Pleite der Monte dei Paschi di Siena: Italien rettet eine Bank
Die Bank Monte dei Paschi di Siena braucht frisches Kapital. Doch private Investoren halten sich zurück. Jetzt muss der Staat ran.
Denn MPS schiebt nicht nur faule Kredite im Wert von 27 Milliarden Euro vor sich her; auch die Kontoinhaber ziehen ihr Geld ab. Am Mittwoch gab das Bankhaus bekannt, die Liquidität reiche noch für vier Monate; nur wenige Tage vorher hatte es ein Liquiditätspolster von elf Monaten kommuniziert. Der Aktienkurs rauschte sowohl am Dienstag wie auch am Mittwoch um jeweils mehr als 10 Prozent nach unten und lag damit bei nur noch 16 Euro. Zum Vergleich: Im Juni 2016, unmittelbar vor dem Brexit, hatte er noch bei 54 Euro gelegen.
Die Krise der Bank hatte im Jahr 2007 begonnen, als sie die fatale Fehlentscheidung traf, das Bankhaus Antonveneta für 9 Milliarden Euro von der spanischen Bank Santander zu übernehmen. Experten hielten den Kaufpreis schon damals für dreimal zu hoch. Dennoch stimmte die Banca d’Italia zu, die zu jener Zeit von Mario Draghi geleitet wurde.
Hinzu kam, dass sich Italien seit 2008 in einer tiefen Wirtschaftskrise befindet. Mittlerweile ächzt MPS unter uneinbringlichen Krediten in Höhe von 27 Milliarden Euro. Drei Kapitalerhöhungen im Umfang von insgesamt 10 Milliarden Euro zog die Bank zwar von 2001 bis 2015 durch – doch immer wieder war das frische Kapital schnell verbrannt.
Nur die Staatsrettung bleibt
Der ursprüngliche Rettungsplan sah vor, dass frisches Kapital von 2 Milliarden Euro eingeworben wird, indem Bankanleihen in Aktien umgewandelt werden. Dieser Umtausch sollte bis zum letzten Mittwoch laufen. Zudem sollten Großanleger weitere 3 Milliarden zur Verfügung stellen. Als strategisch zentraler „Ankerinvestor“ wurde über Monate hinweg der Staatsfonds von Katar gehandelt, der mit 1 Milliarde einsteigen sollte.
Doch am Donnerstag lief die Frist für die Großinvestoren ab, ohne dass Katar sich rührte. Deshalb nützte es auch nichts mehr, dass die Umtauschaktion bei den Anleihen geklappt hatte. Damit bleibt jetzt nur noch die Staatsrettung. Sie ist zulässig, weil die europäischen Bankenrettungsrichtlinien vorsehen, dass der Staat einsteigen darf, wenn eine Bank noch nicht unmittelbar vor der Insolvenz steht – ihr Zusammenbruch aber systemische Auswirkungen auf den gesamten Finanzsektor hätte.
Italiens Regierung wird deshalb höchstwahrscheinlich noch vor Weihnachten ein Rettungsdekret verabschieden und neues Kapital in MPS einschießen. Am Mittwoch beschloss das Parlament in Rom, insgesamt 20 Milliarden Euro für Bankenrettungen zur Verfügung zu stellen. Allerdings schreiben die europäischen Richtlinien eine Lastenteilung vor: Auch die bisherigen Aktionäre werden ihr Kapital weitgehend einbüßen.
Die Kleinsparer hingegen werden geschont. Die Kontoinhaber werden nicht herangezogen, weil die Bank offiziell nicht als Abwicklungsfall gilt, sondern weiter existieren soll. Auch die Besitzer von Bankanleihen haben nichts zu befürchten: Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan versprach, dass Kleinanleger nur „minimal“ an den Kosten der Sanierung beteiligt werden sollen. Viele Sparer hatten nachrangige Bankanleihen gekauft, ohne zu verstehen, dass sie ihr Geld verlieren, wenn MPS in eine Schieflage gerät.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Wohnen, Steuer und ein „Energie-Soli“