KPÖ gewinnt in Salzburg: Golfen für alle

In der Festspielstadt Salzburg wurden die Kommunisten mit 22 Prozent gewählt. Wie haben sie das geschafft?

Mozartkugeln in goldener Folie eingepackt und mit dem Konterfei von Mozart bedruckt

Im Grunde auch irgendwie kommunistisch: Mozartkugeln Foto: imago

WIEN taz Salzburg verbinden die meisten mit Bourgeoisie, Frack & Roben, mit Festspielen, Mozartkugeln, tief verwurzeltem Konservativismus, mit reichem Bürgertum auf der einen Seite, mit rustikaler, katholischer Ländlichkeit auf der anderen Seite. Und jetzt das.

Bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag holten die Kommunisten im Bundesland Salzburg insgesamt knapp 12 Prozent, in der Stadt Salzburg rund 22 Prozent der Stimmen. Ein beeindruckendes Wahlergebnis hatte sich schon abgezeichnet, aber damit hatte kaum jemand gerechnet. In der Stadt Salzburg liegt die KPÖ jetzt nur mehr hauchdünn hinter der konservativen Volkspartei und weit vor den Sozialdemokraten.

Bei den Gemeinderatswahlen im kommenden Jahr könnte es der KP-Spitzenmann Kay-Michael Dankl zum Bürgermeister schaffen. Das wäre die zweite Landeshauptstadt mit KP-Mehrheit – in Graz regiert die dortige KP-Frau Elke Kahr seit eineinhalb Jahren mit einer rot-grün-roten Koalition. Das etablierte Kommentariat ist jetzt auf der Suche nach Beweggründen. Doch der Wahlerfolg ist kein undurchschaubares Mirakel.

Zunächst gibt es in ganz Österreich einen tiefen Verdruss und eine gewisse Deprimiertheit mit dem hergebrachten politischen System, von dem bisher vor allem die rechtsextreme FPÖ profitierte. Der politische Mainstream kippte immer mehr nach rechts. Die Sozialdemokraten sind innerlich ausgezehrt und in diesem Augenblick in Querelen und einen Mitgliederentscheid über den Parteivorsitz verstrickt.

Weite Teile der Bevölkerung, diejenigen, die sich als die „normalen, einfachen Leute“ verstehen, haben ganz simpel das Gefühl, dass sie sowieso keine Stimme haben. Das ist das Reservoir für den KPÖ-Erfolg. Aber das ist eine notwendige, doch keine hinreichende Bedingung.

Typus „Lieblingsschwiegersohn“

Wie immer hängt es auch von den Personen ab. Die KPÖ ist fast überall faktisch inexistent oder von poststalinistischen graugesichtigen Funktionären oder linken Sektierern geführt und damit chancenlos. In Salzburg baute aber eine Gruppe ehemaliger „Grüner“ um den einstigen Studentenfunktionär der Ökopartei die „KPÖ plus“ (KPÖ und Unabhängige) auf.

Der 34-jährige Kay-Michael Dankl nahm politisch viele Anleihen bei den erfolgreichen Strategien der KPÖ in Graz, die als volksnahe „Kümmererpartei“ auftritt, sich vor allem des Themas „leistbares Wohnen“ angenommen hat, die in Bürgersprechstunden ein offenes Ohr hat, jedermann und jederfrau Hilfe zukommen lässt und einen Teil ihrer Politikergehälter in Sozialfonds an die Ärmsten ausschüttet. Sie tritt auf wie eine volkstümlichere Version von Sozialdemokratie.

In ihrem Aktivismus umsorgt sie besonders die unterprivilegierten Stadtteile, in denen es auch sehr viele Nichtwähler gibt. Als Person ist Dankl ein vernünftiger Erklärbär, höflich, charmant, bienenfleißig und in der Ausstrahlung das Gegenteil eines radikalen Heißsporns. Ein bisschen „Typus Lieblingsschwiegersohn,“ wie man das in Österreich gerne hat.

Die eigentliche phänomenale Leistung von Dankl und seiner jungen Truppe war der Einzug in den Salzburger Gemeinderat quasi aus dem Nichts vor vier Jahren. Diesmal gab es sowieso schon breite Wahrnehmung und in den vergangenen Wochen medialen Rückenwind mit freundlicher Berichterstattung selbst am Boulevard.

Seitdem vor einem Monat die KPÖ in Umfragen schon bei 5 bis 7 Prozent lag, waren alle Scheinwerfer auf diesen interessanten Kommunisten gerichtet, der mehr an einen schlauen, gemäßigten Musterschüler erinnert als an Thälmann oder einen Peppone. Zuletzt präsentierte er sich mit Golfausrüstung und der Forderung „Golfen für alle“. Mehr Salzburg geht nicht.

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