-Bewegung positioniert sich damit in der EU neu, mit Blick sowohl auf die heimische Wählerschaft als auch auf die anderen europäischen Hauptstädte und die Finanzmärkte. Doch ein guter Teil der Alde-Fraktion, vorneweg die französischen Abgeordneten, traute dieser Wende nicht und zwang den eigenen Vorsitzenden zum Rückzieher. Verhofstadt erklärte noch am Montagabend, dass „die Garantien dafür fehlen, um eine gemeinsame Agenda voranzubringen“.

Der Versuch des M5S, sich in Europa einen seriöseren Anstrich zu verpassen, ist damit spektakulär gescheitert. Grillo versuchte sich mit der Behauptung zu trösten, seine Truppe habe halt mal wieder „das Establishment zum Zittern gebracht“. Italienischen Medien zufolge denkt das M5S jetzt über eine Entschuldigung bei Farage und die Rückkehr an die Seite der Ukip nach.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Immer wieder irre, welche Clowns gewählt werden.