Kommunisten in Österreich: Rezept gegen Fatalismus? Österreich
Wer früher Revolutionär war, wälzt sich heute in Fatalismus. Dabei zeigt die österreichische KPÖ gerade, wie man Menschen begeistert.
E s sei einfacher, sich das Ende der Welt vorzustellen als das Ende des Kapitalismus, lautet ein berühmtes Zitat. Ein Texteschreiber kramt es immer dann heraus, wenn er die allgemeine Aussichtslosigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung besonders fatalistisch benennen möchte. Es ist ein griffiger Satz, der die Hoffnungslosigkeit angemessen auf den Punkt bringt, die Menschen empfinden, die lieber in einer Gesellschaft leben würden, in der das Ziel der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und nicht die Maximierung ökonomischen Profits das menschliche Tun antreibt.
Solche Leute werden heutzutage von Linksliberalen bis Rechtskonservativen gar nicht mehr als politische Konkurrenten wahrgenommen. Sie kassieren höchstens ein mitleidiges Schmunzeln, wenn sie es wagen, die Systemfrage auch nur anzudeuten. Überhaupt dieses K-Wort (siehe Zitat oben) in den Mund zu nehmen mutet heute nur noch erstsemestrig-naiv an.
Zwar begeht die Menschheit gerade angesichts der mit jenem K-Wort in Verbindung stehenden Klimakatastrophe (ein anderes schwieriges K-Wort) kollektiv Suizid. Trotzdem spricht vieles dafür, dass die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher mit ihrem Ausspruch auch vier Jahrzehnte später recht behält: „There is no alternative!“ Wer früher Revolutionär war, ist heute deshalb Fatalist. In Zeiten, in denen auch popkulturell viel über Resignation und Depression produziert wird, ist dieser linke Fatalismus längst zur Pose geronnen. Aber man muss sich diese Pose leisten können.
Die Möglichkeit, sich in Hoffnungslosigkeit zu wälzen und sich dabei wenigstens ein bisschen cool zu fühlen, ist schon rein materiell ungleich verteilt. Außerdem ist ja auch noch nicht alles verloren. Das kann aktuell bei unseren Nachbarn in Österreich beobachtet werden, wo gerade ein anderes tabuisiertes K-Wort viele erregt.
Erfolg der KPÖ
Bereits im Herbst 2021 wurde die KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs) stärkste Kraft bei der Gemeinderatswahl in der zweitgrößten österreichischen Stadt Graz und stellt dort heute die Bürgermeisterin. Am Wochenende hat die KPÖ bei der Landtagswahl in Salzburg gezeigt, dass sie mehr als ein one-election wonder ist: In der Landeshauptstadt Salzburg selbst erreichte die Liste KPÖ Plus 21,5 Prozent und wurde nach der konservativen ÖVP zweitstärkste Kraft, im gesamten Bundesland wuchs der Stimmanteil von 0,4 Prozent im Jahr 2018 auf nun 11,7 Prozent an.
Politiker:innen dieser Partei stecken viel Zeit in soziale Basisarbeit, verzichten auf einen Teil ihrer Gehälter und geben diesen an Bedürftige weiter. Dass sich Politik im Interesse solcher Menschen auszahlt, ist nicht nur in Österreich bemerkenswert, wo Politiker wie Sebastian Kurz ja lange genug erfolgreiche Ego-Shows durchziehen konnten. Wen gegenwärtig Vorstellungsprobleme plagen (siehe K-Wort-Zitat oben), die oder der kann sich also gerne davon inspirieren lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen