Konferenz zum Artensterben: Unangenehme Wahrheiten
Alle reden vom Klimaschutz – aber was ist mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt? Die ist genauso wichtig, aber politisch wesentlich unangenehmer.
A b Morgen geht es um die Wurst. Zumindest thematisch. In Marseille werden Naturschützer aus der ganzen Welt eine Woche lang beraten, mit welchen Mitteln sie den rasanten Schwund von Tier- und Pflanzenarten aufhalten wollen. Viel beschließen können sie nicht, aber sie bereiten den Boden für inhaltlich wirklich wichtige Verhandlungen um ein neues UN-Abkommen zur biologischen Vielfalt.
Anders als der Klimawandel, den zumindest in öffentlicher Rede inzwischen jeder ernst nimmt, der politisch ernst genommen werden will, steht das Thema „Biodiversitätsverlust“ noch immer unter Niedlichkeitsverdacht. Blümchen pflanzen und für Bienchen unterschreiben, das kann man mal machen. Aber dass Biologische Vielfalt eine Ressource ist, deren Verlust das menschliche Leben ebenso gefährdet wie die Erderwärmung – und im Übrigen eng mit ihr verknüpft ist – ist noch nicht überall angekommen.
Das Thema ist für alle Freunde der modernen Industriegesellschaft ja auch noch unangenehmer als erhöhte Kohlendioxidwerte. Die lassen sich, wenigstens in Teilen, mit Technik und Markt bekämpfen. Emissionshandel, Erneuerbare Energien, damit kommen wir erst mal über die nächsten zehn Jahre. Da können sich selbst Armin Laschet, Olaf Scholz und Christian Lindner hinstellen und so tun, als würden sie den Klimawandel ernst nehmen und bekämpfen wollen.
Mit dem Artensterben geht das nicht. Verschwundene Arten haben keinen Preis. Wer den Artenreichtum der Welt erhalten will, muss ihm mehr Platz einräumen. Natur braucht Platz, sie braucht Schutzzonen, um sich ungestört zu entwickeln. Und mit den Flächen, die menschlich genutzt werden, gilt es vorsichtiger umzugehen. Am Ende heißt das: Wir werden weniger Lebensmittel herausbekommen, weniger Energie, weniger Baustoffe. Wir – also die Menschen in den Industrie- und Schwellenländern – werden unseren Konsum radikal herunterfahren müssen. Debatten über die Rechtmäßigkeit von Flugverboten lassen ahnen, wie sehr uns das überfordern wird. Aber anders geht es nicht.
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